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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Da befiel mich auf einmal das peinigende Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, und fast im gleichen Augenblick wusste ich auch, was es war: Ich konnte meinen Geldbeutel nicht mehr fühlen! Rasch tastete ich meine Kleidung ab. Er war weg!
    »Hölle und Teufel«, wollte ich fluchen, brachte aber keinen Ton hervor. Einer der Rempler musste es gewesen sein. Ein gottverdammter Taschendieb! Wahrscheinlich sogar der letzte, der mir so freundlich geholfen hatte. Ja, der! Bestimmt sogar!
    Zuerst dachte ich, Zorn und Verzweiflung würden mich ersticken. Dann hockte ich mich hin und brach in Tränen aus. All mein Mut war wieder dahin. Ein krampfhaftes Schluchzen, das ich einfach nicht zu beherrschen vermochte, schüttelte meinen ganzen Körper. Mein Kopf war leer, und meine Augen waren blind. Was jetzt? Völlig mittellos und ganz allein … in dieser schrecklich großen Stadt!
    Ich weiß nicht, wie lange ich so am Boden gekauert habe, bis ich etwas ruhiger wurde. Da legte sich mir eine Hand auf die Schulter. Jemand hockte vor mir und blickte mich an. Ein faltiges Gesicht mit lustigen runden Augen. Ein magerer, aber kräftiger Bursche in erbärmlichen Lumpen. Ein Bettler. Auf seinem kahlen Kopf saß hoch eine undefinierbare Kappe mit einem Riemen, und hinter diesem Riemen steckte ein hölzerner Löffel. Er wiegte verschmitzt den Kopf. Seine abstehenden Ohren wackelten. Und dann machte er, ohne etwas zu sagen, eine Bewegung mit dem Arm, die unmissverständlich bedeutete: Komm mit, ich werde dir zeigen, wie es weitergeht.
     
    Ich habe mich wirklich aufgerafft und bin mit ihm gegangen. Er war so lang und grobknochig, dass ich mir noch viel kleiner undschmächtiger als sonst vorkam. Aber verloren fühlte ich mich nicht mehr. Der Bettler bewegte sich zielstrebig und schien gar keinen Zweifel zu haben, dass ich folgte.
    Einmal zeigte er schweigend mit der Hand auf ein Heiligenbild an einer Hauswand und kniff ein Auge zu: Christophorus, der den Reisenden beisteht. Dann wieder winkte er grüßend zu einer Gruppe anderer Bettler hinüber, sprach aber wieder kein Wort. Ob er nicht sprechen konnte? Dann war eines wirklich zum Staunen: Er hatte überhaupt keine Schwierigkeiten, sich auch ohne Worte verständlich zu machen.
    Die Häuser und Gassen, Torbögen und schmalen Durchschlupfe reihten sich aneinander wie die Gänge eines Irrgartens. Überall Leute in Scharen, aber nirgends ein Gesicht, das ich kannte. Nur einmal blickte ich hinter mich und fuhr auf: Dieser Hut kam mir vertraut vor!
    »Ahasver!«, rief ich. Doch der Ruf ging im Straßenlärm unter. Der Träger des Hutes bog im selben Augenblick, da ich ihn erblickte, in eine andere Gasse ab und war verschwunden. Hatte ich richtig gesehen? Vielleicht war es gar nicht der Alte gewesen. Vielleicht hatte er mich nicht gehört. Oder gab es etwa einen Grund, weshalb er nicht von mir erkannt werden wollte? Jedenfalls wäre es hoffnungslos gewesen, ihn in dem Gewimmel zu finden. Ich vermochte ja kaum Anschluss an den Bettler mit dem Löffel zu halten! Der allerdings verlangsamte nun seinen Schritt und winkte mich zu einem Torweg, der in eine niedrige Halle führte, zum Bersten gefüllt mit Menschen in den unglaublichsten Lumpen. Was sie verband, waren nur die Abgerissenheit ihres Äußeren und – der Gestank. Ich sah Krüppel und Grindige, Versehrte und Gebrestige aller Art. Der Lärm, den sie vollführten, war ohrenbetäubend. Wir waren ans Hospital Zum Heiligen Geist gelangt, wo jeden Tag eine Speisung für die Bettler des Domviertels gehalten wurde. Sie aßen Suppe und Grütze aus hölzernen Näpfen, man drängelte und schwatzte, zankte sich und versöhnte sich wieder.
    Als wir eintraten, begrüßte uns ein mageres Kerlchen, dem beideBeine fehlten, und winkte uns zu sich. Bei ihm saß ein Blinder, ein mächtiger Bursche mit struppigem Haar. Die beiden hatten offenbar für den Bettler mit dem Löffel einen Platz am langen Tisch freigehalten.
    »He, Zunge!«, schrie der Krüppel. »Kinderschänder! Wen hast du denn da mitgebracht? Kommt schon her!«
    Der Blinde rückte zur Seite und tastete, als er mich neben sich spürte, mit festem Griff nach meiner Schulter. »Ein Neuer?«, fragte er. »Wie heißt er denn?«
    »Ich heiße Kat.«
    »Na gut, setz dich her!« Bei diesen Worten gab er ein vergnügtes Kichern von sich, das mir unverständlich schien.
    »Macht Ihr Euch über mich lustig?«, fragte ich misstrauisch.
    »Aber nein. Kein Gedanke! Im Übrigen sagt man hier du zueinander.«
    Er

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