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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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näher zu kommen. Was sie sagte, verstand er nicht, doch ihre Gesten waren beredt genug. Er sollte
Graziella aufheben und zu ihrem Haus tragen. Erleichtert, dass seine Begleiterin aus der Kälte der Nacht ins Warme kommen würde, befolgte er die Anweisung und stapfte, Graziella auf den Armen, vor der Hirtin her.
    Diesmal ließ sie ihn in das Haus, das nur aus einem Raum bestand und noch aus dem vorvorigen Jahrhundert zu stammen schien, auch wenn ein paar Schüsseln und Flaschen aus Plastik herumstanden. Der Herd war ein Block aus aufgeschichteten Feldsteinen und der Schrank aus ein paar Brettern zusammengenagelt. Das Bett wirkte noch primitiver. Es bestand aus Schaffellen und Decken, die auf einem niedrigen hölzernen Unterbau lagen und Torsten an den japanischen Futon erinnerten, den Andrea und er sich vor seiner Versetzung nach Afghanistan gekauft hatten. Andrea musste dieses Teil wieder abgestoßen haben, denn in ihrem Apartment hatte er es nicht mehr gesehen.
    Ein Stupser mit dem Karabinerlauf zeigte ihm, dass jetzt nicht die Zeit war, Gedanken nachzuhängen. Wie es aussah, wollte die Frau, dass er das Haus verließ. Er ging auf die Tür zu und trat ins Freie. Draußen war es kalt und er rieb sich die Arme. Angenehm würde diese Nacht nicht werden, dachte er mit einem leisen Bedauern.
    Die Albanerin hatte allerdings etwas anderes mit ihm vor, denn sie lotste ihn zu dem Anbau des Hauses, in dem sie ihre Schafe und Ziegen untergebracht hatte. Im hinteren Teil befand sich eine Art Heuboden, auf den er klettern durfte. Seine Gastgeberin warf ihm noch eine Decke hinauf, die stark nach den Tieren roch, und kehrte wieder ins Haus zurück.
    Torsten legte sich ins Heu und atmete erst einmal erleichtert durch. Er wusste nicht, was der nächste Tag bringen würde. Aber Graziella und er hätten es um einiges schlechter treffen können.

ZWEIUNDZWANZIG
    D on Batista starrte auf die Nachricht, die er in langwieriger Arbeit entschlüsselt hatte, und fühlte das Bedürfnis zu fluchen. Im Allgemeinen verwendeten er und seine Mitverschworenen nur selten Telefone oder Funkgeräte, sondern arbeiteten aus Sicherheitsgründen mit Kurieren. Die Tatsache, dass der Archivar Lodovico auf technische Hilfsmittel zurückgegriffen und aus Albanien angerufen hatte, zeigte, wie wichtig diese Information war.
    Ghiodolfio, dieser Narr, hatte aus einer Laune heraus die deutschen Friedenstruppen im Kosovo angegriffen und dabei einen Gefangenen gemacht, der zusammen mit Monteleones Großnichte Graziella geflohen war. Wenn die beiden nicht rasch genug gefunden wurden, standen die gesamten Pläne seiner Organisation auf dem Spiel. Die Sache war für Don Batista wichtig genug, seinen Vorgesetzten darüber zu informieren.
    Kardinal Winter hatte ein Haus in der Nähe des Vatikans gemietet und es so abhörsicher wie möglich einrichten lassen. Obwohl er nicht gerade zu den erklärten Favoriten des Papstes zählte, war es ihm in den letzten Wochen gelungen, seinen Einfluss in der Kirche zu vermehren. Nicht nur konservative Bischöfe und Kardinäle aus Europa suchten inzwischen seine Nähe, auch viele Kirchenvertreter aus Ländern Afrikas und Asiens, die sich in ihrer Heimat mit einem zunehmend militanten Islam konfrontiert sahen, schlossen sich ihm an, da sie sich von ihm Hilfe und auch die Stärke erhofften, die sie benötigten, um sich in ihrer Heimat behaupten zu können.
    Don Batista verzog spöttisch den Mund, als er daran dachte. Keiner der dunkelhäutigen Männer im schwarzen Rock oder
dem Rot eines Bischofs ahnte, dass der Mann, der ihnen so freundlich gegenübertrat, sie zutiefst verachtete. Doch Winter brauchte sie, um seinen Weg an die Spitze der Christenheit vorzubereiten. Daher gab er sich verbindlich, und Don Batista tat es ihm nach. Devot verbeugte er sich vor einem Kardinal aus Zentralafrika, der gerade Winters Arbeitszimmer verließ.
    Als er Winters Zimmer betrat, hatte Don Batista den afrikanischen Kardinal bereits wieder vergessen. Er schloss die Tür hinter sich, trat dann ans Fenster und zog den Vorhang zu.
    Winter beobachtete diese Vorbereitungen gespannt. »Gibt es Probleme?«, fragte er.
    »Si, Eure Eminenz. Lodovico berichtet nichts Gutes aus Albanien. Ghiodolfio muss verrückt geworden sein, denn er hat die Deutschen im Kosovo angegriffen. Außerdem ist ihm Graziella Monteleone entkommen!«
    »Was?« Winter schoss hoch und starrte Don Batista erschrocken an.
    »Der Mann gefährdet den ganzen Plan!« Don Batista teilte Winter mit,

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