Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Titel: Tante Dimity und der skrupellose Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
auch aufgrund der Geräusche gefunden. Kaum hatte ich den Hof betreten, als mich eine Kakophonie typischer Klänge umgab; der harte Schlag des Schmiedehammers, der Hall eines Meißels und das hohe Sirren einer Bandsäge. Und ich roch den verräterischen Duft von Benzin.
    Augenblicklich hatte ich Emma vergessen und rannte zu der schwarzen Rauchsäule, die sich hinter dem letzten niedrigen Gebäude erhob.
    Rutschend kam ich zum Stehen und schaute vorsichtig um die Ecke. Ich sah, wie Nell ein Stoffbündel in ein Feuer warf.
    Nell hatte sich umgezogen und trug anstelle der Reitkleidung eine ähnliche Arbeitsmontur wie Derek, nur dass durch ihre langen Gliedma ßen und ihre natürliche Anmut selbst Gummistiefel und alte Jeans wie der neueste Trend wirkten. Sie trug eine Steppweste über einem kornblumenblauen Hemd, und ihre goldenen Locken quollen ungebändigt unter einer Tweedkappe hervor. In einer Hand hielt sie eine Mistgabel.
    Eine Dose Benzin stand zwei Meter daneben, in sicherer Entfernung von den lodernden Flammen.
    »Hi, Nell!«, rief ich, als ich von hinten auf sie zukam. »Wir haben ja gestern Abend kaum Hallo gesagt.«
    »Simon hatte dich in Beschlag genommen«, sagte sie. »Ist er nicht himmlisch?«
    »Nun ja, er ist … sehr nett«, stimmte ich zu und wechselte rasch das Thema. »Wie lebt es sich an der Sorbonne?«
    »C’est marveilleux«, antwortete sie. »Bertie und ich haben Mama, Papa und Peter eingeladen, Weihnachten mit uns in Paris zu verbringen.«
    Ich sah sie überrascht an. »Du kommst Weihnachten nicht nach Hause?«
    »Nein«, antwortete sie. »Ich fürchte, der Vikar muss sich dieses Jahr eine neue Jungfrau für das Krippenspiel suchen.« Sie trat einen Schritt vor und stocherte mit der Mistgabel in den brennenden Fetzen herum.
    »Ein ganz schönes Feuer hast du da entfacht«, sagte ich. »Was verbrennst du?«
    »Müll«, sagte sie.
    Ich betrachtete das Bündel, das von den Flammen verschlungen wurde. »Sieht mir eher nach alten Kleidern aus.«
    »Flohverseuchte Pferdedecken«, sagte sie ernst. »Kommt in den saubersten Ställen vor.«
    Sie trat zurück und stützte sich auf die Mistgabel. »Wie kommst du darauf, dass es alte Kleider sein könnten?«
    »Ich … ich habe nur so geraten.« Ich räusperte mich. »Ich war auf der Suche nach deiner Stiefmutter, als …«
    »Du hast das Benzin gerochen.« Nell schaute ins Feuer. »Der Gestank ist unverkennbar.«
    »Ich habe ihn schon gestern Abend wahrgenommen«, sagte ich. »Als die Turteltaube brannte.«
    Nell schnalzte mit der Zunge, schien aber ansonsten kaum besorgt. »Ein gedankenloser Gärtner oder ein gedankenloser Schmied«, meinte sie.
    »Du hältst es also für einen Unfall?«, fragte ich.

    Nell sah mich mit großen blauen Augen unschuldig an.
    »Was sollte es sonst gewesen sein?« Sie wandte den Blick wieder ins Feuer. »Hat Papa seinen Elefanten gefunden?«
    Ich blinzelte. »Woher weißt du von Clumps?«
    »Ich dachte mir, dass Papa in das Kinderzimmer flüchten würde«, antwortete sie. »Nach seinem Streit mit Großpapa …«
    »Aber … woher wusstest du, dass ich auch ins Kinderzimmer gegangen bin?«
    »Das hat mir ein Vögelchen verraten.« Nell nahm den Benzinkanister in die Hand. »Mama ist in der Zimmermannswerkstatt. Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss mich zum Lunch umziehen.«
    Nell schulterte die Mistgabel und ging auf die viktorianischen Treibhäuser zu, die hinter den Ställen lagen; dort wuchsen zweifellos die köstlichen Pfirsiche des Earls – und vermutlich befand sich in der Nähe dieser Gebäude auch der Lagerraum für das Benzin.
    Ich wäre ihr fast nachgelaufen, aber in meinem Kopf raste eine Vielzahl von Gedanken herum, ein nicht eben untypisches Ergebnis eines Gespräches mit Dereks erstaunlicher Tochter.
    Warum hatte Nell ein »Vögelchen« erwähnt?

    Hatte sie sich etwa auf die erste Zeile des Drohbriefes – Achte auf das Vögelchen – bezogen und indirekt auch auf die brennende Turteltaube?
    Ich bezweifelte, dass Simon Nell das finstere Schreiben gezeigt hatte, was bedeutete, dass sie nur auf zweierlei Weise davon Kenntnis haben konnte. Entweder hatte es ihr der Verfasser gezeigt oder sie hatte es selbst zusammengeklebt.
    Dass sie Clumps erwähnt hatte, machte mich besonders unruhig. Nell hätte nur von Dereks kuscheligem Elefanten wissen können, wenn sie bereits vorher im Kinderzimmer gewesen war, ganz nahe bei den Kinderbüchern, aus denen wahrscheinlich die Buchstaben für die Drohbriefe

Weitere Kostenlose Bücher