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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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gefolgt, Mirtai«, bemerkte Baroneß Melidere gut gelaunt.
    »Daran habe ich nie gezweifelt«, antwortete die Riesin.
    »Es muß unendlich befriedigend sein, eine so uneingeschränkte Macht über einen Mann zu haben.«
    »Mir gefällt's«, gestand Mirtai. »Wie sehe ich aus? Seid ehrlich, Melidere. Ich habe Kring seit Monaten nicht gesehen und möchte ihn nicht enttäuschen.«
    »Bezaubernd, Mirtai.«
    »Sagt Ihr das nicht nur so daher?«
    »Natürlich nicht.«
    »Was meint Ihr, Ehlana?« wandte die Tamulerin sich an ihre Gebieterin. Ihre Stimme klang ein wenig unsicher.
    »Ihr seht umwerfend aus, Mirtai.«
    »Ich werde Gewißheit haben, sobald ich sein Gesicht sehe.« Mirtai machte eine Pause. »Vielleicht sollte ich ihn heiraten. Ich glaube, ich würde mich viel sicherer fühlen, wenn es besiegelt wäre.« Sie stand auf, öffnete die Karossentür und lehnte sich hinaus, um ihr Pferd herbeizuziehen, das hinter der Kutsche angebunden war; dann glitt sie hinaus und auf den Rücken des Tieres. Mirtai benutzte nie einen Sattel. Sie seufzte. »Ich reite besser hinunter. Mal sehen, ob er mich noch liebt.« Sie gab ihrem Pferd die Fersen und galoppierte ins Tal zu dem wartenden Domi.

9
    Die Peloi waren nomadische Pferdezüchter aus den Marschen Ostpelosiens, hervorragende Reiter und wilde Krieger. Sie sprachen eine archaische Form des Elenischen; viele Worte ihrer Sprache wurden längst nicht mehr benutzt, darunter der Begriff Domi, der größte Hochachtung ausdrückte. Das Wort bedeutete soviel wie Häuptling, verlor jedoch sehr in der Übersetzung, wie Ritter Ulath einmal bemerkt hatte.
    Der derzeitige Domi der Peloi hieß Kring, ein hagerer Mann von mittlerer Größe. Wie unter den Männern seines Volkes üblich, hatte er den Kopf kahl geschoren. So waren die häßlichen Narben von Säbelwunden ebenso deutlich auf dem Schädel zu sehen wie im Gesicht. Sie bewiesen, daß beim Aufstieg in eine pelosische Führungsposition ein Menge Konkurrenten überzeugt werden mußte. Kring trug schwarze Lederkleidung, und das Leben auf dem Pferderücken hatte ihm O-Beine verschafft. Seinen Freunden hielt er unerschütterlich die Treue, und Mirtai betete er an, seit er sie zum erstenmal gesehen hatte. Sie wies Kring nicht ab, wenngleich sie sich weigerte, seine Frau zu werden. Die beiden gaben rein äußerlich ein seltsames Paar ab, da die Atanerin ihren glühenden Verehrer um gut einen Fuß überragte.
    Pelosische Gastfreundschaft war außerordentlich großzügig, und der Brauch, ›Salz miteinander zu essen‹, erforderte in der Regel den Verzehr gewaltiger Mengen von Spießbraten, wobei die Männer ›wichtige Angelegenheiten berieten‹, was von einer Unterhaltung über das Wetter bis zur formellen Kriegserklärung reichen mochte.
    Nachdem sie gegessen hatten, berichtete Kring, was ihm während des Rittes durch Zemoch aufgefallen war, den er mit seinen hundert Peloi unternommen hatte.
    »Zemoch war nie ein richtiges Reich, Freund Sperber«, sagte er, »jedenfalls nicht so, wie wir es verstehen. In Zemoch leben zu viele verschiedene Völker, als daß man sie alle unter einen Hut bringen könnte. Das einzige, das sie zusammenhielt, war ihre Furcht vor Otha und Azash. Nun, da es weder ihren Kaiser noch ihren Gott mehr gibt, zerfällt das zemochische Reich. Nicht, daß es einen Krieg oder dergleichen gäbe. Die Zemocher pflegen lediglich keinen Kontakt mehr untereinander. Alle haben ihre eigenen Probleme. Es gibt tatsächlich keinen Grund, miteinander zu reden.«
    »Gibt es überhaupt irgendeine Art von Regierung?« fragte Tynian den Domi.
    »Mehr Schein als Sein, Freund Tynian«, antwortete Kring.
    Sie saßen in einem riesigen offenen Zelt in der Mitte des Peloilagers und aßen Stücke eines am Spieß gebratenen Ochsen. Die Sonne ging unter und die westlichen Gipfel warfen lange Schatten über das schöne Tal. In Basne, etwa eine Meile entfernt, brannte bereits Licht hinter den Fenstern der Häuser.
    »Sämtliche Regierungsämter Othas sind nach Gana Dorit verlegt worden«, erklärte Kring. »Niemand wagt sich auch nur in die Nähe der Stadt Zemoch. Die Bürokraten in Gana Dorit verbringen ihre Zeit damit, sich neue Vorschriften auszudenken. Doch die Boten, die sie mit der Übermittlung dieser Erlasse beauftragen, kehren normalerweise gleich im nächsten Ort ein, zerreißen das Dokument, warten eine Zeitlang und kehren dann zurück, um ihren Vorgesetzten zu versichern, daß sie ihren Auftrag ausgeführt hätten. Die Beamten sind

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