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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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ausschied.
    Lass mich mal sehen, wo hab ich das hingelegt?«
    Während Emma ihre Notizen durchsuchte, starrte ich aus dem Fenster. Wir fuhren jetzt durch eine weite, offene Landschaft. Der heckengesäumte Flickenteppich Südenglands hatte aufgehört und den weiten Flächen der Midlands Platz gemacht.
    Große goldgelbe Felder mit Gerste, Mais und wogendem Weizen erstreckten sich bis zum Horizont.
    Ich heftete den Blick auf eine Staubwolke, die hinter einem Mähdrescher aufstieg, und wünschte, dass mein Puls sich nicht jedes Mal beschleunigen würde, sobald jemand Gerald erwähnte.
    »Hier, ich hab’s«, sagte Emma. »Es gibt ein Gerücht, dass Gerald sich bei der Zahlung eines Klienten um ein paar Kommastellen vertan hatte.
    Das Geld wurde zurückgezahlt und die Sache vertuscht, aber das Timing war schlecht. Die Firma hatte gerade diese schwierige Phase durchgemacht, von der ich dir erzählte, und man hatte wohl Angst, dass ein weiterer Skandal das Ende sein würde.«

    »Er stand zu der Zeit stark unter Druck«, murmelte ich.
    »Was war das? Sprich lauter, Lori, ich hab das eben nicht verstanden.«
    »Ich sagte, dass Lucy stark unter Druck steht«, sagte ich schnell. »Es ist schade, dass Gerald gehen musste. Sie hätte seine Hilfe gebrauchen können.«
    Nell erinnerte mich daran, Emma um Informationen über Sybella Markham zu bitten, und das führte dazu, dass ich Emma unseren Besuch bei Onkel Williston beschrieb. Emma war sprachlos, als sie hörte, dass Douglas und Sybil tot waren.
    »Du lieber Himmel!«, rief sie. »Davon hat mir niemand ein Wort gesagt.« Nach einer kleinen Pause sagte sie nachdenklich: »Vielleicht liegt es daran, dass sie in Kanada gestorben sind. Hier kümmert sich doch niemand groß darum, was dort drüben passiert.«
    »Unter diesen Umständen wundert es mich nicht, dass die Familie die Angelegenheit so gut es geht zu verschweigen versucht«, meinte ich.
    »O Lori …« Emma seufzte. »Wenn ich mich heute nicht dringend meinen Stangenbohnen widmen müsste, würde ich mich ins Auto setzen und mit dir um die Wette zu Tante Anthea fahren. Ich höre immer nur von diesen Leuten. Du lernst sie kennen .«

    »Ich werde sie alle zu einem Familientreffen in mein Haus einladen«, versprach ich, und es war nur halb scherzhaft gemeint. Es wäre schon interessant, zu sehen, wie meine kluge, vernünftige Freundin auf Arthur, Lucy, Onkel Williston und –  natürlich ganz besonders – auf Gerald reagieren würde.

21
    ICH VERSUCHTE ERNEUT, Bill anzurufen, jedoch immer noch vergeblich. Wir ließen Doncaster, Pontefract und Leeds hinter uns und bogen östlich nach York ab, dann nach Nordosten und in Richtung Pickering. Als es zwei Uhr wurde, waren die offenen goldenen Kornfelder hohen, steilen Bergen gewichen, die den Blick zum Horizont verwehrten. Die Straßen, von kleinen Wäldern beschattet, zogen sich durch enge Täler dahin, und kleine, mittelalterliche Brücken aus grauem Stein überspannten gewundene Bäche, die schnell und eiskalt dahintobten. Wir waren am Südrand der Hochmoore von Yorkshire angekommen.
    Das Dörfchen Lastingham lag etwa sechs Meilen hinter Pickering. Es war ein hübscher Ort, ein Häuflein grauer Steinhäuser zwischen alten, Schatten spendenden Bäumen an einem kleinen Fluss.
    Laut Pauls Autoatlas war die Pfarrkirche im siebten Jahrhundert vom heiligen Cedd gegründet worden, der Bischof und Missionar von Northumberland war und jetzt unter der Krypta begraben lag. St. Marien war ein Pilgerort, von dem ich mich wie von einem Magneten angezogen fühlte, aber sowie Paul den Wagen an der breitesten Stelle der Hauptstraße geparkt hatte, zog Nell mich in Richtung des Blacksmith’s Arms .
    »Mittagessen und Informationen sind wichtiger als Besichtigungen«, mahnte sie leise.
    Natürlich hatte sie Recht. Tante Dimity hatte uns Antheas Adresse mit der üblichen Unbekümmertheit mitgeteilt, daher fehlten uns wichtige Einzelheiten. Im Pub würden wir zweifellos alles Nötige erfahren, und essen konnten wir hier auch.
    Sehr zu meiner Überraschung gesellte sich Paul an der Tür des Pubs zu uns. Einen kurzen wunderbaren Augenblick lang dachte ich schon, er habe seine feste Vorstellung von »Schicklichkeit« endlich aufgegeben, aber leider hatte auch diese Entscheidung nur wieder mit den Regeln des Anstands zu tun. Es schickte sich nicht für Damen, so informierte er uns, in einem Pub einfach Fremde anzureden. Wenn wir es bitte ihm überlassen wollten, dann würde er die schwerwiegende

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