Tamuli 3 - Das Verborgene Land
die Knie zu fallen.« »Es ist mir egal, wie Ihr es entschuldigen wollt«, stellte die teganische Kaiserin kategorisch fest, »für mich ist das Aufwiegelung zum Hochverrat. Ich werde Euch im Auge behalten, Chacole! Zieht sofort Eure Spitzel zurück und gebt Euren schändlichen Plan auf! Wenn nicht …« Gahenas ließ den Rest des Satzes auf drohende Weise ungesagt, drehte sich um und schritt davon.
»Ihr seid das sehr ungeschickt angegangen, Chacole.« Elysoun wählte eine kandierte Frucht aus der Silberschale auf dem Tisch. »Sie hätte vielleicht mitgemacht, hättet Ihr die Einzelheiten für Euch behalten. Sie brauchte wirklich nicht zu wissen, daß Ihr tatsächlich Eure Meuchler ausschicken würdet. Ihr wart Euch ihrer noch nicht ganz sicher und seid zu schnell vorgegangen.«
»Mir läuft die Zeit davon, Elysoun!« Chacoles Tonfall verriet Verzweiflung.
»Ich verstehe diese Eile nicht«, entgegnete Elysoun. »Wieviel Zeit habt Ihr denn heute gespart? Die teganische Vettel wird von jetzt an jeden Eurer Schritte überwachen! Ihr habt einen großen Fehler begangen, Chacole! Jetzt bleibt Euch nichts anderes übrig, als sie zu töten!« »Töten?« Chacole wurde kreidebleich.
»Es sei denn, es beunruhigt Euch nicht sonderlich, einen Kopf kürzer gemacht zu werden. Ein Wort von Gahenas kann Euch auf den Richtblock bringen. Ihr seid nicht für die Männerpolitik geschaffen, Liebes. Ihr redet zuviel!« Elysoun erhob sich lässig. »Wir können später darüber diskutieren. Jetzt wartet erst einmal ein eifriger Gardist auf mich, und ich möchte nicht, daß sein Feuer abkühlt.« Sie schwebte davon. Elysouns scheinbare Gleichmütigkeit verbarg ihre Besorgnis und ihre große Eile. Chacoles cynesganische Erziehung hatte sie allzu durchschaubar gemacht. Sie hatte sich des Hasses von Sarabians anderen Gemahlinnen gegenüber Kaiserin Cieronna bedient. Dieser Teil ihres Planes war durchaus klug und durchdacht, doch die gekünstelte, ein wenig verwickelte Geschichte, einen Anschlag vorzutäuschen, war auf lächerliche Weise zu übertrieben vorgetragen worden. Ganz offensichtlich war nicht beabsichtigt, das Attentat fehlschlagen zu lassen, wie Chacole und Torellia so scheinheilig behaupteten. Elysoun beschleunigte ihre Schritte. Sie mußte sofort ihren Gemahl aufsuchen, um ihn zu warnen, daß sein Leben sich in unmittelbarer Gefahr befand.
»Xanetia!« Kalten fuhr erschrocken zurück, als die Anarae an diesem Abend urplötzlich in ihrer Mitte erschien. »Könnt Ihr nicht wenigstens hüsteln oder Euch anderweitig bemerkbar machen, bevor Ihr so unerwartet auftaucht?«
»Es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu erschrecken, mein Beschützer«, entschuldigte sie sich.
»Meine Nerven sind zur Zeit nicht die besten«, gestand er.
»Hattet Ihr Glück?« erkundigte sich Mirtai.
»Ich konnte viel erfahren, Atana Mirtai.« Xanetia machte eine Pause, um ihre Gedanken zu sammeln. »Die Sklaven werden nicht sehr streng bewacht«, begann sie. »Cynesganische Aufseher sind für sie zuständig; denn so niedrige Arbeiten sind unter der Würde eines Cyrgai. Die Wüste selbst hält die Sklaven gefangen. Jene, die so töricht sind, einen Fluchtversuch zu wagen, verschmachten unweigerlich in dieser kahlen Öde.«
»Wie sieht es mit dem hier üblichen Ablauf aus, Anarae?« fragte Bevier.
»Die Sklaven verlassen ihre Pferche im Morgengrauen und eilen, von niemandem dazu angetrieben oder bewacht, aus der Stadt, um ihre Arbeit aufzunehmen. Bei Sonnenuntergang, immer noch unbeaufsichtigt, ja, kaum bemerkt, kehren sie zum Essensempfang zur Stadt und ihren Pferchen zurück. Anschließend werden sie für die Nacht gekettet, in ihren Pferchen eingesperrt und beim ersten Tageslicht wieder losgemacht.«
»Einige arbeiten hier in diesen Wäldern«, bemerkte Mirtai und spähte zwischen den Bäumen hindurch, hinter denen die Gefährten sich versteckt hatten. »Aber was tun sie da eigentlich?«
»Sie schneiden für ihre Herren Brennholz in diesen Wäldern«, erklärte Xanetia. »In der Kälte des Winters wärmen die Cyrgai sich an Feuern. Die eingepferchten Sklaven dagegen müssen das Wetter ungeschützt ertragen.«
»Konntet Ihr irgend etwas aus der Anordnung der Stadt ablesen, Anarae?« fragte Bevier.
»Ein wenig, ja, Herr Ritter.« Xanetia bedeutete den Gefährten, sie zum Rand des Waldes zu begleiten, so daß sie über das Tal zur schwarzummauerten Stadt blicken konnten. »Die Cyrgai wohnen an den Hängen des Hügels, der sich innerhalb jener Mauer
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