Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Fürst Caliel, wenngleich er einen unliebsamen Einfluss auf den neuen König verkörperte; Niryn merkte sich vor, sich seiner später anzunehmen. Somit blieben noch Hylus' buchverliebter Enkelsohn, der schlichte Bursche namens Lutha und eine Handvoll Knappen, bei denen man sich darauf verlassen konnte, dass sie ihren Herren in diese und jene Richtung folgen würden.
Und Meister Porion, fügte er in Gedanken hinzu. Auch der alte Krieger besaß Einfluss auf den Prinzen und musste im Auge behalten werden.
Als der Zauberer das Podium erreichte, verneigte er sich vor Korin. »Ich bringe ernste Neuigkeiten, Majestät. Ihr wurdet verraten.«
Panische Röte stieg in Korins bleiche Wangen. »Was ist geschehen? Wer hat sich gegen uns gewandt?«
»Euer Vetter, und auf übelste Weise.« Niryn beobachtete das Mienenspiel aus Zweifeln und Furcht in den Zügen des jungen Mannes. Er berührte seinen Geist und fand ihn von Wein umwölkt, schwach und empfänglich vor. Andere unter seinen Gefährten waren jedoch weniger geneigt, Niryn zu glauben.
»Das würde Tobin niemals tun!«, rief Lutha aus.
»Ruhe!«, befahl Hylus. »Fürst Niryn, erklärt uns das. Wie kann dies sein?«
»Der Lichtträger gewährte mir eine Vision. Anfangs brachte ich es nicht über mich, es zu glauben, doch ich habe soeben die Mitteilung erhalten, dass es stimmt. Prinz Tobin hat die Garnison in Atyion gegen Euren Gefolgsmann Solari aufgewiegelt und ihn samt seiner Familie ermorden lassen. Danach bediente er sich Totenbeschwörerei, um die Gestalt einer Frau anzunehmen und erklärte sich kraft des Orakels von Afra zum wahren Erben Skalas. Er marschiert in diesem Augenblick mit einer Heerschar von Tausenden gen Ero.«
»Was ist das für ein Wahnsinn!«, entfuhr es Hylus. »Selbst wenn der Junge zu einem solchen Verrat imstande wäre, würden die Hauptleute von Atyion eine solche Geschichte niemals glauben, geschweige denn, sich auf die Seite des Feindes schlagen. Ihr müsst Euch irren, Niryn.«
»Ich versichere Euch, das tue ich nicht. Morgen, noch vor Sonnenuntergang, werdet Ihr den Beweis mit eigenen Augen sehen.«
»Kein Wunder, dass er und dieser Wald- und Wiesenritter es kaum erwarten konnten, über die Mauer zu gelangen«, murmelte Alben.
»Halt die Klappe!« Lutha sprang den älteren Jungen an und schlug ihn zu Boden, wo er ausgestreckt landete.
»Das reicht!«, brüllte Porion.
Caliel und Nikides lösten Lutha von Alben und zerrten ihn zurück.
Alben wischte sich Blut vom Mund und knurrte: »Wahrscheinlich haben er und diese Zauberin das von Anfang an geplant. Sie hat sich andauernd in seinem Haus ein- und ausgeschlichen.«
»Frau Iya?«, fragte Nikides. »Sie kam und ging unverhohlen. Außerdem ist sie doch bloß eine Strauchzauberin.«
»Wohl etwas mehr als das«, warf Hylus ein. »Ich kenne diese Frau, Prinz Korin. Sie ist eine getreue Skalanerin, und ich würde bei meinem Namen beschwören, dass sie keine Totenbeschwörerin ist.«
»Vielleicht hat Tobin nur Frauenkleider angezogen«, schlug Urmanis vor.
»Sei kein Trottel!«, schrie Lutha ihn an, nach wie vor außer sich vor Zorn. »Warum sollte er das tun?«
»Womöglich ist er wahnsinnig geworden, wie seine Mutter«, höhnte einer der Knappen. »Seltsam war er ja schon immer.«
»Korin, denk doch mal nach«, sagte Caliel eindringlich. »Du weißt so gut wie ich, dass Tobin nicht wahnsinnig ist. Und er würde dich nie verraten.«
Niryn ließ sie zanken und sich für ihn als Freund und Feind offenbaren.
Korin lauschte all dem schweigend, während sich Niryns Magie tiefer in sein Herz bohrte, um all die vergrabenen Zweifel und Ängste freizulegen. Sein Vertrauen in Tobin war noch zu stark, doch das würde sich ändern, sobald er die Wahrheit sah.
Niryn verneigte sich abermals. »Ich bleibe bei meinen Worten, Majestät. Seid auf der Hut.«
Tobins Kundschafter kehrten kurz vor dem Morgengrauen zurück und berichteten von Plenimarern im Gehöft eines Pferdezüchters nördlich der Stadt an der Küstenstraße. Es schien sich um ein Gefangenenlager zu handeln, das von weniger als hundert Mann bewacht wurde.
»Wir sollten einen großen Bogen um sie beschreiben und ihnen den Weg zur Stadt abschneiden, bevor wir angreifen«, riet Tharin. »Je weniger Vorwarnung die Hauptstreitkraft über unsere Ankunft erhält, desto besser für uns.«
»Wir erlegen das Untier stückchenweise, wie?«, kicherte Kyman.
Die Kundschafter beschrieben die Lage des Anwesens. Der Feind hatte ein großes
Weitere Kostenlose Bücher