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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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der Rolle, damals in den Dreißigern, als die Zeiten hart waren, aber er war weder schmutzig, noch verrückt, noch ein Dieb.«
    »Die Dreißiger sind lange vorbei«, widersprach Jasper Taxman.
    »Aber für viele sind die Zeiten noch immer hart«, erwiderte Mr Barlow. Er hob den Finger.
    »Ich wünschte, der arme Teufel wäre zu mir gekommen. Ich hätte ihm mehr gegeben als einen Tritt in den Hintern und eine hämische Bemerkung, was alles gewesen wäre, was ihr für ihn übrig gehabt hättet.« Er schaute trotzig in die Runde, aber seine nächsten Worte waren an mich gerichtet: »Bestellen Sie Kit meine besten Wünsche, wenn er aufwacht, Lori. Und sagen Sie ihm, wenn er einen Job braucht, dann wartet hier in Finch einer auf ihn.«
    »Das werde ich, Mr Barlow.«
    »Und was euch angeht …« Mr Barlow verschränkte die Arme und drehte sich auf dem Absatz um. »Komm, Buster, wir gehen heim. Hier riecht’s so komisch.«
    »Also, wirklich«, murmelte Peggy Kitchen, als Mr Barlow außer Hörweite war. »Das war nun nicht nötig.«
    Lilian Bunting erhob sich. »Sie irren sich, Mrs Kitchen. Das war sehr nötig.« Jedes Zeichen von Schwäche war aus ihrem Gesicht gewichen, als sie sich der Herrscherin von Finch gegenüberstellte. »Da Teddy heute Abend als Erzähler ausfällt, habe ich mich entschieden, die ganze Probe ausfallen zu lassen.«
    Peggys falscher Bart wackelte verdächtig. »Sie können doch nicht …«
    »Sie werden schon merken, dass ich kann«, verkündete Lilian.
    Einen Augenblick lang herrschte verblüfftes Schweigen, bevor die Dorfbewohner etwas von Peggy Kitchen abrückten.
    Lilian nahm es nicht zur Kenntnis. »Wir treffen uns wie verabredet am Montagabend wieder«, fuhr sie fort. »Bis dahin lese sich bitte jeder den Text noch einmal gut durch. Fragt euch, wer es fertigbringt, in einer kalten Winternacht ein junges, ärmliches Paar, das sein erstes Kind erwartet, von der Schwelle zu weisen.«

    Die so gutmütig und gelehrt wirkende Frau faltete ihr Skript zusammen und schlug es scharf gegen ihre Handfläche. »Und ich möchte euch morgen alle in der Kirche sehen.«
    Peggy Kitchen hob ihr rotes Samtgewand auf und schritt damit entrüstet klappernd zur Umkleidezone. Die anderen entfernten sich unauffälliger, jedoch nicht ohne ihrer Regisseurin ein paar grollende Blicke zuzuwerfen.
    Und als ich das Schulhaus verließ, hörte ich noch, wie Lilian mit eiserner Entschlossenheit verkündete: »Und mit der morgendlichen Übelkeit ist auch Schluss!«

    »Warum waren die Dorfbewohner so ekelhaft?«, fragte ich Tante Dimity. Im Cottage war es still. Emma war vor drei Stunden gegangen, und Willis senior schlief unruhig in unserem Schlafzimmer. Ich hatte mich auf dem Klappbett im Kinderzimmer ausgestreckt, aber der Gedanke daran, wie boshaft die Fincher auf Kit losgegangen waren, raubte mir den Schlaf. Ich konnte meine Empörung nicht abschütteln und war schließlich nach unten ins Arbeitszimmer gegangen, um mit Tante Dimity zu sprechen. Vielleicht konnte sie mich beruhigen. »Ich muss gestehen, ich war auch nicht begeistert, als ich Kit in unserer Auffahrt fand, aber ich habe ihm sicherlich nichts Böses gewünscht. Es ist, als fühlten sich die Dörfler durch ihn bedroht.«
    Das ist auch so . Tante Dimitys Handschrift floss in ihrem vertrauten und beruhigenden Rhythmus über das Papier. Er erinnert sie an das , was sie am meisten fürchten .
    »Verbrechen?«, sagte ich.
    Armut . Du darfst nicht vergessen , Lori , dass die meisten deiner Nachbarn als Kinder noch die Weltwirtschaftskrise erlebt haben . Sie wissen , wie es ist , nur ein Paar Schuhe zu besitzen , zu frieren , ohne Hoffnung auf Wärme , hungrig zu Bett zu gehen . Sie verabscheuen Kit , weil er sie an eine Zeit erinnert , die sie lieber vergessen würden .
    Mein Blick schweifte fort von dem Tagebuch, als das Geräusch wiederkehrte, das Heulen eines stürmischen Windes, der Schnee und Graupel vor sich herpeitschte. Ich erschauderte und drückte die Finger an die Stirn, als könne ich das Geräusch so vertreiben. Dann zwang ich mich, wieder auf das Papier zu blicken.
    Abgesehen davon , hatte Dimity geschrieben, werden deine Nachbarn nicht jünger . Die Betagten stellen sich allzu schnell vor , dass sie durch die Ritzen im System fallen und in der Altersarmut landen . Sie fürchten das , was sie einmal waren und vielleicht wieder werden .
    »Und Furcht macht sie misstrauisch und gefühllos«, sagte ich langsam.
    Du darfst sie nicht zu streng beurteilen ,

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