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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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verängstigt, dass ich ihr beinahe zugerufen hätte, sie solle bitte bleiben. Ich wusste, was das bedeutete, und wappnete mich gegen den plötzlichen Schmerz hinter den Rippen. Doch bald merkte ich, dass es diesmal etwas anderes war. Das war keine Atemnot. Es fühlte sich an, als zerrissen Muskeln. Der Anfall brannte sich mit sengender Hitze mitten durch mich hindurch, bis ich mich krümmte. Hilflos und mit angehaltenem Atem wand ich mich in seinem Griff.
    Ich war diesem grässlichen Schmerz ausgeliefert, bis er endlich erlahmte wie eine Faust, die sich allmählich lockert. Ich trank etwas Wasser und tupfte mir mit der Serviette den Schweiß vom Gesicht. Wenn ich jetzt im Auto gesessen hätte, wäre ich verunglückt. Dabei hatte ich mich den ganzen Vormittag über so gut gefühlt. Jetzt hingegen fühlte ich mich wie verraten und war wütend. Und ich wusste, was dieser Anfall bedeutete. Ich kramte in meiner Handtasche nach den Pfefferminzdrops, die das Brennen in der Kehle meistens linderten. Langsam atmete ich ein, noch langsamer wieder aus, und bald war meine Atmung wieder normal. Aber ich fürchtete mich noch davor, Auto zu fahren, also lehnte ich mich zurück und wartete ab, bis ich es mir wieder zutraute.
    Als ich etwa eine Stunde später endlich in meine Einfahrt abbog, war ich so erleichtert, dass ich hätte weinen mögen. Zum Glück war von Mickey nichts zu sehen, also brauchte ich kein fröhliches Gesicht aufzusetzen. Ich ging schnurstracks nach oben, um mich hinzulegen, und im Schlafzimmer griff ich als Erstes nach dem grünen Sauerstofftank, der bislang nur in der Ecke gestanden hatte. Er sah aus wie eine Rakete, alt und angeschlagen – etwas, das man in ein Geschütz laden und auf einen Feind abfeuern würde. Das war wohl ein passendes Bild.
    Ich schloss den Schlauch am Ventil an, zog ihn mir vors Gesicht und klemmte ihn hinter die Ohren. Nachdem ich mir die winzigen Stutzen in die Nasenlöcher gesteckt hatte, drehte ich den Regler bis zum angeordneten Wert hoch und ließ mich aufs Bett sinken. Ich war so froh, zu Hause zu sein! Auf zwei Kissen gelagert und an diese unsichtbare Lebenskraft angeschlossen, drängte ich mich zum Schlafen, doch mein Herz raste immer noch. Nachdem ich eine halbe Stunde darauf vergeudet hatte, auf einen weiteren Hustenkrampf zu warten, schleppte ich mich nach unten – ich wollte etwas zu tun haben, an etwas anderes denken.
    In der Küche übte ich gründlich meine Erklärung für Mickey ein, dann buk ich ihm einen Kuchen. Als er mit Grillhähnchen zur Tür hereinkam, hatte ich schon den Tisch gedeckt und die Kerzen angezündet, und ich fühlte mich viel besser. Er begrüßte mich mit einem seltsamen kleinen Lächeln.
    Ich küsste ihn und fragte, wo er den ganzen Nachmittag gewesen sei. Er grinste nur.
    »Erzählst du es mir jetzt, oder soll das eine Überraschung werden?«
    »Später«, entgegnete er, immer noch lächelnd.
    »Eine Überraschung also, ja?«
    »Du wirst schon sehen.«
    Grinsend legte ich Grillhähnchen und Kartoffeln auf zwei Teller, goss den Bratensaft in eine Sauciere und füllte zwei Gläser mit Eis. Ich ließ mir Zeit dabei, denn ich geriet rasch außer Atem, und beim Essen wollte ich den Sauerstoffschlauch nun wirklich nicht anlegen. Als alles auf dem Tisch stand, schaltete ich das Deckenlicht aus und setzte mich. Es fühlte sich gut an, das Sitzen.
    Mickey starrte mich eine ganze Weile lang im Kerzenschein an. »Du bist wunderschön, mein Liebling.«
    »Ich habe mich im Spiegel gesehen, und du bist ein miserabler Lügner.« Ich beugte mich trotzdem vor und küsste ihn.
    »Ich liebe dich, Lu.«
    »Gleichfalls, Michael.«
    Mickey biss in einen Hähnchenschenkel. »Und, hast du dich heute Nachmittag schön ausgeruht?«
    »Nein. Weißt du was? Ich habe Harry besucht.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Gut. Ich habe mit ihm über eine Adoption gesprochen.«
    Mickey sah mich stumm an.
    »Eine Dreierkonstruktion.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Ich legte meine Gabel beiseite. »Ich denke schon seit unserem Gespräch neulich Abend darüber nach. Und Harry hat gesagt, das sei sehr unüblich, aber nicht unmöglich.«
    Mickey beugte sich vor. »Ich bin ganz Ohr.«
    »Du, Ron und Lily werdet das gemeinsame Sorgerecht für unsere Tochter haben.« Ich hielt den Atem an und beobachtete Mickey im Kerzenschein. Als er nichts sagte, nahm ich seine Hand. »Was hältst du davon?«
    »Ich will nicht darüber reden, Lu.«
    »Ich weiß, Schatz, aber es muss sein. Das ist doch

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