Tante Dimity und der skrupellose Erpresser
Handschrift verblasste, als überprüfte Dimity noch einmal die Fakten, dann erschien sie wieder. Deine gesamte Argumentation beruht auf der Annahme , dass der anonyme Verfasser der Briefe Simon hasst .
»Nun … sicherlich«, sagte ich verwirrt. »Ich würde diese Briefe nicht gerade als Fanpost bezeichnen.«
Stell dir bitte einmal vor , dass der Briefschreiber Simon liebt . Stell dir vor , dass es sich um jemanden handelt , der um die Nachteile , Lord Elstyns Erbe zu sein , weiß und Simon davor schützen will .
»Was für Nachteile?«, fragte ich skeptisch.
Es kostet eine Unsumme , das Anwesen zu unterhalten . Wenn die Finanzen der Familie in Unordnung sind …
Ich unterbrach sie. »Es geht nicht um Geld.
Gina ist viel zu clever, um Simon mit einem lästigen Besitz zu belasten. Außerdem würde Simon Hailesham unter allen Umständen übernehmen.
Wie ich schon sagte, Dimity, er liebt diesen Ort –
und er ist reich wie ein Krösus.« Ich streichelte Reginalds weiche Ohren und starrte vor mich hin. Mir war ein ganz neuer Gedanke gekommen. »Oliver …«
Oliver?
»Ich überlege gerade.« Ich dachte an die nachdenklichen Worte, die Oliver beim Frühstück geäußert hatte. »Oliver liebt seinen Bruder, aber ich glaube, er weiß nicht, wie man Liebe ausdrückt. Er sagte zu mir, es sei ihm und Simon nicht gestattet worden, wie Freunde miteinander umzugehen.«
Leider hat Edwin in der Tat den Wettbewerb zwischen den beiden Brüdern angestachelt . Er wollte sie wohl auf den Konkurrenzkampf in der Schule und auf der Universität vorbereiten .
»Simon scheint Oliver leidzutun«, sagte ich.
»Als wir uns heute Morgen unterhielten, beschrieb er Simon als den perfekten Bruder, nannte ihn aber auch einen armen Kerl, so als sei es eine Last, perfekt zu sein.«
Es ist sogar eine unerträgliche Last , wenn sie einem einzelnen Menschen aufgebürdet wird . Ein vollkommener Mann kann seine Familie nicht um Hilfe bitten , wenn er in Schwierigkeiten steckt . Er muss so tun , als sei alles bestens , auch wenn er bedroht wird – oder sich eine schwere Verletzung zuzieht .
»Oliver sagte, dass Simon nur so tue, als sei er glücklich«, fuhr ich fort. »Und dass er keine Freunde habe, nur Geschäftspartner und Verbündete.«
Und was ist mit Simons Frau? Ist sie nicht seine Freundin?
Ich presste die Lippen aufeinander. »Ich habe die gleiche Frage gestellt, Dimity, und Oliver meinte, sie sei eben nur eine Verbündete, keine Freundin.«
Oje . Der arme Simon , in der Tat . Offenbar hat ihn sein Wunsch , sich den Vorstellungen seines Onkels zu fügen , in eine freudlose Ehe getrieben .
»Vielleicht versucht Oliver, ihm einen Ausweg zu zeigen«, vermutete ich. »Ich glaube nicht, dass Gina allzu erfreut wäre, wenn sich Simon ohne Erlaubnis von der Truppe, ich meine dem Familientreffen, entfernen würde. Das könnte in der Tat einen Keil zwischen sie treiben, vor allem wenn Gina Simon geheiratet hat, um sich Hailesham unter den Nagel zu reißen.«
Mit anderen Worten , Oliver könnte Simon bedrängen , um ihn aus einer unglücklichen Ehe zu befreien .
Ich nickte. »Du hast gesagt, dass Oliver als Kind oft hier gewesen ist. Er wird sicher auch wissen, wo das Benzin gelagert wird.«
Er kann auch ohne Aufsehen das Kinderzimmer oder Simons Zimmer betreten . Er könnte das Rasiermesser gefunden haben , und er kennt die Seitentüren und Hintertreppen .
»Oliver traf vor allen anderen auf Hailesham ein«, sagte ich. »Er hätte genügend Zeit gehabt, den Brief in Simons Zimmer zu platzieren und den Formbusch anzuzünden. Er war nicht mit reiten und ist nach dem Frühstück nach oben gegangen. Vielleicht hat er dort den zweiten Brief geschrieben und ihn in Simons Zimmer gelegt, bevor der von den Ställen zurückkam.«
Es scheint , als müsse man sich Oliver etwas genauer anschauen . Ich schätze , dass das Rasiermesser ein guter Start für deine weiteren Nachforschungen sein könnte , auch wenn ich wünschte , du hättest es im Kinderzimmer gelassen .
»Wieso?«, fragte ich.
Wenn der Briefschreiber sein Fehlen bemerkt , ist er gewarnt . Ich fürchte , er könnte sich entscheiden , nun direkter gegen Simon vorzugehen –
oder gegen dich .
»Oliver versucht seinem Bruder zu helfen«, protestierte ich. »Er könnte nie jemandem ein Leid zufügen.«
Du bist dir selbst schon wieder einen Schritt voraus , Lori . Wir wissen ja gar nicht , ob Oliver der Übeltäter ist , wir müssen nur davon ausgehen , dass es in diesem Haus
Weitere Kostenlose Bücher