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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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    »Nun?« fragte Stragen das honigblonde Mädchen. »Wie schafft Ihr es?«
    »Begabung, Durchlaucht Stragen.«
    Die elenischen Besucher ließen während der folgenden Wochen jedermann wissen, daß sie Tamulisch lernten, und Oscagne unterstützte ihren Schwindel, indem er mehreren Regierungsbeamten gegenüber beiläufig erwähnte, daß er den elenischen Besuchern während der langen Reise ein bißchen Tamulisch beigebracht hatte. Bei einem Bankett, das der Reichsverweser für die Gäste angeordnet hatte, hielt Ehlana eine kurze Ansprache auf tamulisch, damit auch jeder wußte, daß sie und ihr Gefolge sich bereits recht gut in dieser Sprache verständigen konnten.
    Natürlich waren gelegentliche Peinlichkeiten unvermeidlich. Einmal beleidigte Kalten einen Höfling, als er ihm lächelnd ein wohlüberlegtes Kompliment zu machen glaubte. »Was hat er bloß?« fragte der blonde Pandioner verwirrt, als der Höfling mit finsterer Miene davonstürmte.
    »Was wolltet Ihr ihm denn sagen?« fragte Mirtai und unterdrückte ihr Lachen.
    »Daß ich mich über sein freundliches Lächeln freue«, antwortete Kalten.
    »Das habt Ihr nicht gesagt.«
    »Sondern?«
    »Ihr habt gesagt: ›Mögen Euch alle Zähne ausfallen‹.«
    »Uh! Da hab' ich wohl das falsche Wort für Lächeln benutzt, richtig?«
    »Unter anderem.«
    Der Vorwand, eine neue Sprache zu erlernen, verschaffte der Königin und ihrem Gefolge viel Muße. Die offiziellen Veranstaltungen und Unterhaltungen, an denen teilzunehmen sie sich genötigt sahen, fanden für gewöhnlich am Abend statt; dadurch hatten sie meist den Tag für sich. Sie verbrachten diese Zeit mit Geplauder, zum größten Teil in Tamulisch. Durch den Zauber, den Sephrenia und Zalasta gewirkt hatten, lernten sie rasch Vokabeln und Satzbau, doch die richtige Aussprache brauchte mehr Zeit.
    Wie Oscagne vorhergesagt hatte, warf der Reichsverweser ihnen so viele Steine in den Weg, wie es unauffällig ging. Soweit er dazu imstande war, arrangierte er langweilige Veranstaltungen und Besichtigungen, um den Tag der Elenier auszufüllen. Sie besuchten die Eröffnungen von Rinderausstellungen. Sie erhielten Ehrentitel der Universität. Man zeigte ihnen landwirtschaftliche Musterbetriebe. Der Reichsverweser teilte ihnen eine riesige Eskorte zu, wann immer sie den Kaiserhof verließen – Eskorten, die für gewöhnlich Stunden brauchten, sich zu formieren. Pondia Subats Agenten nutzten diese Zeit, die Straßen von den Leuten zu räumen, denen zu begegnen die Besucher gehofft hatten. Am ärgerlichsten war jedoch, daß er ihnen kaum eine Gelegenheit gab, mit dem Kaiser zusammenzukommen. Subat machte sich so unbeliebt, wie es nur möglich war. Aber er war nicht auf elenischen Einfallsreichtum gefaßt, zumal viele Gefolgsleute Ehlanas nicht das waren, was sie zu sein schienen. Vor allem Talen verwirrte des Reichsverwesers Spitzel völlig. Wie Sperber schon vor langer Zeit festgestellt hatte, war es so gut wie unmöglich, Talen in irgendeiner Stadt der Welt auf den Fersen zu bleiben. Der junge Mann hatte seinen Spaß dabei und konnte eine Menge Informationen zusammentragen.
    Eines Nachmittags befanden Ehlana und die Damen sich in den königlichen Gemächern. Der Königin Kammermaid Alean berichtete soeben etwas, als Kalten und Sperber leise eintraten.
    »Das ist nicht ungewöhnlich«, sagte das Mädchen mit den sanften Rehaugen gerade. »Es ist eine der Unannehmlichkeiten, die Dienstboten auf sich nehmen müssen.« Wie üblich trug Alean einen schlichten grauen Kittel.
    »Wer war er?« fragte Ehlana, und ihre Augen waren hart wie Feuerstein.
    »Das ist wirklich nicht von Bedeutung, Majestät«, antwortete Alean ein wenig verlegen.
    »O doch, Alean«, widersprach Ehlana.
    »Es war Graf Ostril, Majestät.«
    »Ich habe von ihm gehört«, sagte Ehlana kalt.
    »Ich auch.« Melideres Stimme klang nicht weniger frostig.
    »Ich schließe daraus, daß der Graf keinen guten Ruf hat«, warf Sephrenia ein.
    »Er ist das, was man einen Lebemann nennt, erhabene Sephrenia«, erklärte Melidere. »Ein Wüstling übelster Art. Er prahlt damit, daß er Gott die Mühe erspart, ihn zu verdammen, da er ohnehin nur geboren wurde, um in der Hölle zu enden.«
    »Meine Eltern waren Landleute«, fuhr Alean schüchtern fort, »deshalb wußten sie nichts vom Ruf des Grafen. Sie dachten, wenn sie mich in seine Dienste gäben, wäre ich mein Leben lang versorgt. Es ist für ein Bauernmädchen die einzige Möglichkeit zum Aufstieg. Ich war vierzehn,

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