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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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ausweichen und auf Zeit spielen –, packte er mich und brachte mich zu Fall. Vorzugsweise auf die linke Seite, die mit den angeknacksten Rippen. Wenn Aron beabsichtigte, mich wütend zu machen, war er auf dem richtigen Weg. Allein der Gedanke an Christophers Schattenseite hielt mich davon ab, dem Wunsch nachzugeben, ein wenig stärker zu sein und Aron in einer wehrhafteren Form entgegenzutreten.
    Beim Lanzetraining wünschte ich mir, skrupelloser zu sein. Aron hatte heute wirklich seinen schlechten Tag. Sicher war es kein Zufall, dass er mich mit meinem alten Team trainieren ließ: mit Markus, Erika und Susan! Und bestimmt war auch das Thema der Übung – Rippenschläge – sehr bewusst gewählt.
    Aron teilte mir Markus zu. Der Wunsch nach Vergeltung lag in der Luft. Nicht nur Arons wilder Kräuterduft, auch Markus’ fader Geruch nach staubigem Wüstensand hatte an Intensität zugenommen. Selbst Susans zarte Pfirsichnote durchzog eine stechende Mischung von Hyazinthe.
    Ich sah mich auf der Übungswiese um. Es wurde zunehmend voller – Flucht war inzwischen ausgeschlossen. Rafek, Kassandra Klar und die anderen Tutoren bildeten mit ihren Engelschülern einen geschlossenen Kreis um uns. Alle waren sie gekommen. Auch Ekin mit seiner Fortgeschrittenengruppe, darunter Paul und Sebastian, der Hüne. Selbst Coelestin war da, um zuzusehen – oder einzugreifen, falls ich es nicht schaffte, zu bleiben, wer ich war.
    Ich fing Arons aufmunternden Blick auf. Er galt Markus und erhärtete, als er mich traf. Meinen Ausflug zu Christopher musste ich teuer bezahlen. Ob es wohl eine Möglichkeit gab, mein Vergehen wiedergutzumachen?
    Markus wuchs über sich hinaus. Schon der erste Angriff traf präzise meine angeknacksten Rippen – er hatte dazugelernt, seit ich vor ein paar Monaten das Schloss verlassen musste. Sein Treffer raubte mir den Atem. Mir wurde schwindelig, als er nachsetzte. Schleunigst brachte ich mich aus der Reichweite seiner Übungslanze. Zum Glück besaß sie nur ein stumpfes Ende.
    Meine Kondition ließ mich viel zu schnell im Stich – vor der Übungsstunde mit Ekin hatte Aron mich in Rekordzeit um den See gejagt, damit ich noch eine Paddelrunde einlegen konnte. Und Markus schien genau zu wissen, wo es mir am meisten wehtat. Selbst Susan wirkte völlig gebannt, als sie bemerkte, wie exakt Markus seine Aufgabe erledigte.
    Arons Plan, mich über meine Grenze hinauszutreiben, schien eine neue Dimension erreicht zu haben. Ich biss die Zähne zusammen, bis sie knirschten. Mich würde er nicht dazu bringen, Schutz in meiner Schattenseite zu suchen. Christophers unnahbare Augen, in denen nichts mehr von ihm zu finden war, hatten sich in mein Gedächtnis gebrannt. Auch wenn ich bereit gewesen war, ihm in eine andere Welt zu folgen, dorthin wollte ich ihn nicht begleiten.
    Markus fluchte, als ich seinen nächsten Angriff parierte. Nachdem ich seine Taktik durchschaut hatte, gelang mir das besser. Er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen – ich dagegen schon.
    Die Anfeuerungsrufe der Engelschüler wurden lauter. Sie umringten uns wie zwei Streithähne, auf die sie Wetten abgeschlossen hatten – vermutlich hatten sie das sogar. Die Chancen, bald einen frisch geschlüpften Schattenengel zu sehen, standen hoch.
    Aus alter Gewohnheit reagierte mein Magen und begann zu rotieren, was meine Wut auf alles, das zwei Augen besaß und mich anstarrte, verstärkte. In dem Moment, als meine Klauen sich bemerkbar machten, stieß Markus zu. Der Wunsch, jeden Engel, der mir zu nahe kam, zu vernichten, schien übermächtig. Entsetzt ließ ich die Lanze fallen, warf mich zu Boden, um Markus’ nächstem Hieb zu entkommen, und presste meine Handflächen gegeneinander. Ich musste den Drang, ein Schattenengel zu werden, ersticken, bevor er allmächtig wurde. Ein heftiges Kribbeln, und es war vorbei. Der Schmerz blieb aus – zumindest der in meinen Händen.
    Bunte Sterne tanzten vor meinen Augen, als ein Schlag meine ungeschützte Seite traf. Trotzig rappelte ich mich hoch. Arons Lanze zielte auf mich. Sollte er jemals etwas Freundliches,Warmherziges ausgestrahlt haben, so verstand er das jetzt bestens zu verbergen.
    Ich wich zurück, mitten hinein in die sich teilende Menge. Hatten sie noch immer Angst vor mir? Sahen sie nicht, wie wenig ich selbst dem fliegengewichtigen Markus entgegensetzen konnte? Für den kampferprobten Aron war ich die Mücke, seine Lanze die Fliegenklatsche.
    Ich stolperte weiter, hinein in die Gruppe der

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