Tango der Leidenschaft
liebsten in die Arme genommen. Doch den Luxus konnte er sich jetzt leider nicht leisten.
„Ich dachte, du würdest länger arbeiten?“
„Das hatte ich auch vor. Ich fürchte nur, ich brauche deine Hilfe bei einer kleinen Schadensbegrenzung …“
Rafael erklärte ihr, dass Bob Caruthers etwas verstimmt sei. Er und seine Frau hatten ihnen nicht verziehen, dass sie nach ihrem dramatischen Tangoauftritt einfach gegangen waren, ohne sich von den Geschäftsfreunden zu verabschieden. Und dann war da noch der Abend gewesen, an dem er die angeheiterte Isobel aus dem Restaurant hatte tragen müssen. Aus diesem Grund hatte Rafael Bob und Rita zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen.
„Dafür kannst du nicht mir allein die Schuld geben, Rafael“, erwiderte Isobel verärgert. „Schließlich habe nicht ich damit angefangen, Tango so zu tanzen, wie er eher auf die Hinterhöfe von La Boca passt.“
Rafael presste die Lippen aufeinander. „Mit meiner Heirat wollte ich auch all dem Tratsch und Klatsch ein Ende bereiten. Allerdings sind wir, was das betrifft, nicht gerade sehr erfolgreich.“
Isobel schlang die Hände ineinander. „Das mag daran liegen, dass wir diese Ehe nicht freiwillig eingegangen sind. Wir wurden dazu gezwungen.“
Sie hatte den Eindruck, als würde er bei ihren Worten blass unter der Sonnenbräune. Doch dann funkelte er sie mit seinen schwarzen Augen wütend an.
„Spar dir das“, stieß er hervor. „Versuch heute Abend einfach so zu tun, als wären wir ein Herz und eine Seele.“
Den Rest der Fahrt schwieg sie.
Bei der Ankunft ließ sie es aber zu, dass er sie bei der Hand nahm und in das exklusive Restaurant führte. Sie begrüßten Bob und Rita, und während des ganzen Abends machte Isobel der feinen Erziehung, die sie genossen hatte, alle Ehre.
Rafael warf ihr sogar einen anerkennenden Blick zu, und einen Moment lang freute sie sich darüber. Dann wurde ihr bewusst, was es bedeutete. Sie war dabei, ihren Platz in der Welt einzunehmen, die sie immer verabscheut hatte. Und dabei fühlte sie sich noch nicht einmal unwohl. Sie spürte nicht die kleinste Rebellion in sich. Ganz im Gegenteil, es machte ihr einen Riesenspaß, Rafael zu unterstützen.
Bei ihrer Rückkehr empfand sie eine große Zärtlichkeit für ihn. Als er ihr ins Haus folgte, drehte sie sich abrupt zu ihm um. Sie wollte mit dem Mann reden, der ihr so fremd war und bei dem sie gleichzeitig das Gefühl hatte, ihn schon immer zu kennen. Aber er legte ihr den Finger auf die Lippen. Und dann küsste er sie, bis ihr fast die Sinne schwanden.
Er trat einen Schritt zurück und sah sie an. „Ich danke dir für diesen Abend. Als du gingst, um deinen Mantel zu holen, sagte Bob Caruthers, dass er jetzt auch noch den letzten Vertrag unterschreiben will. Damit ich endlich hier mit der Arbeit anfangen kann … Wir haben es geschafft.“
„Ich bin froh“, seufzte sie erleichtert. „Ich mag gar nicht daran denken, dass es meine Schuld gewesen wäre, wenn es mit diesem wichtigen Vertrag nicht geklappt hätte.“
Rafael zog sie an sich.
„Siehst du? Wir sind ein gutes Team.“
„Vielleicht …“, meinte sie zögernd.
„Kein vielleicht “, erwiderte er bestimmt. Und im nächsten Moment hob er sie auf seine Arme und trug sie die Treppe hinauf.
Einen Monat später fühlte sie sich nur noch benommen. Jedes Mal, wenn sie mit Rafael schlief, war es noch intensiver als zuvor. Jede Liebesnacht schien ihr ein Stück ihrer Seele zu nehmen. Isobel kam es vor, als käme sie gar nicht mehr zum Atemholen.
Sie war dabei, goldene Ohrringe anzulegen, denn heute Abend erwarteten sie Gäste zum Dinner. Kaum zu glauben, aber inzwischen sah sie ihren Mann in einem ganz anderen Licht. Ein großer Teil seiner Arbeit geschah aus reiner Menschenliebe. Dass kaum jemand davon wusste, lag an seiner angeborenen Bescheidenheit. Er wollte einfach nicht, dass seine Arbeit zu bekannt wurde. Denn wenn seine Wohltätigkeitsarbeit anonym blieb, so glaubte er jedenfalls, konnte er mehr aus seinen Kunden herausholen.
Nach einem letzten prüfenden Blick verließ sie das Schlafzimmer, entschlossen, Rafael nichts von ihren zärtlichen Gefühlen merken zu lassen. So schmerzte sie seine kühle Distanz weniger. Das Herz krampfte sich ihr zusammen, wenn sie sich an den Tag vor ein paar Wochen erinnerte. Da hatte er sie mit der Aufforderung überrascht, doch einmal eine Ausfahrt mit dem Bugatti Oldtimer zu wagen.
Sie war ganz aufgeregt und auch ein bisschen ängstlich
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