Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
Arm um ihn legte und ihn auf dieselbe Weise aufschlitzte.«
»Das sind aber keine unmittelbar tödlichen Verletzungen, Atana«, gab Engessa zu bedenken.
»Es sollten auch keine sein, Vater-Atan«, versicherte sie ihm. »Ich war mit den beiden noch nicht fertig. Ich erklärte ihnen, wer ich war, und daß ich ihnen soeben ein Abschiedsgeschenk von Gelan gemacht hätte. Das war das Schönste am ganzen Abend. Ich setzte Majen in einen Sessel, seinem Freund gegenüber, damit die beiden einander beim Sterben zusehen konnten. Dann griff ich in ihre Bäuche und zog ihnen die Eingeweide heraus.«
»Und dann habt Ihr Euch verabschiedet?« erkundigte Talen sich eifrig.
Mirtai nickte. »Ja. Aber zuerst legte ich Feuer an das Haus. Weder Majen noch seinem Freund gelang es, genug von ihrem Innenleben in den Bauch zurückzustopfen, um wegrennen zu können. Sie schrien jedoch ziemlich laut.«
»Guter Gott!« würgte Emban.
»Eine geziemende Vergeltung, Atana«, lobte Engessa. »Wir werden sie den Kindern im Übungslager beschreiben, um ihre Ausbildung mit einem Beispiel lobenswerten Verhaltens zu bereichern.«
Mirtai verneigte sich wieder vor ihm, dann blickte sie auf. »Nun, Bevier?«
Er kämpfte mit sich. »Die Sünden Eures Besitzers waren seine eigenen. Das ist eine Sache zwischen ihm und Gott. Was Ihr getan habt, war ein gerechter Dienst für einen Freund. Ich betrachte Eure Handlungsweise nicht als Sünde.«
»Da bin ich aber froh«, murmelte sie.
Bevier lachte ein wenig verlegen. »Das klang etwas gönnerhaft, nicht wahr?«
»Schon gut, Bevier«, beruhigte sie ihn. »Ich liebe Euch trotzdem – dabei solltet Ihr allerdings bedenken, daß ich in meinem Leben einige recht eigenartige Leute geliebt habe.«
»Wohl gesagt!« lobte Ulath.
Danae kehrte mit einem Becher Wasser zurück. »Bist du fertig, über Dinge zu reden, die ich nicht hören sollte?« fragte sie.
»Ich glaube, ich habe nichts vergessen. Danke für dein Verständnis – und für das Wasser.« Nichts brachte Mirtai aus der Fassung.
Im Unterschied zu Ehlana.
»Es wird spät«, stellte Mirtai fest. »Ich werde mich kurz fassen. Der elenische Kaufmann, der mich erstanden hatte, brachte mich nach Vardenais und verkaufte mich an Platime. Ich gab vor, kein Elenisch zu verstehen, und Platime hielt mich für viel älter, weil ich so groß war. In manchen Dingen ist Platime sehr schlau, doch unwissend in anderen. Er konnte einfach nicht verstehen, daß eine Atanerin sich zu nichts zwingen läßt. Er steckte mich in eines seiner Freudenhäuser, wo ich für mein Auskommen arbeiten sollte. Die Dolche nahm er mir weg, aber ich hatte immer noch meinen Löffel. Ich habe nicht allzu viele von den Männern getötet, die mir nahetreten wollten, aber ich habe sie allesamt schwer verletzt. Das sprach sich her um, und das Geschäft in diesem Freudenhaus ging drastisch zurück. Platime holte mich dort heraus; aber er wußte nicht so recht, was er mit mir anfangen sollte. Ich weigerte mich zu betteln und erst recht, zu stehlen, und als ich Platime klarmachte, daß ich nur aus persönlichen Gründen tötete, war er zutiefst enttäuscht. Auf keinen Fall wollte ich mich zur bezahlten Meuchlerin erniedrigen. Dann kam es zu jenen Ereignissen im Schloß, und er schenkte mich Ehlana – wahrscheinlich mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung.« Mirtai runzelte die Stirn und blickte Engessa an. »Das war das erste Mal, daß man mich nicht verkauft, sondern verschenkt hatte, Vater-Atan. Hat Platime mich damit beleidigt? Soll ich nach Cimmura zurückkehren und ihn töten?«
Engessa dachte darüber nach. »Nein, meine Tochter. Es war ein Sonderfall. Du könntest es sogar als Kompliment auffassen.«
Mirtai lächelte. »Da bin ich froh, Vater-Atan. Auf gewisse Weise mag ich Platime. Er ist manchmal urkomisch.«
»Und was empfindest du für Ehlana-Königin?«
»Ich liebe sie. Sie ist unwissend und beherrscht keine richtige Sprache. Aber meist tut sie, was ich ihr anrate. Sie ist hübsch, sie riecht gut, und sie ist sehr nett zu mir. Sie ist der beste Besitzer, den ich je hatte. Ja. Ich liebe sie.«
Ehlana schrie leise auf und schlang die Arme um den Hals der goldenen Frau. »Ich liebe Euch ebenfalls, Mirtai«, versicherte sie ihr tief gerührt. »Ihr seid meine beste Freundin.« Sie küßte die Riesin.
»Das ist ein besonderer Anlaß, Ehlana«, sagte die Atana, »darum ist es in diesem einen Fall auch zulässig.« Sie löste sanft Ehlanas Arme von ihrem Hals. »Aber es ist
Weitere Kostenlose Bücher