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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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sie später zur Kasse. Die Herrscher brauchen immer Geld, und wenn die Städte Freiheiten wollen, müssen sie zahlen. Glaubst du, die Majestäten geben sich gerne mit Bürgerpack und Pfeffersäcken ab?«
    »Und warum ein König, wenn es doch einen Kaiser gibt?«
    »Das ist Politik. Das verstehen wir nicht. Wahrscheinlich ist dem Kaiser sein Reich längst zu groß. Ich habe munkeln hören, dass er die Herrschaft teilen will.«
    »Am Ende will er sich vielleicht ganz zurückziehen.«
    »Du bist ein Närrchen. Was du daherredest! Keiner, der Macht hat, gibt sie ab. Das ist wie mit dem Geld.«
    »Ich verstehe nichts vom Geld und nichts von Politik.«
    »Das tut kaum einer. Aber viele leben für nichts anderes. Hör, wie sie feiern!«
    Von ferne waren Musik und Jubelrufe zu hören.
    »Jetzt zieht er wohl zum Rathaus! Dabei sind es die Kölner längst schon leid. Der hohe Besuch beginnt zu drücken. Teure Gäste im Haus, seit mehr als einem Monat. Es geht alles auf ihre Kosten!«
    Die Geräusche des Umzugs sanken zu einem gedämpften Brausen herab.
    »Warum schläfst du eigentlich nicht?«, fragte ich.
    Bär brummte unbehaglich. »Meine Knochen«, sagte er. »Sie schmerzen. Das Wetter wendet sich. Ich spüre das. Da weiß ich mich kaum zu lassen, verstehst du? Und du?«
    »Ich habe Angst.«
    »Angst? Wovor?«
    »Habe ich nicht Grund genug?«
    »Das schon. Aber das ist nichts Neues, oder?«
    »Ich habe Angst vor meinen Träumen.«
    »Träume?«
    »Habe ich dir nicht davon erzählt?«
    »Ich weiß, dass du träumst. Manchmal schreist du auf im Schlaf.«
    »Spreche ich auch?«
    »Nichts, was ich verstehen könnte.«
    »Es ist seltsam mit meinen Träumen, weißt du …«
    Er schwieg und wartete ab, ob ich mehr sagen würde.
    »Glaubst du eigentlich an Träume?«, fragte ich.
    »Wie meinst du das?«
    »Dass sie etwas zu bedeuten haben.«
    »Manche vielleicht schon. Man hört Geschichten …«
    »Ich meine wirklich . Ob sie wahr sind. Ob sie uns die Zukunft zeigen.«
    Er zuckte die Schultern. »Viele glauben das.«
    »Ob du es glaubst.«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, dass man immer noch die Entscheidung hat.«
    »Mir macht das Angst.«
    »Du hast Angst, dass du im Traum die Wahrheit sehen könntest, nicht wahr? Und sie könnte so aussehen, dass du sie nicht erträgst.«
    Ich schwieg. Er hatte Recht mit dem, was er sagte.
    »Woher kommen Träume überhaupt? Werden sie uns geschickt?«
    »Geschickt? Von Gott, meinst du?«
    »Oder auch – vom Teufel.«
    »Vielleicht kommen sie einfach aus uns selbst …«
    »Und bedeuten – nichts?«
    »Schall und Rauch vielleicht.«
    »Aber manches wird tatsächlich wahr. Das will mir nicht in den Kopf.«
    »Hör zu: Ich kannte mal ’nen Mann, dem hatte ein altes Weib gesagt, er werde tot hinfallen, ehe ein halbes Jahr herum sei. Er hatte sie im Zorn mit dem Fuß getreten, glaube ich.«
    »Und?«
    »Und bald darauf ist er trübsinnig geworden. Er schlich umher und redete kaum noch ein Wort. Er hat keinen Spaß mehr am Essen gehabt und keine Lust mehr, eine Frau zu vögeln, und wann immer er konnte, hat er sich besoffen.«
    »Und dann?«
    »Na ja. Nach ein paar Wochen fing er an zu husten, und dann kam Fieber …«
    »Ist er gestorben?«
    »Er ist im Schlaf von einer Bank gefallen und war tot. Es war kein halbes Jahr rum.«
    »Und was beweist das?«
    »Ja eben. Was beweist es? Immerhin: Er hat daran geglaubt, meine ich.«
    »Keine gute Geschichte.«
    »Mag sein. Das Beste ist der Schluss.«
    »Welcher Schluss?«
    Er grinste traurig. »Die Alte – sie wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt.« Sein Kichern klang freudlos.
    Darauf schwiegen wir beide, und Bär rieb sich seine Gliedmaßen.
    »Die Gicht«, sagte er. »Das kommt vom üppigen Leben. Und die Läuse! Verdammt, wie sie beißen! Was soll’s – ich werde alt.«
    Kurz darauf war er eingeschlafen und schnarchte wie ein Sägewerk.
    Mich aber trieb die Unruhe. Ich hielt das Grübeln nicht aus und beschloss, zum Rathaus zu gehen. Dann bedachte ich mich und zupfte Zunge an der Schulter. Er war sofort wach.
    »Zunge«, sagte ich. »Ich gehe. Ich sehe mir das Fest an.«
    Er richtete sich halb auf und zeigte mit dem Finger auf sich.
    »Nein«, sagte ich. »Ich geh allein. Ich muss mit meinen Gedanken ins Reine kommen und herausfinden, was ich zu tun habe. Ich will aber nicht wieder gehen, ohne es euch zu sagen.«
    Er wirkte besorgt und zeigte auf meine Augen.
    »Ja, ich werde Acht geben … Ich danke dir!«Ich durchquerte nur wenige Gassen,

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