Tango der Leidenschaft
Besitzes hatte ihn bestimmt noch mehr verzweifeln lassen.
„Alles gehört dir ebenso wie mir.“
Isobel verschlug es die Sprache. Gott sei Dank schien Rafael keine Antwort zu erwarten. „Komm, ich zeige dir alles“, rief er und schlenderte auf das Haus zu. Isobel gab sich einen Ruck und folgte ihm.
Als Rafael sie eine Stunde später wieder in die große Empfangshalle führte, drehte sich alles in ihrem Kopf. Dreiundzwanzig Schlafzimmer und zwei Suiten. Ein Speisezimmer groß genug, um einen Hofstaat zu empfangen … und eine Küche, bei der ein Fünfsternehotel vor Neid erblasst wäre. Ein Gesellschaftraum und private Räume mit Fernseher, Stereoanlagen und Regalen voller Bücher.
Rafael schien nicht zu merken, wie sehr sie alles verwirrte. Er forderte sie auf, ihm durch das Hauptportal zu folgen. Wortlos folgte sie ihm zum Wagen und stieg ein. Sie fuhren über einen holprigen Weg und erreichten eine Lichtung. Dort wartete ein Hubschrauber auf sie.
„Ich finde, das ist der beste Weg, dir einen Eindruck von der Größe des Besitzes zu geben. Uns bleibt noch etwas Zeit, bevor es dunkel wird.“
In Sekunden waren sie in der Luft. Kopfhörer und Mikrofon verbanden sie mit Rafael. Es war das erste Mal, dass sie in einem Helikopter flog, und sie umklammerte etwas ängstlich die Armlehnen. Während sie über den fünfzigtausend Hektar großen Landsitz kreisten, zeigte er ihr die Poloplätze und die Ställe, die Viehherden und die weiten Kornfelder.
Es nahm kein Ende, und Isobel wurde immer übler. „Alles in Ordnung?“ Rafael warf ihr einen fragenden Blick zu.
Sie konnte nur benommen den Kopf schütteln. Rafael gab dem Pilot ein Zeichen. Er wendete, und sie flogen zurück. Kaum waren sie gelandet, kletterte Isobel auch schon aus dem Hubschrauber. Unsicher machte sie ein paar Schritte. Rafael lief ihr nach und hielt sie am Arm fest. „Was ist los?“
Sie brachte kein Wort heraus und hatte Angst, auf der Stelle umzufallen. „Ich … Es ist nur alles ein bisschen viel für mich“, stammelte sie. Der Unterschied zwischen ihrem früheren und ihrem jetzigen Leben war einfach zu gewaltig.
Als Isobel wenig später ihr Zimmer verließ, war ihr immer noch etwas schlecht. Eine Frau hatte sie zu ihrem Zimmer geführt, und Isobel hatte dankbar festgestellt, dass sie nicht bei Rafael schlafen musste.
Wie aus dem Nichts tauchte dieselbe schüchterne Frau wieder auf und nahm sie jetzt mit zu einer Terrasse auf der Rückseite des Hauses. Isobel hatte eine bequeme weite Hose mit einem ebenfalls locker fallenden Top angezogen. Ihr war gar nicht bewusst, wie verführerisch der teure Stoff sich an sie schmiegte und ihre Figur betonte.
Rafael erwartete sie. Er stand, die Hände in den Hosentaschen, da und sah zu dem zauberhaften kleinen See hinunter, der am Ende der üppigen Rasenfläche lag. In dieser wunderschönen Umgebung hatte Isobel erneut das starke Gefühl, nichts als eine Trophäe für ihn zu sein. Hübsch angezogen, damit sie gefiel, nahm sie gemeinsam mit ihrem mächtigen und reichen Gatten den üblichen Drink vor dem Dinner. Ein Luxusweibchen eben. Sie kannte das von ihren Eltern. Alles nichts als Fassade. Und wieder einmal fragte sie sich, warum sie sich nicht mehr Mühe gegeben hatte, aus diesem Milieu herauszukommen.
Rafael drehte sich zu ihr um.
„Einen Drink?“
Isobel schüttelte den Kopf. Doch dann änderte sie ihre Meinung. Ihre Kehle fühlte sich trocken an. „Ein Mineralwasser, bitte.“
Sie griff nach dem Glas – wobei sie sorgfältig darauf achtete, dass ihre Finger sich nicht berührten – und nahm einen tiefen Schluck. Die Übelkeit war immer noch nicht gewichen. Im Gegenteil, sie schien eher noch zuzunehmen. Für Rafael hatte sich mit der Heirat alles zum Besten gewendet, dachte sie. Als verheirateter Mann besaß er jetzt den nötigen Anschein von Achtbarkeit und Beständigkeit, den er für seine Geschäfte brauchte. Und sie? Ihr blieb nichts von all dem, wonach sie sich immer gesehnt hatte.
Sie spürte, dass Rafael sie beobachtete. „Ein Lächeln wird dich wohl kaum umbringen. Tu doch wenigstens so, als wärst du glücklich.“
„Warum?“, erwiderte sie angriffslustig. Sie drehte sich zu ihm um. „Mal ehrlich, warum? In Buenos Aires kann ich es ja noch verstehen, aber wen kümmert es hier?“
Rafael warf ihr einen wütenden Blick zu. „Es kümmert mich , Isobel. Unsere Ehe könnte funktionieren, aber nicht, wenn du herumläufst wie auf deiner eigenen Beerdigung. Du musst dich
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