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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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sagen.«
    »Was?«
    »Rate mal, mit wem ich letzte Woche zum Abendessen aus war.«
    »Den New England Patriots.«
    »Sehr witzig. Nathan Nash.«
    »Ach, ehrlich? Wie geht es ihm?«
    »Er lebt sich langsam ein und fühlt sich einsam. Wir hatten einen schönen Abend, rein freundschaftlich. Wir haben uns stundenlang unterhalten.«
    »Sei nur ja nett zu ihm, Priscilla. Er ist einer meiner Lieblingsmenschen.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Ich zuckte mit den Schultern und war froh, dass wir in diesem Moment den Park erreichten. »Ist er auch hier?«
    Priscilla schaute zur überdachten Tribüne hinüber. »Sein Sohn spielt in der Schulmannschaft, also wird er wohl irgendwo hier sein.«
    Ich folgte meiner Schwester, die den Blick über die Menge schweifen ließ. Wir suchten uns Plätze in der obersten Reihe, und sie suchte die Tribüne nach Nathan Nash ab.
    Mickeys Softballmannschaft, die Loopers, bestand aus den Geschäftsleuten und Ladenbesitzern am Brinley Loop. Sie galt als haushoher Favorit in diesem Turnier. Die Midlothian Brainiacs waren eine gemischte Schüler-Lehrer-Mannschaft meiner Schule, zum Heavenly Choir Team hatten sich die Geistlichen sämtlicher Konfessionen in Brinley zusammengetan, und die Come Back Kids waren längst aus dem Ort weggezogen, kamen aber stets an diesem Wochenende nach Hause.
    Ron spielte Werfer bei den Loopers, Lily Fänger und mein Mickey Shortstop. Sie trainierten schon seit Wochen, und ihre Übungsspiele hatten meinen Mann einigermaßen bei der Stange gehalten, obwohl seine störrische Laune die Mannschaft einen verdammt guten First Baseman gekostet hatte. Ron und Jared waren ständig damit beschäftigt, Feuerwehr zu spielen.
    Ich schaute zu Lily hinüber. Sie schwang einen Schläger, der beinahe so viel zu wiegen schien wie sie. Das riesige Mannschafts-T-Shirt hing ihr fast bis auf die Knie, und Ron erteilte ihr ein paar letzte Ratschläge – vielleicht war es auch andersherum. Sie blickte zu Priss und mir hoch und winkte. Ich hob die Hand und reckte den Daumen in die Höhe.
    Das Turnier begann mit der Nationalhymne, gesungen von Muriel Piper und Oscar Levine, den angeblich ältesten in Brinley geborenen Einwohnern. Danach gab es aufmunternde Pfiffe und Applaus, viele scherzhafte und ein paar ernstgemeinte Wetten wurden auf unsere Favoriten gesetzt. Ich war natürlich für meine geliebten Loopers, eigentlich aber ziemlich sicher, dass das Midlothian-Team gewinnen würde. Als die erste Paarung ausgelost wurde und die Loopers das Spielfeld betraten, sah ich zu, wie meine Familie und Freunde ihre Positionen einnahmen.
    Mickey drehte seine Baseballkappe mit dem Schirm nach hinten und wurde ernst. Er sah fantastisch aus in seinem Mannschaftsdress. Wenn man ihn so sah, hätte man nie vermutet, auf wie dünnem Eis sich seine geistige Gesundheit bewegte. Er hielt sich selbst noch für völlig in Ordnung, und es war verstörend, wie sehr er davon überzeugt war, dass die anderen ihm aus allen möglichen Gründen misstrauten. Leider betraf diese Paranoia auch mich und Gleason. Mickey wünschte sich nichts so sehnlich, wie fröhlich über die Realität unserer Lage hinwegzufliegen, und größtenteils tat er genau das. Ich hatte seine Medikamente gefunden und festgestellt, dass er weniger Valproat nahm als verschrieben, während vom Fluoxetin viel zu viel fehlte – wenn er nicht gerade sehr deprimiert war, schob Prozac ihn meistens in Richtung Hypomanie. Als ich ihn danach gefragt hatte, hatte er mich angefahren. Später hatte er sich entschuldigt, aber nicht zugegeben, dass er in solchem Ausmaß an seiner Gehirnchemie herumspielte – bis zu einem Punkt, an dem so gut wie alles passieren konnte. Ich beobachtete meinen Mann in seinen etwas sackartigen Shorts und dem Loopers-T-Shirt. Er schlug mit der freien Faust in seinen Handschuh und grinste mich quer über das Spielfeld hinweg an, und ich staunte darüber, wie normal er wirkte. Er winkte mir zu, und ich warf eine Kusshand übers Spielfeld.
    »Nein, wie niedlich«, bemerkte Priss sarkastisch.
    Die Pfeife schrillte, und das Spiel begann. Das Heavenly Choir Team kassierte nach nur einem armseligen Punkt einen Strikeout. Die ersten drei Loopers schafften jeder eine Base, und dann gelang Mickey der erste Homerun für seine Mannschaft. Das brachte ihnen satte vier Punkte. Lily war als Nächste dran, und Priss und ich feuerten sie johlend und pfeifend an. Sie zielte auf die kurzsichtige Gladys Finney, die Sommerkurse in Religion abhielt.

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