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Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Titel: Tante Dimity und der skrupellose Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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erschien in seinem makellosen Dinner-Jacket, eine schlanke, dunkelhaarige Frau an seiner Seite. Sie trug ein perfekt geschnittenes schwarzes Kleid mit langen Ärmeln und einem dezenten Dekolleté. Wenn Bill bei meinem Anblick die Augen aus dem Kopf fielen, bekam ich es nicht mit. Ich hatte nur Augen für seine Begleitung.
    »Gina!«, rief Claudia aus. »Was würdest du von einer Frau halten, die sich weigert, Make-up zu tragen?«
    »Ich würde sagen, dass sie entweder sehr schön« – Ginas Stimme war beunruhigend tief und musikalisch – »oder sehr dumm sein muss.«
    »Ich weiß, wie mein Urteil ausfallen würde«, raunte Simon mir von der Seite zu.
    Nachdem er Gina und mich einander vorgestellt hatte, verkündete der Earl: »Die Gesellschaft ist komplett, beinahe jedenfalls. Oliver, du führst Emma zum Dinner.«
    Simon beugte sich zu mir. »Würden Sie mir die Ehre erweisen, Madam?«
    Ich sah kurz zu Bill hinüber, stand auf, ergriff Simons Arm und sagte düster: »Worauf Sie wetten können.«
    Derek bildete ein Paar mit Claudia, und der Earl führte uns in die Eingangshalle, wo er jedoch gleich stehen blieb. Er schaute zur Marmortreppe hinauf.
    Wir taten es ihm nach und wurden mit einem unvergesslichen Anblick belohnt.
    Die Ehrenwerte Eleanor Harris war eingetroffen.

6
    NELL HARRIS WAR schon immer unvergleichlich gewesen. Manche sagten, der frühe Tod ihrer Mutter und Dereks jahrelange Trauer hätten ihren Charakter geformt, aber Dimity, die Nell als Kind gekannt hatte, stimmte dem nicht zu.
    Nell wäre heute auf jeden Fall die Gleiche , auch unter ganz anderen Umständen , hatte sie mir einmal mitgeteilt. Nell ist eine alte Seele . Sie wusste schon bei ihrer Geburt mehr , als du oder ich je lernen werden .
    Dimitys Worte fielen mir wieder ein, als ich Nell auf der Treppe erblickte. Sie war atemberaubend – groß und gertenschlank und von der ätherischen Schönheit einer Elfenkönigin. Blonde Locken umrahmten ihren Kopf wie eine Strahlenkrone.
    Das Kleid, das sie trug, stammte aus einer anderen Zeit, elfenbeinfarbene Seide, die in schmalen Falten von einem hoch taillierten Oberteil herablief, mit Staubperlen bestickt und mit einem Hauch von Spitze gesäumt. Sie hatte sich ein hellblaues Satinband durch die Locken gezogen, trug aber keinen Schmuck. Sie brauchte keinen.

    Ihr Haar leuchtete wie flüssiges Gold, und gegen das Blau ihrer Augen mussten die hochkarätigsten Saphire verblassen.
    Nell sah zu uns herab, mit der Anmut und der Gelassenheit einer Frau, die wusste, dass sie eines Tages über die Welt herrschen würde.
    Kaum zu glauben, dass sie noch nicht einmal siebzehn war.
    »Guten Abend«, sagte sie.
    »Guten Abend«, antworteten wir im Chor, eine Herde von Lakaien, die sich der Gunst Ihrer Majestät beugen.
    Als sie die Stufen hinunterkam, lugten elfenbeinfarbene Satinslipper unter dem Saum ihres Kleides hervor. »Ich entschuldige mich für meine Säumigkeit. Bertie fühlte sich nicht wohl.«
    Bertie war der schokoladenbraune Teddybär, der Nell stets begleitete. Nells Zuneigung zu ihrem Bären verleitete weniger schlaue Menschen dazu, sie zu unterschätzen, aber sie lernten bald –
    und meistens auf die harte Tour – dass sich hinter Nells exzentrischem Auftreten eine formidable Intelligenz verbarg.
    »Bertie fürchtete sich vor dem Feuer«, fuhr Nell fort. »Habt ihr herausgefunden, wer es gelegt hat?«
    »Das Feuer wurde nicht mit Absicht gelegt, Nell«, sagte Derek. »Der Schmied, der mit dem Lötkolben …«
    »Es war ein Unfall«, unterbrach ihn Lord Elstyn. »Du kannst Bertie beruhigen. Er soll sich keine Sorgen machen.«
    »Wirklich?« Nell sah zu Simon hinüber, nickte mir und Bill zu und umarmte schließlich ihren Vater und ihre Stiefmutter. »Mama, Papa, ich bin so froh, dass ihr hier seid«, murmelte sie.
    »Ja«, ergänzte der Earl barsch, »wir sind alle erfreut, dass du gekommen bist, mein Junge. Es ist schon viel zu lange her, seit wir gemeinsam als eine Familie zusammen an einem Tisch gesessen haben.«
    Derek starrte seinen Vater nur an. Ganz offensichtlich fehlten ihm die Worte, und Nell erlöste ihn von der Qual, eine Antwort zu finden. Sie legte ihre Hand auf den Arm des Earls, sachte wie eine herabfallende Daunenfeder. »Gehen wir hinein?«

    Das Esszimmer hätte mit Erdnussbutter getüncht sein können, ich hätte es nicht bemerkt. Ich war zu beschäftigt, meinen Ehemann im Auge zu behalten.
    Bill und ich saßen so weit auseinander wie überhaupt möglich, jeweils am anderen

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