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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Tradition und Gebräuchen unterworfen wie wir und gezwungen, sich in der unpersönlichen Sprache seines Amtes zu äußern. Das macht es so gut wie unmöglich, sein wahres Ich kennenzulernen.« Der Botschafter lächelte. »Wer weiß, vielleicht reißt der Besuch Königin Ehlanas diese Schranken nieder. Der Kaiser wird sie – aus politischen Gründen – als Gleichgestellte behandeln müssen, obwohl er im Glauben erzogen wurde, daß niemand ihm gleichgestellt ist. Ich hoffe, Eure reizende blonde Königin geht behutsam mit ihm um. Ich glaube, ich mag ihn – oder würde ihn mögen, wenn ich all diese formellen Schranken überwinden könnte –, und ich fände es schlimm, wenn Ehlana dafür verantwortlich wäre, daß seine Hoheit der Schlag trifft.«
    »Ehlana weiß immer, was sie tut, Exzellenz«, versicherte ihm Emban. »Verglichen mit ihr sind wir Wickelkinder. Aber das solltet Ihr Eurer Gemahlin lieber nicht sagen, Sperber.«
    »Was ist Euch mein Schweigen wert, Eminenz?« Sperber grinste.
    Emban funkelte ihn kurz an. »Was wird uns in Astel vermutlich erwarten, Exzellenz?«
    »Tränen wahrscheinlich«, antwortete Oscagne.
    »Habe ich Euch recht verstanden?«
    »Die Asteler sind sehr gefühlsbetonte Menschen und weinen beim geringsten Anlaß. Ihre Kultur unterscheidet sich kaum von der des Königreichs Pelosien. Sie sind schrecklich fromm und unverbesserlich rückständig. Wieder und wieder wurde ihnen vor Augen geführt, daß Leibeigenschaft eine archaische, unwirtschaftliche Einrichtung ist, aber sie behalten sie trotzdem bei – hauptsächlich, weil die Leibeigenen sie klaglos dulden. Astelische Edle meiden jede körperliche Anstrengung; deshalb haben sie keine Vorstellung, wie belastbar ein Mensch ist. Das nutzen die Leibeigenen weidlich aus.
    Es ist häufig vorgekommen, daß astelische Leibeigene schon bei der bloßen Erwähnung so erschreckender Begriffe wie ›mähen‹ oder ›graben‹ scheinbar vor Erschöpfung zusammengebrochen sind. Die Edlen sind so weichherzig, daß die Leibeigenen damit fast immer durchkommen. Westastel ist ein beschränktes Land voller beschränkter Menschen. Das ändert sich jedoch, je weiter man nach Osten kommt.«
    »Das kann man nur hoffen. Ich weiß nicht, wieviel Beschränktheit ich ertragen …«
    Plötzlich war wieder diese Finsternis am Rand von Sperbers Blickfeld, begleitet von der gleichen Eiseskälte wie zuvor. Patriarch Emban hielt inne und drehte rasch den Kopf, um die Erscheinung besser sehen zu können. »Was …?«
    »Es vergeht«, versicherte Sperber ihm angespannt. »Versucht Euch darauf zu konzentrieren, Eminenz – und auch Ihr, Exzellenz, falls Ihr die Bitte gestattet.« Die beiden sahen den Schatten zum erstenmal, und ihre Reaktion mochte sich als nützlich erweisen. Sperber beobachtete sie aufmerksam, als sie die Köpfe verrenkten, um einen besseren Blick in die Dunkelheit unmittelbar am Rand des Sichtfelds zu erhaschen. Und ebenso plötzlich war der Schatten wieder verschwunden.
    »Nun«, fragte Sperber angespannt, »was genau habt ihr gesehen?«
    »Ich konnte gar nichts sehen«, antwortete Kalten. »Es war, als versuche jemand, sich von hinten an mich heranzuschleichen.« Obwohl Kalten bereits mehrere Male die seltsame Wolke gesehen hatte, war dies das erste Mal, daß der Schatten in seinem Beisein erschienen war.
    »Was war das, Ritter Sperber?« erkundigte sich Botschafter Oscagne.
    »Ich werde es gleich erklären, Exzellenz. Doch zuvor versucht bitte, Euch zu erinnern, was genau Ihr gesehen und gefühlt habt.«
    »Es war etwas Dunkles«, antwortete Oscagne. »Etwas sehr Dunkles. Es schien durchaus stofflich zu sein, aber irgendwie besaß es die Fähigkeit, sich stets an den Rand meines Blickfelds zu bewegen, so daß ich es nicht deutlich genug sehen konnte. Wie rasch ich den Kopf auch drehte oder ihm mit den Augen folgte – stets kam ich zu spät. Ich hatte das Gefühl, daß es sich unmittelbar hinter meinem Kopf befand.«
    Emban nickte. »Und ich spürte Kälte, die davon ausging.« Er fröstelte. »Mir ist immer noch kalt.«
    »Außerdem war es feindselig«, fügte Kalten hinzu. »Kurz davor, uns anzugreifen.«
    »Was noch?« fragte Sperber die drei. »Jede Kleinigkeit ist wichtig.«
    »Es hatte einen merkwürdigen Geruch«, sagte Oscagne.
    Sperber blickte ihn scharf an. Das war ihm selbst nie aufgefallen. »Könntet Ihr ihn beschreiben, Exzellenz?«
    »Ich glaube, es roch nach verdorbenem Fleisch – wie eine Rindslende oder ein ähnliches

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