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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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sich um die Anlegestellen erstreckte, als plötzlich eine Stimme erschallte, die einem Nebelhorn nicht unähnlich war: »Meister Cluff!«
    Sperber drehte sich im Sattel. »Also, wenn das nicht Kapitän Sorgi ist!« rief er erfreut. Er mochte den rauhbeinigen silberhaarigen Seekapitän, mit dem ihn so viele gemeinsame Stunden verbanden. Er schwang sich von Farans Rücken und schüttelte herzlich die Hand seines Freundes.
    »Ich habe Euch seit einem ganzen Hundealter nicht mehr gesehen, Meister Cluff«, sagte Sorgi überschwenglich. »Seid Ihr immer noch auf der Flucht vor diesen Vettern?«
    Sperber verzog das Gesicht und seufzte abgrundtief. Die Gelegenheit war zu günstig, um sie ungenutzt zu lassen. »Nein«, antwortete er mit gebrochener Stimme, »jetzt nicht mehr. Ich habe den Fehler gemacht, in einer Schenke in Apalia, oben in Nordpelosien, zu tief in einen Krug Met zu blicken. Dort holten die Vettern mich ein.«
    »Konntet Ihr ihnen entkommen?« Sorgis Gesicht spiegelte seine Besorgnis.
    »Es waren ein Dutzend Gegner, Käpten. Sie überwältigten mich, ehe ich auch nur einen Finger rühren konnte. Sie legten mir Ketten an und schleppten mich zum Haus der häßlichen Erbin, von der ich Euch erzählte.«
    »Sie haben Euch doch nicht etwa gezwungen, sie zu heiraten?« fragte Sorgi bestürzt.
    »Ich fürchte ja, mein Freund«, erwiderte Sperber in düsterem Tonfall. »Die dort auf dem grauen Zelter ist meine Gemahlin.« Er zeigte auf die bildschöne Königin von Elenien.
    Kapitän Sorgi riß Augen und Mund weit auf.
    »Ein schrecklicher Anblick, nicht wahr?« sagte Sperber mit kummervoller Miene.

8
    Baroneß Melidere war ein hübsches Mädchen. Ihr Haar besaß die Farbe frischen Honigs, ihre Augen waren so blau wie der Sommerhimmel, und ihr Hirn hatte die Größe einer Walnuß – jedenfalls benahm sie sich so.
    In Wirklichkeit war die Baroneß klüger als die meisten von Ehlanas Hofleuten. Sie hatte jedoch schon früh im Leben erkannt, daß sich Menschen mit beschränktem Verstand durch hübsche, kluge junge Frauen bedroht fühlen. So hatte sie sich ein geistloses Lächeln, einen dümmlichen Gesichtausdruck und ein albernes Kichern angeeignet, womit sie erfolgreich verbarg, was hinter ihrer Stirn wirklich vor sich ging.
    Königin Ehlana durchschaute Melideres Maskerade und ermutigte sie sogar. Melidere war ungemein aufmerksam und hatte sehr scharfe Ohren. Die Menschen achten für gewöhnlich nicht auf einfältige Mädchen und sagen in ihrem Beisein Dinge, die sie sonst für sich behalten würden. So bestand Melideres Aufgabe darin, der Königin von solch unvorsichtigen Gesprächen zu berichten.
    Indes trieb Melidere Stragen beinahe in den Wahnsinn. Er wußte mit absoluter Gewißheit, daß sie nicht so dumm sein konnte, wie sie sich gab. Doch sie verriet sich nie, trotz all seiner Bemühungen, sie dabei zu ertappen.
    Alean, die Kammerzofe der Königin, war ganz anders. Sie war nicht besonders intelligent, doch ihr Wesen war von einer Art, daß man sie gernhaben mußte. Sie war sanftmütig und liebevoll, schüchtern und bescheiden und sprach selten von sich aus. Sie hatte brünettes Haar und schöne rehbraune Augen. Für Kalten war sie jagdbares Wild, etwa so, wie das Reh für den Wolf. Kalten mochte Zofen. Sie waren ungefährlich und in der Regel willfährig.
    Das Schiff, auf dem sie in jenem Frühjahr von Madol aus fuhren, war außerordentlich gut ausgestattet. Es gehörte der Kirche und war erbaut worden, um Kirchenfürsten mit ihrem Gefolge in die verschiedensten Regionen Eosiens zu bringen.
    Die Kabinen waren komfortabel und gemütlich, und allesamt mit dunklem, von Öl schimmerndem Holz ausgestattet. Das Öl war ein notwendiger Schutz für Holz, das fortwährend großer Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Das Mobiliar widersetzte sich jedem Versuch, es umzustellen oder zu verrücken, da es auf dem Boden befestigt war, so daß es sich bei stürmischem Wetter nicht in Bewegung setzen konnte. Weil auf einem Schiff die Decken der Kabinen gleichzeitig die Unterseite des Oberdecks sind, auf dem die Seeleute ihrer Arbeit nachgehen, befindet sich dickes Gebälk unter den Decken der Räume.
    Auf dem Schiff, mit dem die Königin von Elenien samt ihrem Gefolge fuhr, war eine große Kabine im Heck, deren breites Fenster sich über das gesamte Achterschiff erstreckte. Es war eine Art schwimmende Audienzkammer, ideal für Besprechungen. Da sich das Fenster am Heck befand, war die Kabine hell und luftig, und weil das Schiff durch

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