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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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wäre es ganz normal, dass alles über Bord geschmissen wird. Das kannst du nicht machen!«
    Inge hatte sich den Ausbruch ihrer Nichte ungerührt angehört. Dann nahm sie ihr Glas und trank es langsam leer. Nachdem sie es wieder abgestellt hatte, schaute sie Christine an.
    »Du hast manchmal einen unmöglichen Ton am Leib. Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
    »Tante Inge. Bitte.« Christine bemühte sich, freundlich zu klingen.
    »Wie auch immer«, fuhr Inge fort, »erstens: Ich bin sehr traurig, dass Anna Nissen gestorben ist. Zweitens: Was zu regeln ist, weiß ich auch noch nicht. Anna Nissen war alleinstehend, da kümmert sich sonst niemand drum. Und drittens: Ich erzähle keine Räuberpistolen. Erwarten Leute in deinem Alter eigentlich, dass wir Älteren einfach still in einem Sessel sitzen, bis wir zur Seite wegkippen? Glaubt ihr, dass wir mit allem durch sind? Nein, mein Kind, das sind wir noch lange nicht. Es gibt noch eine ganze Menge Dinge, die ich unbedingt noch machen will, bevor ich abtrete. Und die werde ich auch alle tun. Und wenn ich das alleine machen muss, dann ist es eben so. Also, erzähl mir nicht, was ich tun darf und was nicht. Ich habe noch ein paar Jahre vor mir und die sollen fabelhaft werden. So!«
    Sie wartete gespannt auf die Reaktion ihrer Nichte. Hatte sie zu viel verraten? Christine kratzte sich gedankenverloren am Knie; an der Stelle, wo sie den Schorf gelöst hatte, fing es an zu bluten.
    »Pass auf, dass du die Liege nicht einsaust. Blutflecken kriegt man nie mehr raus.« »Oh«, Christine verwischte die Stelle mit Spucke, »habe ich gar nicht gemerkt.«
    Nachdenklich ließ Christine ihren Blick durch den Garten wandern. Die alte Frau Nissen hatte ihr Leben lang als Lehrerin gearbeitet und fast immer allein gelebt. Irgendwas war vor Jahren mit einer Tochter, die gestorben war, aber das bekam sie nicht mehr zusammen. Frau Nissen hatte viele kleine Reisen unternommen, Bridge gespielt und war jeden zweiten Tag ins »Cafe Wien« zum Mittagessen gegangen. Sie hatte immer am selben Tisch am Fenster gesessen, das Stammessen gegessen und dabei die 'Süddeutsche Zeitung« gelesen. Von vorn bis hinten, nach zwei Stunden war sie wieder gegangen. Christine hatte sie oft dabei gesehen. Sie sah zu ihrer Tante, die in Richtung der Gartenpforte starrte und jetzt die Augenbrauen hob.
    »Der hat mir gerade noch gefehlt.«
    Heinz stellte umständlich sein Fahrrad an den Zaun. Christine wandte den Blick wieder zu Inge.
    »Hat Frau Nissen was damit zu tun, dass du dein Leben verändern willst?«
    »Hör auf, dein Vater kommt.«
    Heinz hatte beide entdeckt, hob leicht die Hand und kam auf sie zu. Inge setzte sich aufrecht hin und seufzte ergeben.
    »Na, ihr beiden? Ich bin gerade zufällig vorbeigekommen und habe Christines Auto gesehen. Wie geht es euch denn so?« Heinz setzte sich neben seine Schwester und musterte sie aufmerksam. »Du siehst noch ein bisschen blass aus. Alles in Ordnung? Möchtest du darüber reden?«
    »Papa, ich ...«
    »Christine, ich spreche mit meiner Schwester. Geh doch mal gucken, was Petra macht. Früher habt ihr doch öfter zusammengehockt. «
    »Christine hat auf Petra aufgepasst. Da waren die Mädchen zehn und zwei.« Inges Antwort klang ungeduldig. »Und was heißt, du bist zufällig vorbeigekommen? Fährst du jetzt über Kampen zum Bäcker? Was willst du?«
    Ihr Bruder legte seiner Schwester die Hand auf die Schulter. »Ingelein, ich wollte doch nur wissen, was gestern los war. Du warst so furchtbar, wie soll ich sagen, so anders jedenfalls.«
    »Papa, das böse Wort heißt besoffen.«
    »Christine! Du solltest lieber ganz ruhig sein. Und in dem Ton redest du nicht über deine Tante.«
    »Ich ...«
    »Du bist jetzt...«
    »Christine und Heinz!«, fauchte Inge beide an. »Es langt. Ich habe gar nicht so viel getrunken, ich konnte nur diesen Cocktail nicht ab, der hat mich etwas, nun ja, ausgelassen gemacht. Und außerdem war ich aufgeregt, weil ich ... also wegen Till und seiner Mutter und überhaupt. Ist auch egal. Da muss man jedenfalls keinen Staatsakt daraus machen, Himmel, noch mal! Ich habe keine Lust mehr, darüber zu reden. Und jetzt gehe ich duschen und dann fahre ich nach Wenningstedt, da habe ich nämlich eine Verabredung.«
    »Mit wem denn?« Heinz war gleichzeitig mit ihr aufgestanden und sah mit seinem gütigsten Gesicht auf seine kleine Schwester herab.
    »Kennst du nicht.« Inge schob ihren Bruder zur Seite. »Ich melde mich bei euch. Bis später.«
    Mit

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