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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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ich dir ein paar weitere zum Nachfahren aufschreibe?«
    Tobin schüttelte den Kopf, doch der Zauberer kratzte bereits mit der Feder auf dem Pergament.
    Bald war Tobin so beschäftigt, dass er den Reim, den Arkoniel ihm nicht vorgelesen hatte, und Bruders kleinen Wutausbruch völlig vergaß.
    Arkoniel wartete, bis Tobin in seine Arbeit vertieft war, dann zog er behutsam am Rand des Pergaments, das ihm der Dämon entrissen hatte, bis er es soweit aus dem Stapel geholt hatte, dass er die von Ariani geschriebenen Zeilen lesen konnte.
     
    Nur in meinem Turm kann ich des Vogels Lied hören.
    Mein Kerker ist meine Freiheit. Nur dort singt mein Herz.
    Mit den Toten als Gesellschaft
    Sprechen nur die Toten deutlich, und die Vögel.
     
    Insgeheim hatte Tobin der bevorstehenden Ankunft des versprochenen Gefährten entgegengefiebert, aber als nicht sofort jemand eintraf, vergaß er die Angelegenheit wieder, weil er annahm, sein Vater hätte es sich anders überlegt.
    Obendrein hielten sich gegenwärtig ohnehin zu viele Menschen im Haus auf. Solange er zurückdenken konnte, war es hier schattig und friedlich gewesen. Nun stapften unablässig Arbeiter ein und aus. Wenn er es leid wurde, den Handwerkern zuzusehen, zog er sich in die Küche zu Nari und Köchin zurück, die beide ungeachtet dessen, was Nari über Tobins Umgang mit den Arbeitern gesagt hatte, lachhaft erfreut über all den Wirbel wirkten.
    Allerdings traf dies auf niemanden mehr zu als auf den alten Mynir. Wenngleich all die Veränderungen, die vorgenommen wurden, die Schuld des Zauberers zu sein schienen, gab Mynir den Ton an, und er hatte noch nie glücklicher ausgesehen, als dabei, wie er die Arbeiter anwies, welche Farben und Muster sie zu verwenden hatten. Außerdem traf er sich in der Halle mit Händlern, und schon bald tauchten polierte Teller in den kahlen Regalen auf, und schillernde, neue Wandbehänge trafen in Wagenladungen ein.
    »Ah, Tobin, das habe ich früher in Atyion gemacht!«, meinte er eines Tages, als sie die neuen Behänge begutachteten. »Endlich lässt mich dein Vater auch diesen Ort zu einem anständigen Haus gestalten!«
    Doch so sehr Tobin es genoss, die Handwerker zu beobachten, als die Instandsetzungsarbeiten voranschritten, erfüllte ihn zunehmendes Unbehagen über die Ergebnisse. Je mehr sich das Haus veränderte, desto schwerer fiel es ihm, sich seinen Vater oder seine Mutter darin vorzustellen. Als Mynir davon zu reden anfing, Tobins Schlafzimmer umzugestalten, warf Tobin die Tür zu, schob eine Truhe davor und weigerte sich, die Kammer zu verlassen, bis der Verwalter ihm durch das Schlüsselloch versprach, es würde nicht angetastet.
    Und so setzten sich die Arbeiten rings um ihn fort. Manchmal schlich er nachts, bevor sich Nari zu ihm gesellte, zum Kopf der großen Treppe, starrte in die bunte, neue Halle hinab und stellte sie sich so vor, wie sie gewesen war, bevor sein Vater begonnen hatte, so viel in der Ferne zu weilen. Wenn sie die Halle zu sehr veränderten, würde sein Vater vielleicht überhaupt nicht mehr zurückkommen wollen.

K APITEL 21
     
    Einen geeigneten Gefährten für Tobin zu finden, erwies sich als schwierigere Aufgabe, als Iya erwartet hatte.
    Sie war Kindern allgemein nicht besonders zugetan. Jahrzehntelang war sie nur mit jenen in Berührung gekommen, die als Zauberer geboren worden waren. Keiner ihrer Schüler war je gewöhnlich gewesen, und die Ausbildung und Zeit brachten bald die schillernden Vorzüge ihrer Fähigkeiten zum Vorschein. Mit diesen Kindern durchlebte sie erneut ihre eigenen zaghaften ersten Schritte, frühen Enttäuschungen und ruhmreichen Augenblicke; und sie jubelte vor Freude mit ihnen, wenn sie die Macht ihrer einzigartigen Beschaffenheit einforderten. Keiner glich dem anderen, was Stärken und Fähigkeiten anging, doch das machte keinen Unterschied. Die Freude bestand darin, eine Begabungsader in einem Neuling zu entdecken und ihr zu ihrem Kern zu folgen.
    Aber dies … Während sich ihre trostlose Suche von Wochen auf einen Monat ausdehnte, besserte sich ihre Meinung über gewöhnliche Kinder kaum. Unter dem Landadel fand sie zwar reichlich davon, allerdings keinen einzigen Balg, den sie als geistreicher als eine Steckrübe empfand.
    Fürst Evin, in dessen Haus sie als Erstes gewesen war, hatte sechs stramme Jungen, zwei davon im rechten Alter, um zu dienen, doch sie glichen dicken, schwerfälligen Kälbern, stumpfsinnig wie Maulwürfe.
    Als Nächstes besuchte sie Fürstin Morials Gut,

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