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Tante Lisbeth (German Edition)

Tante Lisbeth (German Edition)

Titel: Tante Lisbeth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Herr, der seine Schwerhörigkeit so gelassen trug, wurde schweigsam. Er fürchtete, daß sein Haus eines Tages der Baronin und ihrer Tochter als Zufluchtsstätte dienen werde, und hielt ihnen darum den ersten Stock frei.
    Es war so bekannt, daß der Graf von Pforzheim wenig vermögend war, daß der Kriegsminister Fürst von Weißenburg seinen alten Kriegskameraden überredet hatte, eine Einrichtungsentschädigung anzunehmen. Hulot hatte sie dazu verwandt, das Erdgeschoß auszustatten. Während der Kaiserzeit hatte das Haus einem Senator gehört. Die Salons im Parterre waren pompös ausgeschmückt (alles in Weiß und Gold) und noch immer in gutem Zustande. Der Marschall hatte gutes altes passendes Mobiliar gekauft. Im Wagenschuppen hielt er einen Wagen, auf dessen Schläge gekreuzte Marschallstäbe gemalt waren; aber Pferde mietete er nur, wenn er in Gala in das Ministerium, zu Hoffesten oder sonstigen Feierlichkeiten fahren mußte. Seit dreißig Jahren hatte er denselben Diener, einen ehemaligen Soldaten, der nunmehr sechzig Jahre alt war. Die Schwester des Dieners war als Köchin gleichfalls mit im Hause. Was sich der Graf gespart hatte, sollte dermaleinst Hortense erben.
    Alltäglich machte der alte Herr einen Spaziergang über den Boulevard von der Rue du Mont-Parnasse nach der Rue Plumet. Kein Invalid, der ihn sah, verfehlte, Front vor dem Marschall zu machen, und Hulot dankte jedem mit einem leutseligen Gruße.
    »Wer ist denn das, vor dem du dich da so in Parade aufstellst?« fragte eines Tages ein junger Arbeiter einen alten invaliden Hauptmann, der eben vor dem Marschall Front gemacht hatte.
    »Das will ich dir gleich sagen, du Lausejunge!« brummte der Offizier.
    Der Arbeiter stellte sich vor ihn hin, wie um einem Schwätzer zuzuhören. Der Invalid erzählte:
    »Im Jahre 1809 marschierte unser Regiment als Seitendeckung in der Flanke der Großen Armee, die der Kaiser gegen Wien führte. Wir standen vor einer Brücke, die von drei etagenweise hinter Schanzen schießenden Batterien verteidigt wurde. Wir standen unter dem Kommando des Marschalls Massena. Der, den du eben gesehen hast, der war damals Oberst der Gardegrenadiere. Ich war auch Gardegrenadier. Unsere Kolonnen besetzten das diesseitige Flußufer. Die Schanzen standen drüben auf dem andern. Dreimal versuchte man den Sturm auf die Brücke. Dreimal vereitelten die donnernden Kanonen alles. Da befahl der Marschall: »Hulot vor die Front! Der und kein anderer kommt mit seinen Kerlen hinüber!« Wir kamen vor. Der General, der beim letzten Angriff von der Brücke zurückgeschlagen worden war, hielt unsern Hulot im Feuer auf und wollte ihm gute Ratschläge geben. Er versperrte uns den Weg. »Ratschläge brauche ich keine«, rief ihm der Oberst in ruhigem Tone zu, »aber Platz zum Vorgehen!« Er war der erste auf der Brücke. Und dreißig Kanonen begannen gegen uns zu brummen!«
    »Donnerwetter«, rief der Arbeiter, »das gab einen Haufen Stelzfüße!«
    Der Invalide fuhr fort:
    »Wenn du wie ich jene gelassenen Worte gehört hättest, mein Junge, dann würdest du deinen Hut vor dem Manne bis zur Erde ziehen! Die Geschichte ist nicht so bekannt wie die an der Brücke von Arcole, aber sie ist genauso schön. Im Laufschritt sind wir, Hulot voran, über die Brücke marschiert und haben die Schanzen gestürmt. Ehre denen, die damals geblieben sind!« Der Offizier nahm seinen Hut ab. »Die »Kaiserlichen« waren baff vor Erstaunen, und der Kaiser hat den Alten da zum Grafen von Pforzheim ernannt. Damit ehrte er das ganze Regiment. Er hat seinen Marschallstab schon damit reichlich verdient.«
    »Es lebe der Marschall!« brüllte der Arbeiter.
    »Brülle nur! Den Marschall hat der Kanonendonner taub gemacht!«
    Diese Anekdote mag die Hochachtung kennzeichnen, mit der die alten Soldaten der Kaiserzeit dem Grafen begegneten. Auch sein unwandelbares Republikanertum war volkstümlich.
    Der Kummer, der sich jetzt in die friedsame ehrliche edle Seele geschlichen hatte, war betrüblich anzusehen. Die Baronin bot alle ihre Frauenschlauheit auf, um ihrem Schwager die volle gräßliche Wahrheit zu verheimlichen.
    Gerade an diesem unseligen Vormittag hatte der Marschall, der wie alle alten Männer wenig schlief, der Tante Lisbeth – auf ihre Geständnisse über die Lage seines Bruders hin und zum Lohn für ihre Indiskretion – versprochen, sie zu heiraten. Die alte Jungfer hatte sich jene vertrauliche Mitteilung zu ihrer unbändigen Freude entlocken lassen.
    »Bei deinem

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