Tanz auf Glas
ein König, natürlich verheiratet mit der Königin, die unbeschreiblich schön war. Sie erwachte jeden Tag mit einem verzauberten Lächeln auf den Lippen, was ihre königliche Abstammung ganz zweifellos bewies.
Der König und seine Königin waren umso glücklicher, als sie mit drei grünäugigen Töchtern gesegnet waren. Die drei Mädchen mit den Smaragdaugen waren unvergleichlich liebreizend: Prinzessin Priscilla, Prinzessin Lilianne und Prinzessin Lulu.
Die Worte verschwammen mir vor den Augen, als ich Dads Kosenamen für mich las.
Das Herz des Königs jubelte, als die erste Prinzessin – Priscilla – geboren wurde. Welch eine Schönheit! Konnte es einen glücklicheren Mann geben? Als die zweite Prinzessin – Lilianne – zur Welt kam, weinte der König, so sehr berührte ihn dieser unfassliche Segen: zwei Prinzessinnen! Doch dann noch eine dritte? Der König konnte gar nicht fassen, dass er solch kostbarer Schätze würdig sein sollte, und war überwältigt von der Aufgabe, die Prinzessinnen zu schützen und zu lieben. Bald konnte der König vor lauter Sorge um seine Töchter kaum mehr schlafen, denn er war zwar ein mächtiger König, aber doch nur ein gewöhnlicher Vater, der lieber sterben wollte, als eine von ihnen verletzt oder unglücklich zu sehen.
Also tat der König das, was jeder König unter solchen Umständen getan hätte: Er suchte einen Leibwächter, welcher die Mädchen gegen die Drachenfledermäuse und bösen Zauberer beschützen sollte, die außerhalb der Burgmauern lauerten. Er ließ den neuen Posten weit und breit bekanntmachen und versprach demjenigen, der ihn annähme, fürstlichen Lohn. Doch als niemand sein Angebot annehmen wollte, quälten Sorgen das königliche Herz. Tag und Nacht flehte der König den Himmel um Hilfe an.
Er wartete geduldig – und dann weniger geduldig – auf eine Antwort auf seine dringende Bitte. Nacht für Nacht streifte er durch die Flure seiner Burg. Er trank heiße Milch und las langweilige Bücher und dachte sogar an Tränke, die den Schlaf bringen sollten. Die gute Königin massierte ihm die königlichen Füße, doch auch das half nicht. Als er schließlich nicht mehr die Kraft besaß, sich Sorgen zu machen, begann er zu weinen, und in diesem Zustand erschien ihm ein Engel.
Es war ein weiblicher Engel, klein und koboldhaft mit großen Augen von der Farbe des Meeres um Mitternacht.
»Ich bin Abigail«, sagte der Engel.
»Ich kenne dich«, sagte der König, obgleich er nicht wusste, woher. »Du bist also der Beschützer, den ich suche? Bist du denn auch in der Lage, dafür zu sorgen, dass die Prinzessinnen einander stets beistehen und liebhaben werden? Beherrschst du die nötige Magie, um gebrochene Herzen und verzweifelte Seelen zu heilen?«
Der Engel verneigte sich. »Hoheit, womit kann ich Euch dienen?«
»Ach, Engel, ich wünsche mir, dass du meine Töchter segnest und behütest. Erfülle sie mit meiner Liebe und schütze sie in meiner Abwesenheit. Kannst du das für mich tun?«
»Es wird mir eine Ehre sein.«
Der König betrachtete den Engel, der sein sorgenvolles Herz beruhigte. »Komm«, sagte er. »Du musst die Prinzessinnen kennenlernen, solange sie schlafen, denn wenn sie träumen, sind ihre Seelen am reinsten.«
Im ersten Schlafgemach ruhte Prinzessin Priscilla, die langen Glieder weit ausgestreckt. Sie hatte kräftige Wimpern und eine kleine Stupsnase, und ihr friedliches Antlitz verriet nichts von den vielen Gedanken, die sie bedrückten, wenn sie wach war.
»Dies ist meine wunderschöne Erstgeborene, die bald zur Frau werden wird. Sie besitzt einen brillanten Verstand und ist getrieben vom Streben nach Perfektion, aber menschliche Güte übersieht sie allzu leicht«, erklärte der König. »Engel, du musst dich bemühen, ihre Seele zu trösten, denn sie ist schnell verletzt und verbirgt ihr zartes Herz hinter einer messerscharfen Zunge.«
Der Engel lächelte. Es wusste, dass solche Dinge sich nur durch Zeit und Kummer heilen ließen.
Im nächsten Gemach standen zwei Betten, von denen eines seltsamerweise leer war. In dem zweiten lag Prinzessin Lulu in die Arme von Prinzessin Lilianne geschmiegt, die sich allnächtlich ins Bett ihrer Schwester schlich, unter dem Vorwand, diese zu beschützen. Der König nahm die mittlere Prinzessin auf die Arme und trug sie zu ihrem Bett am Fenster. Während er die Decke über ihre schmalen Schultern zog, sagte er: »Diese Prinzessin hat das reinste Herz und das sanfteste Gemüt, doch
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