Tante Inge haut ab
doch gesagt, Erschrecken reicht.«
Christine war bereits an der Tür und schloss auf. Doch irgendetwas Großes versperrte den Eingang. Sie stemmte sich dagegen.
»Johann, hilf doch mal.« Er drückte mit, gemeinsam schafften sie es, einen kleinen Spalt aufzuschieben. »Da liegt was.«
»Toll, das merke ich auch.« Christine fing an zu rufen: »Papa? ... Mama?« Niemand antwortete.
»Es ist jedenfalls keine Leiche.« Skeptisch äugte Johann durch den Spalt. »Das ist silbrig. Vielleicht eine Meerjungfrau?« Leise fing er an zu lachen.
Christine funkelte ihn an. »Sei nicht albern. Ich versuch es mal hinten.«
Sie ging um das Haus herum. In der Hintertür steckte von außen der Schlüssel, sie rief nach Johann.
»Johann. Komm, hier ist offen.«
Sie gingen den Flur entlang auf die Küche zu, aus der Walters triumphierende Stimme drang: »Dreierpasch. Ha! Da guckt ihr aber.«
»Guten Abend.« Christine blieb im Türrahmen stehen, Johann hinter ihr. »Was liegt denn hinter der Haustür? Sie geht nicht auf.«
»Christinekind!« Walter strahlte sie an. In der Hand hielt er einen Würfelbecher, vor ihm stand ein Bier, daneben waren sehr akkurat Münzen in drei Türmchen gestapelt. »Ich bin am Gewinnen. Du musst deinem Vater fünf Euro leihen, er hat nämlich nichts mehr auf der Naht. Wer ist denn das da hinter dir? Wohl dein neuer Freund, was? Kommen Sie ruhig rein, wenn Sie Geld dabeihaben, können Sie gleich mitkniffeln.«
Heinz, dessen Zungenspitze hektisch über die Unterlippe fuhr, hatte unterdessen konzentriert eine Zahlenreihe durchgerechnet. »1,70 Euro. Walter, du schummelst. Und du hast noch nicht einmal gezahlt.«
»Johann, das ist mein Onkel Walter, der Mann von Tante Inge. Wo ist sie eigentlich ?«
»Im Bett. Die Glückliche.« Mit unergründlichem Blick wickelte Charlotte ein Duplo aus und schob es in den Mund. »Nimm dir ruhig Schokolade, wir haben genug.« »Das kann man wohl sagen«, Walter deutete auf einen Karton auf dem Schrank, »Gastronomiepackung. Da bekommst du fünfzehn umsonst. Habe ich in der Metro gefunden, die bringe ich jetzt immer als Gastgeschenk mit.«
»Nein danke.« Interessiert versuchte Christine anhand des Papierhaufens die Schokoladenriegel abzuschätzen, die ihre Mutter im Laufe des Abends schon in sich reingestopft hatte. Es waren sehr viele.
»So.« Vorsichtig schob Onkel Walter seine Münzentürme zusammen. »Kniffein wir noch eine Runde?«
»Mir ist schlecht.« Langsam stand Charlotte auf und drückte eine Hand auf den Magen. »Haben wir noch irgendwo Kompensan?«
»Im Badezimmerschrank. Wo es hingehört.« Unbeirrt rechnete Heinz weiter, Walter kontrollierte von der Seite. »Neun minus sieben ist zwei, hier stimmt es nicht. Ich habe noch mehr gewonnen, 1,90. Siehst du, mein Lieber, ich hatte das doch im Gefühl.«
Christine ließ ihre Mutter vorbei. »Was liegt denn nun im Flur ? Genau vor der Tür ?«
»Mein Rucksack.« Walter schüttelte den Würfelbecher in beiden Händen und lächelte vergnügt. »Ganz tolles Teil. Habe ich geliehen. Da geht Kleidung für vier Wochen rein. Das Waschzeug ist in einer extra Seitentasche. Und für Unterlagen und so gibt es noch Innentaschen mit Reißverschlüssen. Guck ihn dir ruhig an.«
»Hat er wirklich vier Wochen gesagt?«, murmelte Charlotte hinter Johanns und Christines Rücken. Mit einer Tablettenschachtel in der Hand war sie unbemerkt zurückgekommen. »So viel Duplo kann ich niemals essen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um in die Küche zu schauen. »Ich gehe ins Bett. Gute Nacht. Walter, das Bettzeug liegt schon auf dem Sofa.«
»Nacht.«
»Nacht.« »Und ihr, Christine?« Ungeduldig schaute Heinz hoch. »Entweder ihr kniffelt mit, oder ihr geht ins Bett. Dieses Rumstehen in der Tür macht mich ganz nervös.«
»Nacht, Papa, Nacht, Onkel Walter«, Christine zog Johann entschlossen am Pullover, »wir sind müde. Viel Spaß noch.«
Statt einer Antwort ließ Walter den Würfelbecher auf den Tisch knallen.
Während Johann sich die Zähne putzte, klopfte Christine leise an die Schlafzimmertür ihrer Eltern.
»Ich schlafe schon.«
Christine öffnete langsam die Tür.
»Du lügst. Du liest.«
Charlotte ließ das Buch sinken und lehnte sich zurück. »Ich wusste ja nicht, wer klopft. Komm rein, aber sei leise. Wenn Papa und Walter uns hören, haben sie wieder Angst, etwas zu verpassen, und nehmen ihr Bier mit hoch.«
»Waren sie noch nicht bei Inge?«
»Doch.« Sie wartete, bis Christine sich auf den
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