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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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öffnete die Tür zu meiner Kabine, und ich kletterte hinein.
    »Ich habe keinen Treibstoff mehr«, sagte ich.
    Er lächelte dieses bekümmerte Lächeln, das sie alle hatten, und stand auf dem Trittbrett und sagte nahe an meinem Ohr: »Sie werden auf jeden Fall bald hier rauskommen. Einer der Angestellten ist beauftragt, zu Ihnen zu kommen.« Er schien bei weitem kultivierter zu sein, als die anderen. Ich blickte ihn vielleicht ein wenig eigenartig an, als wäre eine Erklärung angebracht.
    »Yeah, ich kenne all das«, sagte er. »Ich war einst Fahrer wie Sie. Dann wurde ich befördert. Was machen die alle dort draußen?« Er gestikulierte in Richtung der Straße. »Sie bringen die Dinge richtig durcheinander, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich und wischte mir Augen und Wangen mit dem Ärmel ab.
    »Kehren Sie um und erzählen Sie ihnen von der Revolte in den äußeren Bezirken. Es ist, wie ich es erwartet habe. Sagen Sie ihnen, Charlie sei hier und daß ich sie warne. Die Nachricht geht herum. Unzufriedenheit macht sich breit.«
    »Die Nachricht?«
    »Darüber, wer verantwortlich ist. Sag ihnen nur, Charlie weiß es, und ich warne sie. Ich weiß etwas anderes und, Sie sollten niemandem etwas darüber sagen…« Dann wisperte er mir eine unglaubliche Tatsache ins Ohr, etwas, das mich tiefer erschütterte als alles, was ich bisher durchgemacht hatte.
    Ich schloß die Augen. Ein Schatten glitt über uns hinweg. Der junge Mann und alle anderen schienen zurückzuweichen. Ich fühlte mehr, als daß ich sah, als mein Truck wie ein Spielzeug aufgehoben wurde.
    Dann, nehme ich an, habe ich eine Weile geschlafen.
    Auf dem Parkplatz des Truck-Stopps in Bakersfield schreckte ich in der Kabine aus dem Schlaf hoch, zog meine Kappe aus dem Gesicht und schaute mich um. Es war Mittagszeit. Die Firma hatte ein Büro in Bakersfield. Ich sah mich prüfend um und stellte fest, daß der Truck vollgetankt war, also startete ich und fuhr zum Büro.
    Ich klopfte an die Tür des Büros. Ich trat ein und erkannte sofort den fetten alten Kerl, der mir den Job gegeben hatte. Ich war müde und roch schlecht, aber ich wollte das alles jetzt hinter mich bringen.
    Er erkannte mich, wußte aber meinen Namen nicht mehr. Ich sagte ihn ihm. »Ich kann nicht mehr fahren«, sagte ich. Das Zittern war wieder da. »Ich bin nicht dafür geschaffen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, sie zu fahren, wenn ich weiß, daß ich selbst da landen werde, selbst, wenn das nicht der Fall sein sollte.«
    »Okay«, sagte er langsam und sorgfältig, maß mich mit einem wissenden Blick. »Aber dann bist du draußen. Du wirst pleite sein. Keine Fahrten mehr, keine Arbeit bei uns, keine Arbeit mehr bei irgendeiner Firma, die wir unterstützen. Es wird einsam sein.«
    »Diese Art Einsamkeit habe ich jeden Tag«, sagte ich.
    »Okay.« Das war’s dann. Ich ging auf die Tür zu und blieb mit der Hand auf der Klinke stehen.
    »Eins noch«, sagte ich. »Ich habe Charlie getroffen. Er sagte mir, ich solle Ihnen sagen, daß eine Nachricht herumgehe, wer verantwortlich ist, und daß es deshalb so viele Schwierigkeiten in den äußeren Bezirken gibt.«
    Die wissenden Augen des alten Kerls wurden glasig. »Du bist der Typ, der in die Stadt gekommen ist?«
    Ich nickte.
    Er stand recht schnell von seinem Platz auf, Hängebacken bebten, und sein Bauch hüpfte einen albernen Tanz unter seinem Arbeitsoverall. Er schnippte mit den Fingern. »Gehen Sie nicht. Warten Sie noch eine Minute. Draußen im Büro.«
    Ich wartete und hörte, wie er ins Telefon sprach. Er kam lächelnd heraus und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Hören Sie zu, John, ich bin nicht sicher, ob wir Sie gehen lassen sollten. Ich habe nicht gewußt, daß Sie es waren, der hineingekommen ist. Es heißt, Sie sind geblieben und haben versucht, zu helfen, als alle anderen weggerannt sind. Die Firma weiß das zu schätzen. Sie sind schon lange bei uns, ein zuverlässiger Fahrer, vielleicht sollten wir Ihnen einen Anreiz geben, zu bleiben. Ich schicke Sie nach Vegas, um mit einem Boss der Firma zu reden…«
    Durch die Art, wie er es sagte, wußte ich, daß es keine große Wahl gab und ich besser nichts dagegen sagen sollte. Man arbeitet schon lange genug bei der Firma und weiß, wann man den Mund zu halten hat und weitermachen muß.
    Sie steckten mich in ein Motel, ließen mich essen und am späten Vormittag war ich auf dem Weg nach Vegas. Dort kam ich um zwei Uhr nachmittags an. Ich saß in einem schwarzen

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