Tanz der Hexen
allerdings. Wollen Sie ihn sprechen?«
»Nein. Bitte hören Sie zu. Edith Mayfair ist heute früh an einer Uterusblutung gestorben. Edith Mayfair war Lauren Mayfairs Enkelin, Tochter von Jaques Mayfair, meine und Giffords Co u sine. Und Rowans Cousine. Ihr ist genau das gleiche wie me i ner Frau passiert. Edith ist anscheinend verblutet, in ihrem Apartment in der Esplanade Avenue. Ihre Großmutter hat sie heute nachmittag nach der Beerdigung dort gefunden. Ich glaube, wir sollten uns über die Frage der genetischen Unte r suchung unterhalten. Es könnte sein, daß in dieser Familie… Probleme an die Oberfläche kommen.«
»O mein Gott«, flüsterte Lark.
Die Stimme des Mannes klang so gleichmütig, so kalt.
»Können Sie in mein Büro in die City kommen?« fragte Ryan Mayfair. »Und können Sie Lightner bitten, Sie zu begleiten?«
»Unbedingt. Wir kommen in -«
»Zehn Minuten«, sagte Lightner und stand schon. Er nahm Lark den Hörer aus der Hand.
»Ryan«, sagte er. »Informieren Sie die Frauen der Familie. Ich möchte niemanden beunruhigen, aber keine der Frauen sollte im Augenblick allein sein. Falls etwas geschehen sollte, wäre es gut, wenn jemand in der Nähe ist, der ärztliche Hilfe rufen kann. Offensichtlich war weder Edith noch Gifford dazu imstande. Ich weiß, worum ich da bitte… Ja. Ja. Alle. Jede einzelne. Ja, wir sind in zehn Minuten bei Ihnen.«
Die beiden Männer verließen die Suite und nahmen die kurze Treppe zur Straße hinunter, statt auf den eleganten kleinen Aufzug zu warten.
»Was, zum Teufel, glauben Sie, ist da im Gange?« fragte Lark. »Ich meine, was hat das zu bedeuten – noch ein Tode s fall wie bei Gifford Mayfair?«
Lightner antwortete nicht. Er sah grimmig und ungeduldig aus.
»Und, übrigens, haben Sie ein Supergehör? Woher wußten Sie, was er am Telefon zu mir gesagt hat?«
»Ein Supergehör«, murmelte Lightner unbestimmt.
Sie liefen zum Haupteingang hinaus und geradewegs in ein wartendes Taxi. Die Luft war immer noch kühl, aber es misc h te sich ein bißchen balsamische Wärme hinein.
»Ich glaube, die Frage ist«, sagte Lightner, und wieder redete er ebenso mit sich selbst wie mit Lark, »was wir ihnen erzä h len. Sie wissen ganz genau, was da im Gange ist. Sie wissen, daß es nichts mit einer genetischen Erkrankung zu tun hat, wenn man diese Worte nicht in ihrem weitesten Sinne ve r wenden will.«
Der Taxifahrer wendete und raste die Avenue hinunter, daß die beiden auf dem Ledersitz des Wagens ungemütlich gegeneinander geschleudert wurden.
»Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Lark. »Nein, ich weiß nicht, was im Gange ist. Es ist irgendein Syndrom, ein tox i scher Schock oder so was.«
»Ach, kommen Sie, Mann«, sagte Lightner. »Wir wissen es beide. Er versucht, sich mit ihnen zu paaren. Sie haben es mir doch selbst gesagt, oder? Rowan wollte wissen, ob sich die Kreatur mit Menschen oder mit ihr fortpflanzen könne. Sie wollte eine umfassende genetische Untersuchung des gesamten Materials.«
Lark war wie vom Donner gerührt. Er hatte nicht im Ernst an so etwas gedacht, und wieder wurde ihm klar, daß er nicht völlig sicher war, ob er an diese neue Spezies von Lebewesen glaubte, an dieses männliche Wesen, das Rowan Mayfair zur Welt gebracht hatte. Im Hinterkopf ging er immer noch davon aus, daß es für all das eine völlig »natürliche« Erklärung gab.
»Es ist ja natürlich«, sagte Lightner. »Natürlich ist ein trügerisches Wort. Ich frage mich, ob ich ihn je zu Gesicht beko m men werde, bevor meine Zeit um ist. Ich frage mich, ob er wirklich argumentieren kann, ob er menschliche Selbstbeher r schung besitzt, ob seinem Denken eine moralische Struktur innewohnt, vorausgesetzt, daß es ein Denken ist, wie wir es kennen…«
»Aber wollen Sie ernstlich andeuten, daß er diese Frauen überfällt?«
»Ja, natürlich«, sagte Lightner. »Es ist offensichtlich. Warum, glauben Sie, hat die Talamasca Giffords blutige Sachen an sich genommen? Er hat sie geschwängert, und sie hat das Kind verloren. Hören Sie, Dr. Larkin, Sie schenken mir jetzt besser reinen Wein ein. Ich habe Verständnis für Ihr wisse n schaftliches Interesse und für Ihre Loyalität gegen Rowan. Aber es kann sein, daß wir Rowan nie wiedersehen werden.«
»O Gott.«
»Der springende Punkt ist: Sie sollten uns sagen, was Sie wissen. Wir müssen dieser Familie erklären, daß die Kreatur auf der Jagd ist! Wir haben keine Zeit mehr für vages Gerede über genetische Erkrankungen
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