Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
mit den Betrügern zu tun haben, die Bettlergilde nichts mit den Huren – außer wenn es ums Geschäft geht natürlich – und die Meuchlergilde ist völlig verfemt.«
»Weshalb sind die Meuchler verfemt?« fragte Stragen.
Caalador zuckte die Schultern. »Weil sie gegen eine der Grundregeln der tamulischen Kultur verstoßen. Sie sind im Grunde genommen bezahlte Assassinen, die vor ihren Opfern nicht katzbuckeln, ehe sie ihnen die Kehle durchschneiden. Höflichkeit ist das oberste tamulische Gebot. Es stört die Tamuler nicht, daß jemand im Auftrag Edelleute ermordet, aber daß es auf so unkultivierte Weise geschieht, geht ihnen gegen den Strich.« Caalador schüttelte den Kopf. »Das ist auch einer der Gründe, weshalb so viele tamulische Diebe geschnappt und einen Kopf kürzer gemacht werden – weil es unhöflich ist, davonzulaufen.«
»Unglaublich!« staunte Talen. »Das ist ja noch schlimmer, als wir dachten, Stragen. Wenn diese Burschen nicht miteinander reden, können wir auch nichts von ihnen erfahren.«
»Ich habe euch gewarnt, daß ihr hier in Matherion nicht zuviel erwarten dürft, meine Freunde«, erinnerte Caalador.
»Haben die anderen Gilden Angst vor den Meuchlern?« fragte Stragen.
»O ja!« erwiderte Caalador.
»Dann setzen wir bei ihnen den Hebel an. Was empfindet man für den Kaiser?«
»Ehrfurcht, hauptsächlich. Und eine Verehrung, die manchmal regelrechter Anbetung nahekommt.«
»Gut. Setzt Euch mit der Meuchlergilde in Verbindung. Sobald Talen Euch Bescheid gibt, sollen die Mörder die Häupter der übrigen Gilden aufstöbern und zum Schloß bringen.«
»Was habt Ihr vor, mein Freund?«
»Ich werde mit dem Kaiser sprechen und versuchen, ihn zu überreden, ein paar Worte zu unseren Brüdern zu sagen«, antwortete Stragen.
»Habt Ihr den Verstand verloren?«
»Keineswegs. Tamuler sind sehr traditionsgebunden. Und es ist eine Tradition, daß der Kaiser Traditionen beenden kann.«
»Hast du das begriffen?« fragte Caalador, an Talen gewandt.
»Ich bin mir nicht ganz sicher.«
»Dann wollen wir mal sehen, ob ich es recht verstanden habe«, wandte Caalador sich an den blonden Thalesier. »Ihr wollt jede Regel der kriminellen Kultur hier in Matherion verletzen, indem Ihr die Führer der anderen Gilden von Mördern entführen laßt.«
»Stimmt«, bestätigte Stragen.
»Dann laßt Ihr sie zur Schloßanlage bringen, dessen Betreten ihnen unter Todesstrafe verboten ist.«
»Ja.«
»Danach wollt Ihr den Kaiser bitten, einer Personengruppe, von deren Existenz er eigentlich gar nichts wissen sollte, eine Rede zu halten.«
»Ja, so habe ich es mir vorgestellt.«
»Und der Kaiser wird ihnen befehlen, uralte Sitten und Traditionen aufzugeben und von jetzt an zusammenzuarbeiten?«
»Seht Ihr dabei ein Problem?«
»Nein, eigentlich nicht. Ich wollt' mich nur vergewissern, daß ich auch alles richtig mitbekommen hab'.«
»Also, kümmert Euch darum, alter Junge«, bat Stragen ihn. »Ich rede jetzt wohl am besten mit dem Kaiser.«
Sephrenia seufzte. »Ihr benehmt Euch kindisch, das ist Euch doch klar?«
Sallas Augen drohten aus dem Gesicht zu quellen. »Wie könnt Ihr es wagen? « Er schrie es beinahe. Das Gesicht des styrischen Ältesten war kreidebleich geworden.
»Ihr vergeßt Euch, Ältester Salla!« rügte Zalasta den Entrüsteten. »Ratsherrin Sephrenia spricht für die Tausend. Wollt Ihr Euch gegen sie und die Götter auflehnen, deren Vertreter sie sind?«
»Die Tausend sind fehlgeleitet!« tobte Salla. »Es kann keine Verständigung zwischen Styrikum und den Schweineessern geben!«
»Das entscheiden die Tausend«, entgegnete Zalasta schroff.
»Aber überlegt doch, was die elenischen Barbaren uns angetan haben!« stieß Salla empört hervor.
»Ihr habt Euer ganzes Leben hier in der styrischen Enklave in Matherion verbracht, Ältester Salla«, sagte Zalasta. »Wahrscheinlich habt Ihr noch nie einen Elenier gesehen!«
»Ich kann lesen, Zalasta.«
»Das freut mich. Wir sind jedoch nicht hier, um zu diskutieren. Die Hohepriesterin Aphraels übermittelt lediglich die Anweisungen der Tausend. Ob es Euch gefällt oder nicht, Ihr seid verpflichtet, sie auszuführen!«
Sallas Augen füllten sich mit Tränen. »Sie haben uns gemordet!« quetschte er hervor.
»Für jemanden, der ermordet wurde, seid Ihr in recht guter Verfassung, Salla«, sagte Sephrenia. »Verratet mir, hat es sehr weh getan?«
»Ihr wißt, was ich meine, Priesterin!«
»Ah, ja. Dieser lästige styrische Zwang,
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