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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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was aus seinem Mund kam, würde mir schaden. Ich durfte ihm nicht trauen. Seinetwegen hatte ich Christopher weggeschickt.
    Tränen brannten in meinen Augen, aber ich konnte sie nicht weinen. Aron würde es gefallen, wenn ich heulte. Also schloss ich meine Augen und ließ mich in die Dunkelheit zurückfallen.
    Trotz einem Stapel dicker Decken, der über mir aufgeschichtetlag, fror ich erbärmlich, doch auch die doppelte Menge an Decken hätte nichts genutzt. Mein Körper zitterte vor Kälte, obwohl es in mir brodelte wie in einer Hexenküche.
    Pure Säure floss durch meine Adern, verbreitete sich in der kleinsten Verästelung und vergiftete mich. Entweder hatte Aron mir einen besonderen Engelsmix eingeflößt, während ich schlief, oder seine Bestie besaß Giftzähne. Beides lief auf das Gleiche hinaus: ein qualvolles Ende, das ich nicht verhindern konnte. Mein Körper gehorchte mir schon nicht mehr. Selbst zum Schreien war ich zu schwach.
    Arons Hand legte sich über meine Augen. Ich ließ sie offen. Noch war ich nicht tot und konnte mich wehren. Doch die Müdigkeit siegte über meinen Willen.
    Arons Bild war klar. Er stand mitten in einem Wald. Ich träumte.
    »Lynn«, flüsterte er. »Sieh mich an!« Seine Stimme klang verheißungsvoll, versprach Wärme und Geborgenheit – etwas, das ich dringend brauchte.
    Meine Augen begegneten den seinen. Weiches Grau zog mich an. Er würde mir nichts tun. Oder war alles nur eine Illusion? Wie kam ich auf die Idee, dass Aron plötzlich nett zu mir sein würde? Eher schien die Sonne in das dunkle Loch, in dem er mich gefangen hielt.
    »Lynn!« Arons Ruf wurde eindringlicher, kämpfte sich vor, bis zu einem schwachen Punkt. »Bitte, sieh mich an!«, flehte er.
    Die Intensität seiner Bitte erstaunte mich. Aron hatte noch nie etwas so sehr von mir gewollt. Außerdem, was konnte ein Blick schon schaden?
    Kurz bevor ich mich wieder auf das warme Grau seiner Augen einließ, schoss Gift in meinen Schädel. Tausend Blitze tobten in meinem Kopf und verwandelten Arons Gestalt in die blutrünstige Bestie. Seine Stimme verlor ihre Schönheit, dröhnte knurrend in meinen Ohren. Aus seinen Fingern schossen spitzeKlauen, die nach mir schnappten. Aron hatte es auf mein Herz abgesehen. Er wollte es mir stehlen, damit ich nie wieder lieben konnte.
    Der Schrei kam aus meinem Mund. Mein ganzes Entsetzen spiegelte sich darin wider. Lieber würde ich sterben!
    Ich kämpfte mich aus meinem Traum, suchte die Dunkelheit und versteckte mich darin. Als ich aufwachte, schien mein Kopf kurz vor der Explosion zu stehen. Aron hatte heftig in meinen Träumen herumgepfuscht. Die Nebenwirkungen kannte ich dank der Totenwächterin, nur waren sie bei ihr niemals so stark gewesen.
    Der Geruch nach verfaulten Pflanzenresten wehte zu mir herüber: Arons Tee – oder vielleicht auch er selbst. Er stand an dem Felstisch und beobachtete mich.
    »Du solltest wenigstens etwas trinken«, war alles, was er sagte. Als hätte er nicht gerade versucht, mir mein Herz zu entreißen!
    Ich wandte mich von ihm ab. Wuchtete meinen lädierten Körper unter den vielen Decken auf die andere Seite, damit ich Aron nicht ansehen musste.
    »Dann vielleicht später«, kommentierte er mein Abwenden mit einem frustrierten Seufzer, bevor er ging.
    Ich begann, Pläne zu schmieden, obwohl ich mein Gleichgewicht noch immer nicht gefunden hatte. Mein Körper zitterte vor Kälte, während ich innerlich kochte. Doch der Temperaturunterschied verringerte sich. Wenn ich lange genug durchhielt, würde es mir vielleicht gelingen, Aron zu überlisten und aus meinem Gefängnis zu entkommen.
    Aron blieb beharrlich und setzte seine Traummanipulationen fort. Er rechnete damit, dass mir die Kraft ausging. Aber der Gedanke, mein Herz zu verlieren, machte mich stark. Ich hatte Christopher weggeschickt, doch meine Liebe zu ihm war geblieben – auch wenn sie nicht mehr erwidert wurde.
    Als er mich vor dem Bett auf ihn warten sah, gab Aron auf. Wenn er gewusst hätte, wie viel Kraft es mich kostete, aufrecht stehen zu bleiben, wäre er nicht gegangen.
    Mein Triumph beflügelte mich. Doch um einen Fluchtversuch zu wagen, musste ich auch körperlich wieder stark werden. Arons Tablett thronte verlockend auf dem steinernen Tisch, aber es war nicht das Essen, das mich verführen wollte, sondern der Saft.
    Ich schleppte mich zu der Nische, öffnete die Luke, schöpfte mit dem kleinen Eimer frisches Wasser aus dem Bach und trank ihn gierig leer. Mein Magen rebellierte.

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