Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
glaube, das sind wir ihm schuldig, oder nicht?«
»Der Junge hat Köpfchen, Sperber!« Ulath grinste.
»Etwas habt Ihr nicht bedacht junger Herr«, sagte Xanetia. »Der Zauber, von dem Ihr sprecht, ist ein styrischer. Er ist mir nicht vertraut.«
»Sephrenia könnte ihn Euch lehren.« Talen zuckte die Schultern.
»Du verlangst Unmögliches, Talen!« rügte Bevier ihn. »Sephrenia und Xanetia sind gerade erst so weit, daß sie sich im selben Zimmer aufhalten können, ohne einander an die Kehle gehen zu wollen! Es gehört viel Vertrauen dazu, andere Personen Zauber zu lehren oder sie zu erlernen.«
Doch Xanetia und Sephrenia hatten bereits einen langen, besorgten Blick gewechselt. »Verwerft eine gute Idee nicht so einfach, Bevier«, murmelte Sephrenia. »Es gäbe da schon einige Möglichkeiten, Anarae«, sagte sie vorsichtig. »Vermutlich schaudert Euch bei dieser Vorstellung ebensosehr wie mir, doch um dieser Sache willen sollten wir lernen, einander zu trauen. Falls wir Eure Magie mit meiner verbinden könnten …« Sie ließ den Satz unbeendet.
Xanetia spitzte die Lippen und ihr Gesichtsausdruck unterschied sich kaum von dem Sephrenias. Sie dachte so angestrengt nach, daß ihre Selbstbeherrschung ein wenig nachließ und ihr Gesicht schwach zu leuchten begann. »Das Bündnis unserer beider Rassen hat die Cyrgai tatsächlich beinahe in die Knie gezwungen«, bemerkte sie in demselben vorsichtig fragenden Tonfall wie zuvor Sephrenia.
»In diplomatischen Kreisen ist dies der Punkt, an dem Verhandlungen für gewöhnlich unterbrochen werden, damit die Angelegenheit mit den Regierungen geklärt werden kann«, sagte Oscagne.
»Die Anarae und ich sind nicht verpflichtet, uns Anweisungen zu holen, weder von Sarsos noch Delphaeus, Exzellenz«, wandte Sephrenia ein.
»Das gilt auch für die meisten Diplomaten.« Er zuckte die Schultern. »Die Behauptung ›ich muß zuerst mit meiner Regierung Rücksprache halten‹ ist lediglich eine höfliche Weise zu sagen: ›Euer Vorschlag ist interessant, aber ich brauche Zeit, darüber nachzudenken und mich daran zu gewöhnen.‹ Ihr betretet Neuland, meine Damen. Ich würde euch empfehlen, nichts zu überstürzen.«
»Was meint Ihr, Sephrenia von Ylara?« Xanetia lächelte schüchtern. »Sollen wir eine Pause für eine imaginäre Besprechung mit Sarsos und Delphaeus einlegen?«
»Das wäre vielleicht keine so schlechte Idee, Xanetia von Delphaeus«, pflichtete Sephrenia ihr bei. »Solange wir beide wissen, daß es nur eine Vorspiegelung ist, brauchen wir keine Zeit damit zu vergeuden, auf nicht vorhandene Kuriere zu warten, die Phantasiereisen machen müssen, ehe wir die Verhandlungen wieder aufnehmen.«
»Nach der Vernichtung der Stadt Zemoch und sämtlicher Einwohner trafen sich Zalasta und seine Kumpane in Verel, um über ihre weitere Vorgehensweise zu beratschlagen«, erzählte Xanetia nach einer kurzen Pause weiter. »Sie alle kamen zu dem Schluß, daß sie es mit Anakha und Bhelliom nicht aufnehmen konnten. Ogerajin wies darauf hin, daß Zalasta ein Bündnis mit Otha eingegangen sei, und daß es keine direkte Verbindung zu Azash gegeben habe. Er sprach sehr geringschätzig darüber zu Zalasta, und Zalastas Groll über diese Worte hält immer noch an.«
»Das ist sehr gut«, stellte Vanion fest. »Aus Unstimmigkeiten unter den Feinden kann man für gewöhnlich großen Nutzen ziehen.«
»Die Anwesenheit des streitsüchtigen Ynak erhöhte ihre Unstimmigkeiten, Hochmeister Vanion. Ogerajin tadelte Zalasta und fragte ihn, ob er so aufgeblasen sei, daß er sich einem Gott ebenbürtig glaube, denn Ogerajin hält Anakha für einen Gott – oder für gottgleich –, da er Bhelliom einsetzen kann.«
»Wie ist es, mit einem Gott verheiratet zu sein, Ehlana?« spöttelte Sarabian.
»Es hat seine Vorteile.« Sie lächelte.
»Dann schloß Cyzada von Esos sich ihrer Diskussion an«, fuhr Xanetia fort. »Auf seine durchtriebene Weise schlug er einen Pakt mit einem oder auch mehreren der unzähligen Halbgötter der Unterwelt vor. Doch die anderen trauten ihm nicht, da er allein die Beschwörungen wußte, mit denen diese Kreaturen der Finsternis gerufen und beherrscht werden konnten. In der Tat vertraut in diesem verruchten Kreis keiner dem anderen. Zalasta hält ihnen den höchsten Preis vor Augen, und er weiß sehr wohl, daß jeder von ihnen insgeheim nach dem Stein giert und ihn für sich allein haben möchte. Es ist ein unsicheres Bündnis, das Zalasta und seine Spießgesellen
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