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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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eine Zeitlang auf tamulisch, eine Sprache, die Sperber ungemein melodisch fand.
    »Haben wir nun alle höfischen Erfordernisse abgeschlossen?« erkundigte der Botschafter sich schließlich. »Gewiß, jedes Volk ist anders, doch in Tamuli rechnet man ungefähr eine Dreiviertelstunde für die üblichen nichtssagenden Höflichkeiten.«
    »Das erscheint auch mir angemessen.« Stragen grinste. »Wenn wir das höfische Gebaren übertreiben, steigt es Ihrer Majestät vielleicht zu Kopf, und sie erwartet von Mal zu Mal mehr Unterwürfigkeit.«
    »Ihr habt mir aus der Seele gesprochen, Durchlaucht Stragen«, versicherte Oscagne. »Der Grund meines Hierseins ist schnell erklärt, werte Freunde. Ich bin in Schwierigkeiten.« Er blickte sich um. »Ich erlaube mir eine Pause für die üblichen Ausrufe des Erstaunens, während ihr euch bemüht, euch mit der Vorstellung vertraut zu machen, daß irgend jemand an einem so charmanten und liebenswerten Menschen wie mir Anstoß nehmen könnte.«
    »Ich glaube, ich mag ihn«, murmelte Stragen.
    »Kann ich mir denken«, brummte Ulath.
    »Ich bitte Euch, verratet mir, Exzellenz, wie in aller Welt könnte jemand mit Euch unzufrieden sein?« Die blumige Redeweise des Botschafters war ansteckend.
    »Ich übertrieb ein wenig, um der Wirkung willen«, gestand Oscagne. »So schlimm sind meine Schwierigkeiten nicht. Es ist eigentlich so, daß Seine Kaiserliche Majestät mich nach Chyrellos gesandt hat, damit ich um Hilfe ersuche, und ich soll die Bitte so formulieren, daß sie ihn auf keine Weise demütigt.«
    Embans Augen glänzten. Er war in seinem Element. »Ich halte es für das beste, unseren Freunden das Problem in schlichten Worten darzulegen«, meinte er, »dann können sie sich auf den eigentlichen Punkt konzentrieren, der Kaiserlichen Regierung Verlegenheit zu ersparen. Sie sind außerordentlich klug, einer wie der andere. Wenn sie die Köpfe zusammenstecken, werden sie die richtige Lösung finden, daran zweifle ich nicht.«
    Dolmant seufzte. »Hättet Ihr denn gar niemand anderes für dieses Amt auswählen können, Ehlana?«
    Oscagne blickte die beiden fragend an.
    »Das ist eine lange Geschichte, Exzellenz«, sagte Emban. »Ich werde sie Euch irgendwann einmal erzählen, wenn wir nichts Besseres zu tun haben. Aber berichtet doch, was sich so Ernstes in Tamuli tut, daß Seine Kaiserliche Majestät Euch hierher um Hilfe gesandt hat.«
    »Versprecht Ihr, daß Ihr nicht lacht?« wandte Oscagne sich an Ehlana.
    »Ich werde mein möglichstes tun, einen Heiterkeitsanfall zu unterdrücken«, versprach sie.
    »In Tamuli ist es zu Unruhen unter der Bevölkerung gekommen«, sagte Oscagne.
    Alle warteten.
    »Das wär's auch schon«, gestand Oscagne zerknirscht. »Ich zitiere selbstredend den Kaiser wörtlich – auf seine Anweisung. Um die Botschaft richtig zu verstehen, müßtet ihr natürlich unseren Kaiser kennen. Er würde eher sterben, als auch nur im geringsten zu übertreiben. Einmal bezeichnete er einen Orkan als ›Brise‹ und den Verlust seiner halben Flotte als ›kleine Unannehmlichkeit‹.«
    »Gut, Exzellenz.« Ehlana nickte. »Jetzt wissen wir, wie Euer Kaiser das Problem bezeichnen würde. Doch welche Worte würdet Ihr dafür gebrauchen?«
    »Nun«, entgegnete Oscagne, »da Majestät so gütig ist zu fragen, möchte ich es am treffendsten als Ka tastrophe bezeichnen. Es ließe sich vielleicht auch ein übermächtiges Problem nennen, oder eine Heimsuchung, oder der Weltuntergang – derlei Ungemach eben. Jedenfalls solltet ihr der Bitte Seiner Majestät Beachtung schenken, meine Freunde, denn wir haben Grund zu der Annahme, daß die Geschehnisse auf dem daresischen Kontinent vielleicht schon bald auf Eosien übergreifen. Und wenn dies geschieht, könnte es durchaus das Ende der Zivilisation bedeuten, wie wir sie kennen. Ich weiß nicht, wie ihr Elenier darüber denkt, aber wir Tamuler sind der Ansicht, daß etwas dagegen unternommen werden sollte. Man kann dem Volk ja nicht mehr ins Auge schauen, wenn man zuläßt, daß die Welt jeden Augenblick untergeht. Es untergräbt jegliches Vertrauen, das man als Regierung genießt.«

5
    Botschafter Oscagne lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Wo soll ich anfangen?« überlegte er laut. »Wenn man die Vorfälle getrennt betrachtet, erscheinen sie einem fast unwesentlich. Erst ihr Zusammenwirken hat das Imperium an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.«
    »Das können wir gut nachvollziehen, Exzellenz«, versicherte Emban. »Die Kirche

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