Tamuli 3 - Das Verborgene Land
folgten dem Klang seiner leisen Stimme und erreichten alsbald die Reihe der an der Wand lehnenden Holzkarren. »Hast du irgendwelche Wächter gesehen?« fragte Kalten.
»Wer würde schon die ganze Nacht aufbleiben, nur um Holzstöße zu bewachen?« Talen legte sich auf den Bauch und schlängelte sich unter die Karre. Ein schwaches Knarren der dicht geflochtenen Gerten des behelfsmäßigen Korbes war zu hören. »Da!« murmelte Talen, und eine Schwertspitze schlug gegen Sperbers Schienbein. Sperber griff nach dem Schwert und gab es Kalten; dann beugte er sich hinunter. »Reich es mit dem Knauf voraus an«, sagte er zu Talen. »Stich mich nicht noch mal mit der Spitze.«
»Tut mir leid.« Talen nahm die restlichen Waffen heraus; anschließend verteilte er die Kettenhemden und Kittel. Alle fühlten sich gleich besser, als sie wieder bewaffnet waren.
»Anakha?« Die Stimme war weich und sehr hell.
»Seid Ihr es, Xanetia?« Die Worte waren noch nicht ganz über Sperbers Lippen, als ihm bewußt wurde, wie dumm diese Frage war.
»Wahrlich«, antwortete sie. »Sehen wir zu, daß wir von hier wegkommen. Wer Heimliches im Sinne hat, der flüstert, und Flüstern ist des Nachts weithin zu vernehmen. Wir wollen fort sein, ehe jene, die diese schlafende Stadt bewachen, dem Ursprung unseres unvorsichtigen Gesprächs nachgehen.«
»Wir müssen ein Weilchen warten«, erklärte Khalad. »Aphrael bläst erst Luft in diese Höhle.«
»Bist du sicher, daß das etwas nutzen wird?« fragte Berit zweifelnd.
»Nein, eigentlich nicht. Aber einen Versuch ist es wert, nicht wahr?«
»Du weißt ja nicht einmal, ob sie sich überhaupt noch in der Höhle aufhalten.« »Das spielt keine so große Rolle. Ob ja oder nein – sie werden sich in Zukunft nicht mehr in der Höhle verstecken können.« Khalad wickelte vorsichtig einen mit Öl getränkten Lappen um einen Armbrustbolzen. Dann stellte er sich so, daß sein Körper die aufsprühenden Funken verbergen würde, und machte sich daran, Feuerstein und Stahl zusammenzuschlagen. Als sein Zunder Feuer gefangen hatte, brachte er eine Kerze zum Brennen und stellte diese vorsichtig hinter einen größeren Stein.
»Aphrael scheint nicht sehr glücklich darüber zu sein, Khalad«, sagte Berit, als ein kühler Wind aufkam.
»Ich war auch nicht sehr glücklich über das Schicksal Hochmeister Abriels«, entgegnete Khalad düster. »Ich hatte große Hochachtung vor dem alten Ritter, und diese gelbblütigen Ungeheuer haben ihn in Stücke gerissen.« »Dann handelst du aus Rache?«
»Nein, eigentlich nicht. Das ist nur die einfachste Methode, diese Bestien loszuwerden. Sag Aphrael, sie soll mir bitte Bescheid geben, wenn sich genug Luft in der Höhle befindet.«
»Wie lange wird das etwa dauern?«
»Ich habe keine Ahnung. Alle Bergleute, die damit in Berührung kamen, sind tot.«
Khalad kratzte sich am Kopf. »Ich weiß nicht so recht, was da drinnen passiert, Berit. Wenn Sumpfgas Feuer fängt, brennt es einfach weg, und die Flammen verlöschen. Grubengas ist ein bißchen wirkungsvoller.«
»Wozu eigentlich Luft in die Höhle blasen?« wollte Berit wissen.
Khalad zuckte die Schultern. »Feuer ist etwas Lebendiges. Es muß atmen können.« »Du vermutest das alles nur, oder? Du weißt nicht, ob es funktionieren wird oder nicht – und wenn, was geschehen wird, nicht wahr?«
Khalad lächelte dünn. »Na ja, praktisch habe ich mich mit diesem Problem noch nicht auseinandergesetzt.«
»Ich glaube, du bist verrückt. Du könntest mit diesem verrückten Experiment die ganze Wüste in Brand setzen.«
»Oh, dazu wird es vermutlich nicht kommen.«
»Vermutlich?«
»Es ist ziemlich unwahrscheinlich. Ich kann die Höhlenöffnung von hier gerade noch sehen. Ich werde es mal versuchen.«
»Und wenn du daneben triffst?«
Wieder zuckte Khalad die Schultern. »Dann schieße ich noch einmal.«
»Das habe ich nicht gemeint. Ich …« Berit unterbrach sich und lauschte angespannt. »Aphrael sagt, daß die Mischung jetzt stimmt. Du kannst schießen, wenn du soweit bist.«
Khalad hielt die Spitze des Armbrustbolzens in die Kerzenflamme und drehte ihn bedächtig, bis der ölgetränkte Lappen gleichmäßig brannte. Dann führte er den brennenden Bolzen in die Rinne, legte die Säule seiner Armbrust auf einen Stein und zielte sorgfältig. »Jetzt!« Langsam preßte er den Drücker.
Der brennende Pfeil schoß durch die Dunkelheit und verschwand in der schmalen Höhlenöffnung.
Nichts tat sich.
»Soviel zu Theorie
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