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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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den Flur. Gabi und Walde hatten sich bei ihr ausgewiesen und die Nummer des ehemaligen Zimmers von Kaspar Schreiner erfahren. Einige Türen zu den Krankenzimmern standen einen Spalt offen, auch die mit der Nummer, die Walde und Gabi suchten. Ein kleiner Wagen voller Reinigungsutensilien stand davor. Als sie eintraten, trug eine Frau in hellblauem Kittel einen Putzeimer heraus. Drinnen glänzte das Linoleum nass.
    »In welchem von beiden ist er gestorben?«, fragte Walde die Schwester. Zwei leere Betten standen hintereinander an der Wand, beide mit hellblauen, durchsichtigen Kunststofffolien überzogen. An einem Haken neben einem Bild mit Sonnenblumen hing eine leere Jutetasche. An der gegenüberliegenden Wand standen drei blank gewischte weiße Nachttische. Gabi stellte geräuschvoll ihre Tasche auf einen kleinen Tisch.
    »Das Bett ist zur Reinigung im Keller«, antwortete die Schwester.
    »Und der Tote?«, fragte Walde.
    Vom Gang her dröhnte ein unangenehmer elektronischer Warnton.
    »Der auch«, die Schwester löste mit dem Fuß die Sperre an einem der beiden Betten und schob es mit der Kopfseite an die gegenüberliegende Wand, »falls er noch nicht abgeholt worden ist.«
    »Wie bitte?«, fragte Walde. Draußen hielt der Ton an.
    »Vom Bestattungsinstitut«, kam Gabi ihrem Kollegen zu Hilfe. Dann wandte sie sich an die Schwester. »Wann ist Herr Schreiner gestorben?«
    »Darüber sollten Sie mit der Stationsärztin sprechen, sie müsste bald von der Visite zurückkommen.« Sie schob das zweite Bett an die Wand.
    »Gab es weitere Patienten im Zimmer?«
    »Nein, Herr Schreiner lag seit Sonntagmorgen allein.«
    Immer noch ertönte draußen das Signal.
    »Ich muss dann mal.« Die Krankenschwester hielt sich einen Finger ans Ohr und ging zur Tür. »Dieses Zimmer wird übrigens gleich wieder belegt werden.«
    Als sie allein waren, ging Gabi in den kleinen Vorraum hinter der Eingangstür.
    »Was denkst du, sollen wir Sattler rufen?« Sie öffnete die Tür zum Bad.
    »Was soll der denn hier?«
    »Vielleicht findet sich was in seiner Wäsche«, sie öffnete nacheinander drei Schranktüren. Alle Fächer waren leer.
    »Oder in der Bettwäsche?« Gabi ließ die dritte Tür zuschnappen.
    »Bettwäsche!«, empörte sich Walde. »Hier gibt’s weit über tausend Patienten! Kannst du dir einen Begriff davon machen, was für Wäscheberge hier täglich anfallen? Außerdem sollten wir erst mal wissen, woran Kaspar Schreiner gestorben ist.« Er ging zur Tür. »Ich sehe noch mal nach der Stationsärztin.«
     
    Gabi blieb allein im Zimmer zurück. Sie zog die Schublade an einem der Nachtschränke auf. Sie war genauso leer wie die beiden Fächer hinter der Klappe darunter. Bei den anderen beiden Schränkchen war es nicht anders.
    Sie trat an das nur einen Spalt geöffnete Fenster und spürte die kühle Luft hereinströmen. Für einen Moment überlegte sie, ob sie hier eine Zigarette rauchen könnte.
     
    Von draußen war erneut das enervierende Gequäke von einem Zimmerruf zu hören. Gabi griff nach ihrer Tasche. Im Vorbeigehen streifte sie den Kunststoffbezug über dem ersten Bett und verschob ihn dabei ein wenig. Während sie ihn richten wollte, ging die Tür auf, und ein Bett wurde hereingeschoben. Darin lag ein junger Mann, der seinen Kopf ein wenig hob, als er sie erblickte. Er bat den Pfleger, der das Bett schob: »Könnte ich bitte ans Fenster?«
    Gabi war der Weg zur Tür versperrt. Sie wich zum Fenster aus und beobachtete, wie der Pfleger das mittlere Bett in Richtung Tür verschob und sich dann an das zweite Bett machte, das am Fenster stand. Wieder löste sich der durchsichtige hellblaue Bezug. Gabi trat heran. Ein Zipfel des glatt gebügelten Kopfkissenbezugs war zu sehen. Gabi deckte es ganz auf. Der helle Stoff wirkte glatt und sauber. Sie drehte das Kissen um. Überrascht ließ sie es los und zog einen dünnen Gummihandschuh aus ihrer Tasche, bevor sie diese Seite genauer in Augenschein nahm.
    Die kleinen Fältchen im Bezugsstoff waren ihr gleich ins Auge gefallen. Nun sah sie einen Fleck, etwas größer als eine Zwei-Euromünze, eigentlich war es kein Fleck, sondern die getrocknete Begrenzung eines ansonsten unsichtbaren Flecks.
    Sie nahm ihr Mobiltelefon aus der Handtasche.
    »Hier können Sie nicht mit dem Handy telefonieren!«, sagte der Pfleger. »Was machen Sie hier eigentlich?«
    »Ich muss Sie bitten, hinauszugehen.« Gabi tippte Sattlers Kurzwahl ein. »Und nehmen Sie den Patienten gleich wieder mit, hier wird

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