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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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seine Segel bewegt wurde, kam der Wind immer von achtern und trug den Geruch der Bilge ausnahmslos bugwärts, wo ihn die Mannschaft in ihrem engen Quartier auf dem Vorderdeck genießen konnte.
    Am zweiten Tag ihrer Seereise zogen Sperber und Ehlana schlichte, praktische Kleidung an und stiegen von ihrer Privatkabine hinauf zum »Thronsaal«, wie er inzwischen allgemein genannt wurde. Alean bereitete Prinzessin Danaes Frühstück über einem kunstvollen kleinen Gerät zu, das halb Lampe, halb Herd war. Alean kochte fast alle Mahlzeiten Danaes, da sie sich kommentarlos mit den eigenwilligen Essensgewohnheiten des Kindes abfand.
    Nach einem höflichen Klopfen traten Kalten und Stragen ein. Kalten ging seltsam gebeugt und nach einer Seite gekrümmt. Er schien Schmerzen zu haben.
    »Was ist dir denn passiert?« fragte Sperber.
    »Ich habe versucht, in einer Hängematte zu schlafen«, ächzte Kalten. »Aber ich glaube, das war keine gute Idee, Sperber.«
    Mirtai erhob sich von dem Stuhl neben der Tür. »Steht still«, wies sie den blonden Mann gebieterisch an.
    »Was habt Ihr vor?« erkundigte Kalten sich mißtrauisch.
    »Steht still!« Sie fuhr mit einer Hand seinen Rücken hinauf und betastete ihn vorsichtig mit den Fingerspitzen. »Legt Euch auf den Boden!« befahl sie. »Auf den Bauch!«
    »O nein!«
    »Wollt Ihr, daß ich nachhelfe?«
    Murrend legte Kalten sich vorsichtig auf den Boden. »Wird es weh tun?« fragte er.
    » Mir nicht«, antwortete Mirtai und zog ihre Sandalen aus. »Versucht Euch zu entspannen.« Dann ging sie auf seinem Rücken hin und her. Ein Knacken und Knirschen war zu vernehmen, begleitet von Schmerzensschreien und Stöhnen. Kalten wand sich unter Mirtais Füßen. Schließlich hielt sie inne und stupste mit den Zehen nachdenklich auf eine hartnäckige Stelle zwischen seinen Schulterblättern. Dann reckte sie sich auf die Zehen hoch und rammte die Fersen nach unten.
    Kaltens Schrei klang erstickt, als ihm die Luft aus den Lungen fuhr. Das Geräusch, das sein Rücken von sich gab, war sehr laut; es hörte sich wie ein berstender Baumstamm an. Nach Atem ringend und ächzend blieb Kalten mit dem Gesicht nach unten liegen.
    »Seid nicht so wehleidig!« rügte Mirtai ihn herzlos. »Steht auf!«
    »Ich kann nicht. Ihr habt mich umgebracht!«
    Sie faßte ihn an einem Arm und zog ihn auf die Füße. »Geht herum!« befahl sie.
    » Gehen? Ich kann nicht einmal schnaufen!«
    Sie zog einen ihrer Dolche.
    »Schon gut, schon gut! Regt Euch nicht auf! Ich gehe.«
    »Schwingt die Arme hin und her!«
    »Warum?«
    »Tut einfach, was ich sage, Kalten. Ihr müßt die Muskeln lockern!«
    Er ging hin und her, schwang dabei die Arme und drehte vorsichtig den Kopf. »Wißt Ihr, ich gebe es ja nicht gern zu, aber ich fühle mich besser – viel besser sogar, um ehrlich zu sein.«
    »Seht Ihr?« Sie steckte den Dolch weg.
    »Ihr hättet aber nicht so grob sein müssen.«
    »Wenn Ihr wollt, kann ich Euch wieder genau in den Zustand versetzen, in dem Ihr gekommen seid.«
    »Nein, nein, ist schon gut, Mirtai«, sagte Kalten hastig und wich vor ihr zurück. Und weil er die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen konnte, beugte er sich zu Alean vor. »Tue ich Euch nicht leid?« fragte er sie mit einschmeichelnder Stimme.
    »Kalten!« fauchte Mirtai. »Laßt das Mädchen in Ruhe!«
    »Ich wollte doch nur …«
    Sie schlug ihm zwei Finger über die Nase, ähnlich einem Welpen, den man davon abhalten will, ein Paar Schuhe zu zerkauen.
    »Das tut weh!« beschwerte er sich und drückte eine Hand auf die Nase.
    »Sollte es auch! Laßt sie in Ruhe!«
    »Und du stehst da und läßt zu, daß sie das mit mir macht, Sperber!« beschwor Kalten seinen Freund.
    »Hör lieber auf sie«, riet Sperber. »Laß das Mädchen in Frieden!«
    »Sieht so aus, als wärt Ihr heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, Ritter Kalten«, stellte Stragen fest.
    Wortlos setzte Kalten sich in eine Ecke und schmollte.
    Nach und nach kamen die anderen herein und setzten sich zum Frühstück nieder, das zwei Matrosen aus der Kombüse brachten. Prinzessin Danae saß allein am großen Fenster im Heck, wo die salzige Meeresbrise den Geruch der Schweinswürste von ihrer empfindlichen Nase fernhielt.
    Nach dem Frühstück begaben Sperber und Kalten sich an Deck, um ein bißchen Luft zu schöpfen. Sie lehnten sich an die Backbordreling und beobachteten, wie die Südküste Cammoriens vorüberglitt. Es war ein besonders schöner Tag. Die Sonne schien von einem wolkenlos

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