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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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sagen?«, gab der König mit gefährlich leiser Stimme zurück.
    Hylus ließ den Blick langsam um den Tisch wandern, aber niemand wollte ihm in die Augen sehen. »Ich möchte nur wiederholen, dass solche Dinge bisher immer außerhalb der Stadtmauern abgehandelt wurden. Vielleicht sollten Majestät in Anbetracht des heutigen Vorfalls …«
    Erius hievte sich auf die Beine und umklammerte mit einer erhobenen Hand den Kelch, bereit, ihn auf den alten Mann zu schleudern. Seine Züge hatten sich dunkelrot verfärbt, und Schweiß perlte auf seiner Stirn. Ruan, der hinter dem Stuhl des Kanzlers gefangen war, drückte sich die Almosenschale an die Brust. Hylus neigte das Haupt und drückte eine Hand aufs Herz, zuckte jedoch nicht zusammen.
    Einen grässlichen Lidschlag lang schien die Zeit stillzustehen. Dann erhob sich Niryn und flüsterte dem König etwas ins Ohr.
    Langsam ließ Erius den Kelch sinken und sank auf seinen Stuhl zurück. Er ließ einen finsteren Blick um den Tisch wandern und fragte: »Erhebt sonst noch jemand Einwände gegen die Hinrichtung von Verrätern?«
    Niemand sprach ein Wort.
    »Nun denn«, meinte Erius gedehnt. »Die Hinrichtungen finden statt, wie ich es befehle. Und wo ich es befehle. Wenn ihr alle mich nun bitte entschuldigt, ich muss mich um andere Angelegenheiten kümmern.«
    Korin erhob sich, um seinem Vater zu folgen, aber Niryn schüttelte den Kopf und begleitete den König stattdessen selbst. Moriel trottete hinter ihnen drein. Korin starrte ihnen voll stummer Wut und mit flammend roten Wangen nach.
    Es war Hylus, der das Schweigen brach. »Ach, mein Prinz, dies sind schwierige Zeiten. Ich hätte die Entscheidung Eures guten Vaters nicht in Frage stellen sollen. Bitte überbringt ihm meine Entschuldigung.«
    »Selbstverständlich, Herr.« Auch Korin zeigte sich noch sichtlich erschüttert.
    Aller erhoben sich zum Gehen, doch Tobin blieb noch eine Weile sitzen. Das Herz pochte ihm in den Ohren. Er war selbstzufrieden geworden, hatte sich in der Gunst seines Onkels geaalt, aber an diesem Abend hatte er flüchtig einen wahren Blick auf den Mann erhascht, den seine Mutter gefürchtet hatte – den Mann, der imstande war, kaltblütig den Tod von Kindern anzuordnen.

 
K APITEL 24
     
    »Verräter hin, Verräter her, mir gefällt nicht, wie sich das anfühlt«, murmelte Ki, als sie sich am folgenden Abend ankleideten. »Es ist eine üble Sache, Priester zu töten. Mein Vater pflegte zu sagen, das ist es, was all die Hungersnöte und Seuchen heraufbeschworen hat, seit der König …« Ki biss sich auf die Zunge und schaute rasch zu Tobin, um zu sehen, ob er seinen Freund beleidigt hatte; immerhin war der König sein Onkel. Das vergaß er andauernd.
    Aber Tobin starrte mit jenem abwesenden Blick in die Ferne, der ihn manchmal beschlich, seit er diese Krankheit gehabt hatte. Ki war nicht sicher, ob er ihn überhaupt gehört hatte.
    Tobin zog seine neue Überjacke an und seufzte schwermütig. »Ich weiß nicht, was ich denken soll, Ki. Wir haben gelobt, Skala gegen alle Verräter zu beschützen, und das werde ich! Aber wie der König Hylus angesehen hat?« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin mit dem Wahnsinn meiner Mutter aufgewachsen. Ich weiß, wie Wahnsinn aussieht, und ich schwöre, das war es, was aus den Augen des Königs sprach, als er den armen alten Mann angebrüllt hat. Und niemand sonst hat etwas gesagt! Alle haben sich verhalten, als wäre nichts. Sogar Korin.«
    »Wenn er wahnsinnig ist, wer würde sich dann schon trauen, etwas zu sagen? Er ist immer noch der König«, gab Ki zu bedenken. »Und was ist mit Niryn? Ich finde, er sah ziemlich zufrieden aus.«
    Ein leises Klopfen ertönte an der Tür, und Nikides und Ruan huschten herein. Erschrocken bemerkte Ki, dass Nikides den Tränen nahe schien.
    »Was ist denn los?«, wollte Tobin wissen und führte ihn zu einem Stuhl.
    Nikides war zu aufgelöst, um zu antworten.
    »Habt ihr die Gerüchte noch nicht gehört?«, fragte Ruan.
    »Nein«, antwortete Ki. »Welche?«
    Schließlich fand Nikides die Stimme wieder. »Großvater ist in Gewahrsam. Wegen Verrats! Weil er eine Frage gestellt hat!«, würgte Nikides hervor und zitterte dabei vor Wut. »Alles, was Großvater getan hat, war, eine Frage zu stellen. Ihr habe ihn gehört. Der König weiß so gut wie jeder, dass es nie eine Hinrichtung innerhalb der Stadtmauern gab, außer … Na ja, ihr wisst schon.«
    »Außer während Königin Agnalains Herrschaft«, beendete Ruan den Satz für ihn.

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