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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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wohlgeformten Körper an seinen. Doch anstatt Hannah auf Abstand zu halten, zog Christopher sie an sich, nahm ihren kapuzenbedeckten Kopf in die Hände – und küsste sie!
    Meine Klauen explodierten. Ich stand kurz davor, über die Mauer zu springen und meine Nägel in Christophers Augen zu schlagen. Dass er sie nur auf die Stirn geküsst hatte, zählte nicht.
    Raffael reagierte schnell. Mit beiden Armen umschlang er meine Taille und hielt mich zurück. Ich schlug und trat nach ihm. Er blieb gelassen, zog mich dichter und wartete, bis meine Wut sich abgekühlt hatte.
    »Auch wenn es weh tut, es wird vorbeigehen. Sobald du stärker bist, kannst du nicht nur seine Engelsseite sehen, sondern auch den anderen Teil. Spätestens dann wirst du beginnen, ihn zu hassen.«
    Ich wollte Raffael widersprechen, ihm erklären, dass meine Liebe zu Christopher unvergänglich war und ich nicht nur den Engel kannte. Doch damit hätte ich ihm verraten, wie erfolgreich Christophers Versuch verlaufen war, mir sein Schattenwesen zu offenbaren. Und Sanctifer hätte umgehend erfahren, dass ich Christophers dämonische Seite gesehen hatte und ihr standhalten konnte. Also schwieg ich und ließ mich von Raffael festhalten.
    Trotz Arons entgegenkommendem Stundenplan – er hatte keines der Mentalfächer wiederaufgenommen – fühlte ich noch immer die Wut in meinem Bauch, als ich in Oktavians MacGyver-Kurs saß. Eigentlich hieß das Fach Improvisationskunst, es erinnerte mich aber weniger an Kunst als vielmehr an die haarsträubende Unmöglichkeit, aus einem Kaugummi, einem Kugelschreiber und etwas Fingerspitzengefühl eine treffsichere Waffe oder, alternativ, Mini-Sprengstoff zu basteln. Außer mir besuchten nur erfahrene Engelschüler diesen Kurs, was micheinerseits entspannte, da weder Markus noch Susan mit mir unterrichtet wurden. Doch andererseits war ich die Einzige, die keine Ahnung hatte, wie ich meine Engelsenergie in eine Kulimine oder einen zerkauten Kaugummi stecken sollte. Kein Wunder, dass meine Wurfgeschosse meist nur an den umherschwebenden Luftballons kleben blieben – falls ich sie überhaupt traf – und sie nicht mit einem lauten Knall in tausend Stücke zerfetzten.
    Weil ich unkonzentriert war – dank der Wut, die noch in mir steckte –, traf einer meiner ausgelutschten Kaugummis mal wieder ein falsches Ziel. Paul lachte sich beinahe schlapp, während mir das Grinsen verging. Mit in die Hüfte gestemmten Händen baute sich der hünenhafte Sebastian vor mir auf. Unübersehbar steckte mein hellrosa Wurfgeschoss wie eine eingedellte Haarklammer in seinen rotblonden Haaren.
    »Wenn du zu dämlich bist, deine Engelskräfte einzusetzen, um das Ziel zu treffen, solltest du lieber noch ein wenig Bogenschießen gehen.«
    Sebastians Drohgebärde brachte meine aufgestauten Gefühle zum Überlaufen – schließlich war es nicht meine Idee gewesen, diesen Kurs zu belegen, damit ich die Möglichkeiten von Engelsenergie besser kennenlernte.
    »Wer sagt dir, dass ich vorbeigeschossen habe?«
    Pauls Lachen verstummte, als sich hinter Sebastian Leonie, Andy und Charlotte formierten, die ich alle versehentlich getroffen hatte.
    »Sebastian, lass es gut sein. Lynn hat das nicht mit Absicht gemacht«, stärkte Paul mir den Rücken.
    »Das hat sich gerade aber ganz anders angehört!« Mit geröteten Wangen trat Leonie vor. Zum Glück hatte mein Geschoss nur ihre Schulter gestreift und war nicht in ihrer hellbraunen Lockenmähne gelandet. Daraus den Kaugummi ohne Schere und Haarverlust zu entfernen, wäre unmöglich gewesen.
    »Seid froh, dass ihre Geschosse nicht explodieren«, verteidigte mich Paul.
    »Hat sie das überhaupt schon mal hingekriegt?«, bohrte Sebastian weiter.
    »Nein. Aber sobald ich das schaffe, wirst du der Erste sein, der es mitbekommt«, drohte ich angriffslustig. Ich war in Streitlaune – irgendwo musste mein Frust ja hin.
    Sebastians blaugrüne Augen sprühten zurück. Er stand kurz davor, mir sein Kaugummigeschoss ins Gesicht zu drücken. Doch sein Engelswesen war friedlicher als meines. Den großmäuligen Sebastian vor allen in die Knie zu zwingen erschien mir auf einmal eine prima Möglichkeit, ihm und all den anderen zu zeigen, dass ich vielleicht doch mehr draufhatte, als Blindgänger zu verschießen und dröge vom Dach zu plumpsen. Angriffslustig machte ich einen Schritt nach vorn.
    Zum zweiten Mal hielten mich starke Arme davon ab, eine Dummheit zu begehen. Meine Augen glühten vor unterdrücktem Zorn. Rote

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