Taltos
und eine anständige Herangehensweise entwickelt hatte.
Auch hier ist unklar, wann es soweit war, aber ich funktionierte ganz bestimmt schon wie ein Profi, als ich meinen siebten Auftrag erledigt hatte – den Mord an einem kleinen Scheißer namens Raiet.
Während ich diese Ankündigung überdachte und mich fragte ob ich lachen sollte, fiel mir auf, daß Verra uns verlassen hatte; wir hatten mit anderen Worten keinen blassen Schimmer, wo es lang ging.
Ich räusperte mich. Morrolan unterbrach sein Duell der finsteren Blicke mit Aliera und sagte: »Ja, Vlad?«
»Weißt du, wie wir den Weg zurück zu den ganzen Göttern finden können?« »Hmmm. Ich denke schon.«
»Dann mal los.« »Wieso?«
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»Hast du eine bessere Idee?« »Ich glaube nicht.«
Wie ich so dastand, überkam mich die flüchtige Versuchung einen Schluck aus dem Brunnen zu trinken. Wahrscheinlich hatte ich Glück, daß sie nur flüchtig war. Wir halfen Aliera auf die Beine, wobei mir auffiel, daß sie ziemlich klein war – kaum größer als ich, um genau zu sein.
Wir gingen den Weg zurück, den wir gekommen
waren, Aliera zwischen uns auf unsere Arme gestützt. Sie sah äußerst unzufrieden aus. Die Zähne hatte sie zusammengebissen, vielleicht aus Wut, vielleicht vor Schmerzen. Ihre Augen, die ich zuerst für grün gehalten hatte, waren grau und starrten geradeaus.
Wir kamen wieder an den Bogengang und blieben eine Weile dort.
Morrolan schlug Aliera vor, sie solle sich hinsetzen und ihre Beine ausruhen. Aliera erwiderte: »Halt’s Maul.«
Mir fiel auf, daß Morrolans Geduld allmählich
schwand. Und meine auch, wo ich schon dabei bin. Wir bissen uns gleichzeitig auf die Lippen, sahen uns dabei an und mußten ein bißchen lachen.
Dann nahmen wir wieder ihre Arme und machten uns auf in die laut Morrolan richtige Richtung. Nach ein paar zögernden Schritten blieben wir stehen, weil Aliera keuchte. Sie sagte: »Ich kann nicht…«, und wir ließen sie zu Boden gleiten.
Sie atmete stoßweise, schloß die Augen und legte den Kopf in den Nacken; ihre Stirn war feucht, und die Haare sahen schweißgetränkt aus. Morrolan und ich sahen einander an, sprachen jedoch nicht.
Etwa eine Minute später, als wir noch dastanden und überlegten, ob es für Aliera eine tödliche Beleidigung 216
darstellen würde, wenn wir ihr anböten, sie zu tragen, näherte sich uns eine Gestalt aus der Dunkelheit und wurde nach und nach im Licht dieser unglaublichen Sterne sichtbar.
Er war sehr groß, mit gewaltigen Schultern. Auf dem Rücken hing ein riesiges Schwert, und seine
Gesichtszüge verrieten sofort den Dragon, genau wie die Farben seiner Kleidung, auch wenn ihr Aussehen – eine merkwürdig formlose Jacke und eine in Darrlederstiefel gesteckte weite Hose – etwas seltsam wirkte. Er war in mittlerem Alter – oder besser: in mittlerem Alter gestorben. Auf der Stirn hatte er Denkerfalten, Zornesfalten um die Augen und ein Kinn, das mich vermuten ließ, er würde ziemlich oft die Zähne zusammen-beißen.
Während wir ihn ansahen, beobachtete er uns drei. Ich fragte mich, was Morrolan von ihm hielt, aber ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, weil ich den Blick nicht vom Gesicht dieses Dragonlords abwenden konnte.
Ich spürte, wie mein Puls zu rasen anfing und meine Knie schwach wurden. Außerdem mußte ich mehrmals
hintereinander schlucken.
Als er schließlich zu sprechen begann, wandte er sich an Aliera. »Man hat mir gesagt, ich würde dich hier finden.«
Sie nickte, sagte aber nichts. Sie wirkte elend.
Morrolan, der vermutlich nicht gewöhnt war, daß man ihn ignorierte, sagte: »Ich grüße Euch, Lord. Ich bin Morrolan e’Drien.«
Er nickte Morrolan zu. »Guten Tag«, sagte er. »Ich bin Kieron.«
Kieron.
Kieron der Eroberer.
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Vater des Dragaeranischen Imperiums, Ältester des stolzesten Geschlechts des Hauses der Dragon, Held der Sagen und Legenden, Erster der größten dragaeranischen Abschlächter von Ostländern und, nun ja, ich könnte so weitermachen, aber wozu? Da stand er nun.
Morrolan gaffte ihn an und fiel langsam auf die Knie.
Ich wußte nicht, wo ich hinschauen sollte.
Die Leute sollten es besser wissen.
Ich kannte keinen einzigen Fall, wo ein Jhereg vor dem Imperium gegen die Jhereg ausgesagt und überlebt hat, dennoch gibt es immer wieder welche, die es versuchen. »Ich bin anders«, meinen sie. »Ich habe einen Plan. Mir kann keiner was; ich stehe unter Schutz.« Oder vielleicht ist es noch nicht einmal so
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