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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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abgeklärten, ja, zynischen Tamulers klang respektvoll, beinahe ehrfürchtig, und seine Augen schimmerten feucht. Sperber hob seine Tochter, die an seiner Hand gezogen hatte, auf die Arme, damit sie besser sehen konnte.
    Mirtai und ihre Familie erreichten den Altar und verneigten sich vor Androl und Betuana. Der Gesang sank zu einem Flüstern herab.
    Engessa sprach zum König und der Königin der Ataner. Seine Stimme war laut und kräftig, und das Tamulisch floß melodisch über seine Lippen, als er seine Tochter für reif erklärte. Dann wandte er sich um, öffnete seine Robe und zog sein Schwert. Wieder sprach er, und nun schwang ein Hauch von Herausforderung in seiner Stimme mit.
    »Was hat er gesagt?« fragte Talen leise, an Oscagne gewandt.
    »Daß er bereit ist, mit jedem zu kämpfen, der seiner Tochter die Reife absprechen will«, antwortete Oscagne. Auch seine Stimme verriet tiefen Respekt und Rührung.
    Dann sprach Ehlana, ebenfalls auf tamulisch. Ihre Stimme klang wie eine silberne Fanfare, als auch sie bestätigte, daß ihre Tochter reif und bereit sei, ihren Platz als Erwachsene einzunehmen.
    »Die letzten Worte hätte sie gar nicht sagen sollen!« flüsterte Danae in Sperbers Ohr. »Sie hat einfach etwas hinzugefügt!«
    Er lächelte. »Du kennst doch deine Mutter.«
    Nun wandte die Königin von Elenien sich an die versammelten Ataner. Auch ihre Stimme klang ein wenig herausfordernd, als sie ihre Robe zurückschlug und ein Schwert mit silbernem Griff zog. Sperber staunte, als er sah, wie gekonnt sie die Waffe hielt.
    Nun sprach Mirtai zum König und zu der Königin.
    »Das Kind ersucht um die Bestätigung ihrer Reife«, übersetzte Norkan.
    König Androl antwortete mit lauter, gebieterischer Stimme, und die Königin erteilte ihre Einwilligung. Dann zogen auch sie ihre Schwerter, stellten sich neben die Eltern des Kindes und stimmten in die Forderung ein.
    Der Gesang der Ataner schwoll an, und die Hörner schmetterten; dann wurden die Stimmen wieder leiser.
    Mirtai drehte sich zu den Atanern um und zog ihre Dolche. Sie sprach zu ihrem Volk, doch Sperber verstand, was sie sagte. Er erkannte es am Klang ihrer Stimme.
    Der Gesang wurde zu einem jubelnden Chor, und die fünf Personen am Altar wandten sich dem grobbehauenen Steinblock zu. In der Mitte der Altarplatte lagen ein schwarzes Samtkissen und darauf ein schlichter goldener Stirnreif.
    Der Gesang hallte donnernd von den nahen Bergen wider.
    Da fiel eine Sternschnuppe aus dem samtenen Schwarz des Firmaments. In weißglühendem Feuer zog sie ihre Bahn durch die Dunkelheit. Immer tiefer kam sie, bis sie schließlich in unzählige glitzernde Funken zerbarst.
    »Laß das!« zischte Sperber seiner Tochter zu.
    »Ich habe nichts damit zu tun!« versicherte Danae ihm. »Leider nicht. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen. Wie haben sie das nur fertiggebracht?« Das Mädchen war ehrlich verwundert.
    Dann, als die glühenden Splitter des Sterns langsam zur Erde schwebten und die Nacht aufleuchten ließen, hob sich der goldene Reif auf dem Altar ohne helfende Hand und schwebte wie ein Rauchring empor. Er zögerte flüchtig, als der Gesang wie mit schmerzlicher Sehnsucht aufs neue anschwoll. Dann ließ er sich wie feinstes Spinnengespinst auf dem Kopf des Kindes nieder. Und als Mirtai sich mit strahlendem Gesicht wieder der Menge zuwandte, war sie kein Kind mehr.
    Die Berge hallten vom Jubel wider, als die Ataner sie begeistert in ihrer Mitte aufnahmen.

20
    »Die Ataner verstehen nicht das Geringste von Magie«, versicherte Zalasta ihnen nachdrücklich.
    »Dieser Reif hat sich nicht aus eigener Kraft in die Luft erhoben, Zalasta!« entgegnete Vanion, »und daß die Sternschnuppe gerade in diesem Augenblick fiel, wäre ein zu großer Zufall, als daß ich daran glauben könnte.«
    »Ob es irgendein Zauberkunststück war?« meinte Patriarch Emban. »Zu meiner Kinderzeit gab es in Uzera einen Scharlatan, der so etwas recht gut konnte. In diesem Fall würde ich vielleicht auf versteckte Drähte und Brandpfeile schließen.« Es war am darauffolgenden Morgen, und sie saßen im Lager der Peloi ein Stück außerhalb der Stadt und rätselten über den spektakulären Abschluß von Mirtais Initiationsritus.
    »Warum sollten die Ataner so etwas tun?« fragte Khalad.
    »Möglicherweise, um zu beeindrucken. Woher soll ich das wissen?«
    »Wen hätten sie damit beeindrucken sollen?«
    »Uns, nehme ich an.«
    »Das paßt nicht zum Wesen der Ataner«, warf Tynian stirnrunzelnd

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