Tango der Leidenschaft
beängstigend attraktiv, oder?
Inzwischen telefonierte er und redete über Dinge, von denen sie keine Ahnung hatte. Es ging um Aktien und Anteile und Schuldverschreibungen. Dabei unterstrich er seine Worte mit energischen Handbewegungen. Es entging Isobel nicht, dass es eine sehr männliche Hand mit langen, eleganten Fingern war, die diese Bewegungen machte.
Als sie den Flughafen erreichten, war auch sein Gespräch zu Ende. „Wir gehen direkt zum Flugzeug“, sagte er. „Unsere Pässe und Papiere werden dort überprüft.“
In kürzester Zeit waren sie durch alle Kontrollen und stiegen in einen Privatjet, wie man ihn manchmal in Hochglanzmagazinen sehen konnte, die über die Schönen und Reichen dieser Welt berichteten. Der Teppich auf dem Boden war so dick, dass man wie auf Wolken ging. In ihrem ganzen Leben hatte Isobel noch keinen solchen Überfluss gesehen. Einfach dekadent! „Ihnen kann wohl nichts groß und luxuriös genug sein, wie?“
Rafael, der sich hinter ihr an den Sitzen zu schaffen gemacht hatte, drehte sich um. Zum ersten Mal an diesem Morgen sah sie ihn offen an. Und musste wieder einmal feststellen, wie unverschämt gut er aussah.
„Ich teile mir dieses Flugzeug mit einigen Geschäftspartnern, von denen einer zufällig mein Halbbruder ist. Es macht mir nichts aus, auch einen Linienflug zu buchen, aber manchmal ist es einfach unpraktisch. Wie heute zum Beispiel, wo schon etliche Termine in Buenos Aires auf mich warten. Da hatte ich Glück, dass mein Bruder zufällig in Paris ist.“
Isobel sank in ihren Sitz. Gott sei Dank! Seine Termine in Buenos Aires werden ihn jedenfalls von mir fernhalten, dachte sie erleichtert.
„Du musst gar kein so erfreutes Gesicht machen, Isobel. Du und deine Familie werdet die Zeit brauchen, um die Hochzeit vorzubereiten. Und jetzt möchte ich dich ein letztes Mal bitten, auf das förmliche Sie zu verzichten. Immerhin sind wir so gut wie verheiratet!“
Sie schluckte. „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du mich zu so etwas zwingen willst“, erwiderte sie und schnallte sich an.
Wie der Blitz schnellte Rafael aus seinem Sitz hoch und beugte sich über sie.
„Ich zwinge dich zu gar nichts. Es sind die Umstände, die uns aneinander binden. Und an denen können wir nun mal nichts ändern. Hör endlich auf, andauernd auf ein Wunder zu hoffen“, stieß er mit einem bitteren Lächeln hervor. Dann ließ er sich wieder auf seinen Sitz fallen.
Isobel schwieg. Die Maschine rollte über die Startbahn und hob schließlich ab. Sie sah zu, wie Paris immer kleiner wurde und endlich ganz hinter den Wolken verschwand. Es überraschte sie, wie leicht ihr der Abschied von dieser Stadt fiel. Bedeutete sie ihr wirklich so wenig?
Sie wollte nicht darüber nachdenken und zog ein Buch aus ihrer Tasche. Während sie so tat, als wäre sie ganz in ihre Lektüre versunken, entging ihr keine Bewegung Rafaels.
4. KAPITEL
Es war ein kühler Augustmorgen, als sie in Buenos Aires eintrafen. Die aufsteigende Sonne malte blutrote Streifen an den Horizont. Isobel erschien es wie ein Omen. Allerdings wusste sie nicht, ob sie es für ein gutes oder ein schlechtes Omen halten sollte. Sie holte tief Luft und stieg die Gangway hinunter. Als sie zum ersten Mal nach drei Jahren wieder argentinischen Boden betrat, traten ihr zu ihrem Entsetzen Tränen in die Augen.
Es musste an der Müdigkeit liegen, vielleicht auch am Jetlag. Aber bestimmt lag es nicht daran, dass sie Buenos Aires vermisst hatte. Rafael nahm ihren Arm und führte sie zu dem wartenden Wagen.
Sie saßen im Fond der Limousine, und Isobel betrachtete verstohlen den Mann neben sich. Zu ihrem Ärger musste sie feststellen, dass er blendend aussah, so, als hätte er hervorragend geschlafen. Was allerdings auch der Fall gewesen war. Nach dem Start hatte er zuerst ein wenig gearbeitet, dann etwas gegessen und danach seinen Sessel nach hinten gekippt und während des ganzen Flugs vor sich hin gedöst. Sie wusste es, weil sie selbst die ganze Zeit über viel zu nervös gewesen war, um einzuschlafen. Immer wieder hatte sie ihm argwöhnische Blicke zugeworfen und ihn dafür gehasst, dass er keine Probleme mit dem Schlafen hatte.
„Und wie geht es jetzt weiter?“, fragte sie.
Er sah sie an. „Ich werde dich erst einmal zu deiner Familie bringen. Heute Abend bin ich bei euch zum Essen eingeladen. Dann gebe ich dir deinen Verlobungsring. Er gehörte meiner Großmutter.“
„Mein Verlobungsring …“, wiederholte Isobel
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