Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
hilfesuchend wenden muß, Ritter Sperber. Zalasta von Sarsos ist der oberste Magier von ganz Styrikum, und er hat uns versichert, daß Ihr der einzige Mensch auf der Welt seid, der die nötigen Kräfte besitzt, um mit dieser Situation fertig zu werden.«
»Zalasta hat meine Fähigkeiten vielleicht zu optimistisch eingeschätzt«, gab Sperber zu bedenken.
»Ihr kennt ihn?«
»Wir sind uns mal begegnet. Offen gesagt spielte ich nur eine sehr kleine Rolle bei den Ereignissen in Zemoch. Ich war kaum mehr als das Werkzeug einer Macht, die ich beim besten Willen nicht beschreiben kann.«
»Dennoch seid Ihr unsere einzige Hoffnung. Jemand will den Zusammenbruch des Imperiums herbeiführen. Wir müssen herausfinden, wer es ist, oder die Welt versinkt in Schutt und Asche. Werdet Ihr uns helfen, Ritter Sperber?«
»Ich kann diese Entscheidung nicht treffen, Exzellenz. Ihr müßt Euch an meine Königin und an Sarathi wenden. Befehlen sie es mir, reise ich nach Tamuli. Verbieten sie es, bleibe ich hier.«
»Dann werde ich mich mit meiner ganzen Überzeugungskraft an sie wenden.« Oscagne lächelte. »Doch angenommen, ich habe Erfolg – und ich zweifle nicht daran –, sehen wir uns immer noch einem fast ebenso ernsten Problem gegenüber. Wir müssen die Würde Seiner Kaiserlichen Majestät um jeden Preis schützen. Ein Ersuchen einer Regierung an eine andere ist eine Sache, doch ein Ersuchen Seiner Majestät Regierung an einen privaten Bürger eines anderen Kontinents ist etwas ganz anderes. Das ist das Problem, das wir beachten müssen.«
»Ich glaube nicht, daß wir eine Wahl haben, Sarathi«, sagte Emban ernst. Es war später Abend. Botschafter Oscagne hatte sich für die Nacht zurückgezogen; die übrigen, darunter Patriarch Ortzel von Kadach in Lamorkand, hatten sich zusammengesetzt, um sich ernsthaft mit dem Ersuchen des Botschafters zu befassen. »Auch wenn wir nicht alle Aspekte der tamulischen Politik billigen, ist der Fortbestand dieses Imperiums gerade jetzt von lebenswichtiger Bedeutung für uns. Der Feldzug in Rendor erfordert unseren ganzen Einsatz. Wenn Tamuli zerfiele, müßten wir den größten Teil unserer Streitkräfte – und die Ordensritter – aus Rendor abziehen, um unsere Interessen in Zemoch zu schützen. Zemoch ist zwar nicht unbedingt eine Reise wert, doch die strategische Bedeutung seiner Gebirge kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Während der vergangenen zweitausend Jahre sahen wir uns dort stets feindlichen Kräften gegenüber, und unsere Heilige Mutter ist mit diesem Problem vertraut. Wenn wir zulassen, daß irgendwelche anderen Feinde die Zemocher dort verdrängen, ist alles umsonst, was Sperber in Othas Hauptstadt erreicht hat. Wir wären dann wieder auf dem Stand von vor sechs Jahren. Wir werden Rendor aufgeben und gegen eine neue Bedrohung aus dem Osten mobilisieren müssen.«
»Ihr sprecht lediglich das Offensichtliche aus, Emban«, sagte Dolmant.
»Ich weiß. Aber manchmal hilft es, sich des besseren Überblicks wegen alles vor Augen zu führen.«
Dolmant blickte den großen Pandioner nachdenklich an. »Sperber, wenn ich Euch befehlen würde, Euch nach Matherion zu begeben, Eure Gemahlin Euch jedoch gebieten würde, zu Hause zu bleiben, was würdet Ihr tun?«
»Ich würde mich wahrscheinlich für die nächsten Jahre in ein Kloster zurückziehen und um Erleuchtung beten.«
»Unsere Heilige Mutter Kirche ist überwältigt von Eurer Frömmigkeit, Ritter Sperber.«
»Ich tue, was ich kann, um ihren Gefallen zu finden, Sarathi. Schließlich bin ich ihr getreuer Ritter.«
Dolmant seufzte. »Dann läuft alles auf eine Art Einigung zwischen Ehlana und mir hinaus, nicht wahr?«
»Solche Weisheit kann nur gottgegeben sein«, meinte Sperber an seine Gefährten gewandt.
»Wenn Ihr es so wollt«, sagte Dolmant säuerlich. Dann blickte er die Königin von Elenien resigniert an. »Nennt Euren Preis, Majestät.«
»Wie bitte?«
»Reden wir nicht um den heißen Brei herum, Ehlana. Euer Streiter läßt mir keine Wahl.«
»Ich weiß«, antwortete sie. »Und ich bin überwältigt. Wir werden das unter vier Augen besprechen müssen, verehrter Erzprälat. Sonst könnte es sein, daß Ritter Sperber seinen wahren Wert erkennt und gar auf den Gedanken kommt, daß wir ihm für seine unersetzlichen Dienste etwas schulden.«
»Das gefällt mir alles ganz und gar nicht«, murmelte Dolmant.
»Ich finde, wir sollten erst kurz etwas anderes besprechen«, warf Stragen ein. »Die Geschichte
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