Tanz der Hexen
wesentlichen sind sie es, die dabei Risiken eingehen. Wenn wir angeborene Kran k heiten finden, wenn wir Prädispositionen zu bestimmten Z u ständen nachweisen – nun, das wären Informationen, die alles mögliche beeinflussen könnten, von Versicherungsbedingungen bis zur Militärdiensttauglichkeit. Ja, ich möchte das tun, aber ich würde mich vorläufig viel lieber auf Michael Curry konzentrieren. Und diese Frau – Gifford. Ist es ausgeschlossen, daß wir Unterlagen über Gifford bekommen? Ich meine, wir wollen jetzt nichts überstürzen. Dieser Ryan Mayfair ist ein ziemlich gerissener Anwalt, wie ich es sehe. Er wird sich nicht darauf einlassen, seine ganze Familie en gros einer genetischen Untersuchung zu unterziehen. Er wäre auch dumm, wenn er dazu einwilligen oder es sogar fördern wü r de.«
»Und ich stehe im Moment nicht in seiner Gunst. Wenn meine Freundschaft mit Beatrice Mayfair nicht wäre, wäre er noch weit mißtrauischer, als er es eh schon ist, und das aus gutem Grund.«
Lark hatte die fragliche Frau gesehen. Sie war gestern mit der Nachricht von dem tragischen Todesfall in Destin ins Hotel gekommen – eine reizende Frau mit schmaler Taille und hochfrisiertem grauem Haar und einer der erfolgreichsten Facelift-Operationen, die er in den letzten Jahren gesehen hatte, obgleich es, wie er vermutete, nicht mal ihre erste gewesen war. Leuchtende Augen, perfekt geformte Wangen, nur eine winzige verräterische Einkerbung unter dem Kinn, und ein Hals, so glatt wie der einer jungen Frau. Aha – also sie und Lightner. Das hätte er sich schon seit der Totenfeier denken können; sie hatte sich so verzweifelt an Lightner geklammert, und ein paarmal hatte Lark gesehen, wie Lightner sie küßte. Lark hof f te, er werde auch soviel Glück haben, wenn er erst achtzig wäre – vorausgesetzt, daß er so alt wurde. Wenn er die Finger nicht vom Alkohol ließe, würde er es vielleicht nicht schaffen.
»Hören Sie«, sagte er jetzt, »wenn es in dieser Stadt medizinische Unterlagen über Gifford Mayfair gibt, dann kann ich, de n ke ich, über Keplinger herankommen – vertraulich, und ohne jemanden aufmerksam oder mißtrauisch zu machen.«
Lightner runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf, als finde er das alles höchst widerwärtig. »Nicht wieder ohne ihre Zustimmung«, sagte er.
»Ryan Mayfair wird es gar nicht erfahren. Überlassen Sie das uns – dem medizinischen Secret Service, oder wie immer Sie es nennen wollen. Aber ich will mit Curry sprechen.«
»Ich verstehe. Das können wir ebenfalls für morgen arrangieren. Vielleicht sogar noch für heute abend. Ich muß nachdenken.«
»Worüber?«
»Über das alles. Warum die Ältesten erlauben, daß Stolov herkommt, sich auf diese Weise einmischt und damit den Unwillen der Familie riskiert.« Der Mann schien laut zu denken; offenbar erwartete er nicht, daß Lark seine Bemerkungen b e antwortete. »Wissen Sie, ich habe mein ganzes Leben mit Ermittlungen des Übersinnlichen verbracht. Noch nie habe ich derart enge Beziehungen zu einer Familie entwickelt. Ich em p finde wachsende Loyalität ihnen gegenüber, und zunehmende Sorge. Ich bin sehr beschämt darüber, daß ich nicht eing e schritten bin, bevor Rowan verschwand, aber die Ältesten ha t ten mir sehr spezifische Anweisungen gegeben.«
»Nun, offensichtlich sind sie auch der Ansicht, daß diese F a m i lie genetische Merkwürdigkeiten aufweist«, meinte Lark. »Sie suchen ebenfalls nach erblichen Zügen. Lieber Gott, mindestens sechs Leute haben mir gestern abend bei der Tote n feier erzählt, daß Gifford übersinnliche Fähigkeiten hatte. Sie sagten, sie habe ›den Mann‹ gesehen, so eine Art Familie n gespenst. Und ihre Fähigkeiten seien mächtiger gewesen, als sie sich je habe anmerken lassen. Ich glaube, Ihre Freunde in der Talamasca sind einfach auf derselben Spur.«
Lightner antwortete nicht gleich. »Aber das ist es ja gerade«, sagte er dann. »Wir sollten auf derselben Spur sein, und ich bin nicht sicher, daß wir es sind. Es ist alles ziemlich… verwirrend.« Das Telefon unterbrach ihn.
Lark nahm den Hörer ab. »Dr. Larkin«, sagte er, wie er es i m mer tat, wenn er sich am Telefon meldete.
»Hier ist Ryan Mayfair«, sagte der Mann am anderen Ende. »Sie sind der Arzt aus Kalifornien?«
»Ja. Freut mich, mit Ihnen zu sprechen, Mr. Mayfair. Ich wollte Sie nicht ausgerechnet heute stören. Ich kann auch bis mo r gen warten.«
»Ist Mr. Lightner bei Ihnen, Doktor?«
»Ja,
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