Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
unbezahlbar, Sephrenia«, sagte der dicke Kirchenmann.
»Das ist auch mir nicht entgangen«, bestätigte Vanion schmunzelnd.
»Kommen wir zur Sache«, mahnte Ehlana. »Wir sollten von unserem Täuschungsmanöver nicht öfter als unbedingt nötig Gebrauch machen, aber sofort beginnen, Geschenke mit Sarabian auszutauschen. Zum einen, um festzustellen, ob irgend jemand sich erdreistet, unsere Botschaften abzufangen, und zum anderen, um die Höflinge daran zu gewöhnen, Melidere mit kleinen Geschenken hin und her trotten zu sehen.«
»Ich werde nicht trotten, Majestät«, protestierte die Baroneß. »Ich werde trippeln – und mit den Hüften wackeln. Ich habe festgestellt, daß ein Mann, der ein Auge auf die Hüften einer Frau geworfen hat, kaum noch darauf achtet, was sie sonst tut.«
»Wirklich?« staunte Prinzessin Danae. »Das muß ich mir merken. Könnt Ihr mir zeigen, wie man mit den Hüften wackelt, Baroneß?«
»Dazu mußt du erst einmal Hüften haben, Prinzessin«, sagte Talen.
Danaes Augen nahmen plötzlich einen drohenden Ausdruck an.
»Nimm's nicht so ernst«, mahnte Sperber seine Tochter.
Sie beachtete ihn gar nicht. »Das werde ich dir heimzahlen, Talen!«
»Da mußt du mich aber erst einmal erwischen, Hoheit.« Er lachte. »Ich kann immer noch schneller laufen als du.«
»Wir haben noch ein anderes Problem«, meldete Stragen sich zu Wort. »Der geniale Plan, den ich vor Monaten ausgearbeitet habe, hat sich vergangene Nacht als undurchführbar erwiesen. Die hiesigen Diebe sind keine große Hilfe, fürchte ich. Sie sind sogar noch unbrauchbarer, als Caalador uns in Lebas gewarnt hatte. Hier in Tamul ist alles so starr und geregelt, daß meinen Kollegen auf den Straßen völlig der Verstand eingerostet ist. Hier brauchen Diebe keine Phantasie. Die paar, mit denen wir uns vergangene Nacht getroffen haben, stecken so tief in eingefahrenen Bahnen, daß sie nicht mehr herauskommen. Die Elenier in der hiesigen Diebesgemeinde sind einfallsreich genug, die Tamuler aber sind hoffnungslos unfähig.«
»Das stimmt leider«, bestätigte Talen. »Sie laufen nicht einmal davon, wenn man sie beim Stehlen ertappt. Sie bleiben stehen und warten darauf, daß man sie festnimmt. So etwas Idiotisches ist mir noch nie begegnet!«
»Mag sein, daß noch nicht das letzte Wort gesprochen ist«, fuhr Stragen fort. »Ich habe nach Caalador gesandt. Vielleicht kann er die Diebe zur Vernunft bringen. Am meisten macht mir Sorgen, daß sie überhaupt nicht organisiert sind. Diebe reden hier nicht mit Meuchlern, Huren nicht mit Bettlern – und niemand redet mit Betrügern. Es ist mir ein Rätsel, wie die Unterwelt hier überleben kann!«
»Das ist keine gute Neuigkeit«, murmelte Ulath. »Wir haben drauf gesetzt, die Diebe als unsere allgegenwärtigen Augen und Ohren zu benutzen.«
»Hoffen wir, daß Caalador Erfolg hat«, sagte Stragen. »Da es keine Spionageorganisation der Regierung gibt, sind die Diebe für unsere Pläne unverzichtbar.«
»Caalador wird sie schon zur Vernunft bringen«, meinte Ehlana. »Ich habe vollstes Vertrauen zu ihm.«
»Wahrscheinlich, weil du ihn gern reden hörst.« Sperber grinste.
»Wo wir gerade vom Reden sprechen«, warf Sephrenia ein, »daß die meisten von euch kein Tamulisch beherrschen, wird vieles erschweren, fürchte ich. Wir müssen etwas dagegen unternehmen.«
Kalten stöhnte.
Sephrenia lächelte ihm beruhigend zu. »So schlimm wird es diesmal nicht für Euch werden, Lieber. Die Zeit reicht nicht, daß ihr die Sprache wirklich erlernen könntet; daher werden Zalasta und ich ein wenig schwindeln müssen.«
Emban blickte sie verwirrt an. »Könntet Ihr mir das bitte erklären, Sephrenia?«
»Nur ein kleiner Zauber.« Sie zuckte die Schultern.
»Wollt Ihr damit sagen, Ihr könnt jemandem durch Magie eine Fremdsprache beibringen?«
»O ja«, versicherte Sperber. »Sephrenia hat mich in Ghwerigs Höhle in etwa fünf Sekunden die Trollsprache gelehrt, und Troll dürfte viel schwerer zu erlernen sein als Tamulisch. Tamuler sind immerhin Menschen.«
»Wir müssen allerdings vorsichtig sein«, mahnte die zierliche Styrikerin. »Ihr würdet als plötzliche Sprachgenies natürlich Verdacht erregen. Also werden wir schrittweise vorgehen – zunächst mit den wichtigsten Grundbegriffen und einer primitiven Grammatik. Dann erweitern wir das Ganze.«
»Ich könnte Euch Sprachlehrer schicken, erhabene Sephrenia«, erbot sich Oscagne.
»Lieber nicht – aber trotzdem danke, Exzellenz. Eure
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