Tango der Leidenschaft
sinnlichen Folter ein Ende zu machen. Seine dunklen Augen erwiderten ihren Blick. Was er dachte, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Heute Nacht würde sie ihm gehören.
Einen Augenblick lang glaubte sie schon, er würde sie küssen. Aber dann unterbrach er den Blickkontakt und zog sie wieder eng an sich. Sie fühlte sich ihm völlig ausgeliefert. Und er schien mit jedem Schritt mehr und mehr zu wissen, wie sehr sie ihn begehrte. Und all die anderen, die ihnen beim Tanzen zusahen, wussten es auch.
Endlich verklangen die letzten Takte der wehmütigen Musik. Isobel rang nach Atem und fürchtete fast, ohnmächtig zu werden. Sie stand in der klassischen Tangopose da, weit nach hinten gebeugt, den Blick auf Rafaels Gesicht gerichtet. Schuld an dem, was nun folgte, war nur dieser triumphierende Ausdruck in seinen Augen. Gerade als die Umstehenden anfangen wollten, Beifall zu klatschen, riss sie sich los und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
Augenblicklich trat Stille ein. Isobel richtete sich ungeschickt auf und wollte flüchten. Sie war entsetzt über ihre Reaktion. Aber sie wurde am Handgelenk gepackt und zurückgerissen.
Bevor sie wusste, wie ihr geschah, küsste Rafael sie. Seine Lippen waren heiß und hart, sein Zungenspiel zu erotisch, als dass sie sich lange hätte wehren können. Wütend gab sie sich seinem Kuss hin, liebkoste seine Zunge mit der ihren, biss ihm in die Unterlippe. In diesem Augenblick hasste sie ihn. Er war schuld, dass sie nur mehr aus einem einzigen Gefühlschaos zu bestehen schien.
Abrupt löste er sich von ihr und trat einen Schritt zurück. Er hielt sie immer noch bei der Hand. Völlig verwirrt blieb ihr nichts anderes übrig, als auf wackligen Beinen mit ihm den Saal zu verlassen. Zu ihrer großen Erleichterung tanzten die anderen Gäste bereits wieder.
Sie gingen in die kühle Nacht hinaus, wo schon der Wagen wartete.
„Glaub ja nicht, dass ich mich entschuldige“, stieß sie hervor, als sie im Auto saßen. „Es hätte ein völlig normaler Tanz werden können, aber du … du hast ihn zu etwas Unanständigem gemacht.“
„Und du? Hast du dich nicht an mich geschmiegt wie eine rollige Katze?“
Isobel wurde rot bei der Erinnerung an seinen Schenkel zwischen ihren Beinen. Die Behauptung, Tango sei das vertikale Bild eines horizontalen Aktes war gar nicht so falsch. Sie fühlte sich wirklich, als hätte sie gerade vor aller Augen mit Rafael geschlafen.
„Muss ich dich daran erinnern, dass du es warst, der mir wie ein Höhlenmensch das Kleid zerrissen hat?“, fragte sie aufgebracht, und ihre Stimme zitterte.
Sie waren zu Hause angekommen. Rafael stieg schweigend aus. Er kam auf ihre Seite, zog sie aus dem Auto und warf sie sich einfach über die Schulter. Isobel quietschte empört auf. Aber dann verzichtete sie auf jedes weitere Protestgeschrei. Es hätte ja doch nichts geholfen.
Er stieg wild entschlossen die Treppe hinauf und ging direkt zu seinem Schlafzimmer, öffnete die Tür, trat ein und schloss sie wieder mit einem Fußtritt.
Dann stellte er Isobel auf die Füße. Ihr drehte sich der Kopf. Was sie fühlte, war Hilflosigkeit, Angst und eine heftige Erregung.
„Komm mir ja nicht nahe, du Neandertaler!“, fuhr sie ihn an.
Er stand nur ein paar Fuß von ihr entfernt, aber Isobel glaubte seinen Herzschlag hören zu können, der genau so raste wie ihrer. Im Innersten wünschte sie sich, er würde sie in die Arme nehmen und das Durcheinander und die Stimmen in ihrem Kopf und ihrem Herzen endlich zum Schweigen bringen.
Doch als hätte jemand einen Schalter umgelegt, war die Spannung zwischen ihnen jäh wie ausgelöscht. Rafael blickte sie wie versteinert an. „Verdammt sollst du sein, Isobel“, sagte er heiser. Damit drehte er sich um und ging hinaus.
9. KAPITEL
Kaum er war er fort, verließ Isobel alle Kraft. Erschöpft ließ sie sich aufs Bett fallen. Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? Sonst setzte er immer seinen Willen durch, und jetzt ging er einfach weg?
Mit einem Mal bedauerte sie die Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte. Sie hatte seinem Gesicht angesehen, wie sehr sie ihn damit verletzte.
Und plötzlich wusste sie, was sie tun musste.
Rafael starrte in das langsam erlöschende Kaminfeuer. Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Glas, das er in der Hand hielt. Er hatte es sich gerade eingeschenkt, und dabei bemerkt, dass seine Hand zitterte. Das musste man sich einmal vorstellen!
Er verzog angewidert das Gesicht. All das verdankte er dieser
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