Tanz auf Glas
Gladys duckte sich, verfehlte den Ball, und Lily schaffte es über die zweite Base, ehe das alte Mädchen ihn eingefangen und zurückgeworfen hatte.
Von da an ging es für den Klerus steil bergab, und die Loopers gewannen das Spiel 13 : 5 , womit das Heavenly Choir Team aus dem Turnier ausschied. Mickey kam kurz zu mir auf die Tribüne, um sich die verdiente Belohnung abzuholen. Ich küsste ihn ab, und Priss bedachte ihn mit einem wohlwollenden Lächeln. Eine hübsche Frau mit einem dicken Pferdeschwanz zwei Reihen weiter unten musterte meinen Mann anerkennend.
Als Nächstes traten die Loopers gegen die Brainiacs an, ein langes Kopf-an-Kopf-Rennen. Mir wurde allmählich heiß und unwohl, und ich zappelte so herum, dass Priscilla schließlich fragte, weshalb ich so unruhig sei. Es wunderte mich, dass es ihr überhaupt aufgefallen war, da sie inzwischen Nathan ein paar Reihen weiter entdeckt hatte. Die beiden warfen verstohlene Blicke hin und her wie zwei Teenager im Englischunterricht.
Die Loopers trugen knapp den Sieg davon, und die Zuschauer machten sich auf den Weg zu den Imbissständen. Priss und ich warteten vor der Tribüne auf Mickey, Ron und Lily, als Nathan zu uns stieß. Er umarmte mich zur Begrüßung.
»Du siehst gut aus, Lucy«, behauptete er. Da ich mich entsetzlich fühlte, nannte ich ihn einen Lügner.
Ich war froh um die Pause, denn ich hatte zu lange in der Hitze auf der harten Tribünenbank gesessen. Also bat ich Mickey, mich zu meinem Auto zu bringen.
»Bist du sicher, Schatz? Vielleicht brauchst du nur etwas zu essen.«
»Nein, ich bin müde. Ich muss mich hinlegen. Aber ich komme gegen Abend wieder, dann können wir alle zusammen essen. Wie wäre das?«
Er küsste mich, aber die Geste kam nicht von Herzen.
»Tut mir leid, Liebling. Sei mir nicht böse.«
»Ich bin dir nicht böse, Lu. Ich dachte nur, wir könnten heute mal ein bisschen Spaß haben.«
»Haben wir doch. Du hast toll gespielt. Ich ruhe mich nur etwas aus, dann komme ich wieder und wir machen uns einen tollen Abend.«
»Wenn du meinst«, sagte er und nahm mich auf die Arme. »Dann will ich meine müde kleine Frau mal ins Bett bringen.«
Mickey setzte mich an meinem Auto ab. »Ruf mich an, wenn du wieder wach bist, Lu. Dann machen wir aus, wo wir uns treffen.« Ich küsste ihn auf den Mund, aber er schmeckte seltsam.
Als ich nach Hause fuhr, dachte ich nur noch an Schlaf. Bis ich das Haus betrat, hatte ich mir eingeredet, dass ich nur ein kurzes Nickerchen auf dem Sofa brauchte. Ich legte mich hin und musste auf einmal an das vergangene Frühjahr und Mickeys Versprechen denken, zu meinem Geburtstag mit mir nach Hawaii zu fliegen. Nächste Woche würde ich vierunddreißig werden, und ich glaubte nicht mehr an Hawaii. Doch während ich so dalag, kam mir der Gedanke, wie schön es wäre, in ein Flugzeug zu steigen. Einfach nur zum Flughafen fahren und einsteigen. Ich wusste, dass Jared Mickey sogar ermuntern würde, sich ein wenig freizunehmen. Ich konnte doch mit Gleason über seine Medikamente sprechen, und wenn er Mickeys Plan etwas hinzufügen wollte, würde ich es abholen. Mickeys Neurochemie würde sich an einem sonnigen Strand auf Waikiki genauso stabilisieren wie hier. Ich griff zum Telefon. Warum sollten wir das nicht machen? Er hatte es mir versprochen. Und ein andermal würde es nicht geben.
Ich fuhr aus dem Schlaf, als es an der Haustür klingelte. Lange Schatten reckten sich durch das Wohnzimmer, und ich brauchte ein paar Augenblicke, um mich zu orientieren. Ich richtete mich auf, steif vom schiefen Liegen auf der Couch. Es war Viertel vor sechs, und ich hatte geschlafen wie eine Tote.
Ich stand auf und taumelte zur Tür. Es war Charlotte Barbee, und dieses Lächeln kannte ich – es war das leicht besorgte. Ich gähnte.
»Hallo«, sagte ich.
»Hallo, Liebes. Ich habe dein Auto draußen gesehen, und da dachte ich, ich bringe dir diese Vitamine gleich vorbei. Sie sind gestern gekommen, und ich möchte, dass du sofort damit anfängst.«
»Komm rein. Ich hatte mich nur ein bisschen hingelegt.«
»Ich weiß. Ich habe vorhin Lily getroffen. Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.«
»Ist schon gut. Ich habe sowieso zu lange geschlafen.« Charlotte folgte mir in die Küche, und ich bot ihr einen Eistee an. Sie lehnte ab, doch ich nahm mir selbst einen, und wir setzten uns an den Tisch. Ich schraubte den Behälter auf, den sie mitgebracht hatte, und ließ eine Vitaminpille in meine Handfläche
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