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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ich bin so erleichtert, das zu hören«, sagte die warme, einschmeichelnde Stimme. »Anton wird sich sehr freuen.«
    »Darauf wette ich.« Er hängte ein, nahm seine Tasche und ging durch die Halle. Er sah die Nummern der einzelnen Gates nicht, und auch nicht die Namen der Imbißstände, der Buchläden, der Souvenirgeschäfte. Er ging und ging. Irgendwann wandte er sich nach links und ging weiter bis zu einem großen Gate am Ende dieses Terminal-Zweigs; dort machte er auf dem Absatz kehrt und ging sehr schnell den Weg zurück, den er gekommen war.
    Er wäre beinahe mit ihr zusammengeprallt, so dicht war sie hinter ihm. Er stand ihr von Angesicht zu Angesicht gege n über, und sie trat erschrocken zur Seite. Fast wäre sie gesto l pert. Sie wurde rot. Einmal schaute sie sich noch um, als sie in einen kleinen Korridor hinunterlief; dann verschwand sie durch eine Betriebstür, und er sah sie nicht mehr. Er wartete. Sie kam nicht zurück. Sie wollte nicht, daß er sie noch einmal sah oder in ihre Nähe kam. Er spürte, daß seine Nackenhaare sich sträubten.
    Ein Instinkt riet ihm, das Flugticket umzutauschen, zu einer anderen Airline zu gehen und auf einer anderen, weniger o f fenkundigen Strecke zu reisen. Er würde nach Nashville fli e gen, dann nach Atlanta, und von dort aus nach New Orleans. Das würde länger dauern, aber er würde auch schwerer zu verfolgen sein.
    Er blieb an einer Telefonzelle stehen und schickte ein Telegramm an sich selbst ins Hotel St. Regis, das man ihm au s händigen sollte, wenn er käme, was natürlich nicht geschehen würde.
    Es war kein Spaß für ihn. Er war schon in verschiedenen Lä n dern von Polizisten verfolgt worden. Einmal war ein wütender und bösartiger junger Mann hinter ihm her gewesen. Ein paarmal war er sogar in Kneipenschlägereien geraten, wenn seine Arbeit ihn zum Abschaum der Slums oder der Hafenstädte geführt hatte. Einmal hatte die Polizei in Paris ihn ve r haftet, aber das hatte sich aufklären lassen.
    Mit solchen Dingen wurde er fertig.
    Aber was war jetzt im Gange?
    Er hatte ein schreckliches Gefühl im Bauch, eine Mischung aus Mißtrauen und Zorn, ein Gefühl des Verratenseins und des Verlustes. Er mußte mit Aaron reden. Aber er hatte keine Zeit, ihn anzurufen. Außerdem, wie konnte er ihn jetzt damit belasten? Er wollte zu Aaron, um ihm zur Seite zu stehen, nicht, um ihn mit irgendeiner wirren Geschichte durcheinander zubringen, weil ihn jemand am Flughafen verfolgt hatte und weil er am Telefon eine Stimme aus London nicht erkannt ha t te.
    Eine Sekunde lang fühlte er sich versucht, in London anzurufen und Anton zu verlangen, um ihn zu fragen, was los war und wer diese Frau war, die ihn hier am Flughafen beschatt e te.
    Aber dann hatte er nicht den Mut dazu, nicht das Vertrauen darauf, daß es klappen würde.
    Das war das Furchtbare. Er hatte überhaupt kein Vertrauen mehr, daß etwas dabei herauskommen würde. Es war etwas passiert. Etwas hatte sich verändert.
    Sein Flug wurde aufgerufen. Er schaute umher und sah sie nirgends. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Er wandte sich um und ging an Bord.
    In Nashville fand er einen Informationsschalter mit einem Fa x gerät. Er schrieb einen langen Brief an die Ältesten direkt u n ter der Amsterdamer Nummer und berichtete ihnen, was passiert war. »Ich werde wieder Kontakt mit Ihnen aufnehmen. Ich bin loyal. Ich bin vertrauenswürdig. Ich verstehe nicht, was geschehen ist. Sie müssen mir persönlich eine Erklärung dafür geben, daß Sie mir verboten haben, mit Aaron Lightner zu sprechen; Sie müssen mir sagen, wer die Frau in London war und warum ich verfolgt werde. Ich habe nicht vor, mein Leben zum Fenster hinauszuwerfen. Ich mache mir Sorgen um A a ron. Wir sind Menschen. Was erwarten Sie von mir?«
    Er las alles noch einmal durch. Es paßte zu ihm: sehr mel o dramatisch, genau die Art, die sie manchmal veranlaßte, eine humorvolle Bemerkung zu machen oder ihm den Kopf zu tätscheln. Ihm war plötzlich übel.
    Er gab den Brief zusammen mit einem Zwanziger dem Mann hinter der Theke. »Schicken Sie das in drei Stunden ab. Nicht früher.« Der Mann versprach es ihm. Bis dahin würde Yuri nicht mehr in Atlanta sein.
    Er sah die Frau noch einmal; es war dieselbe Frau in der Wol l jacke und mit der Zigarette im Mund. Sie stand an der Inform a tion und starrte ihn kühl an, als er die Maschine nach Atlanta bestieg.

 
12

    Habe ich mir das selbst angetan? Endet es so für mich, weil ich selbstsüchtig und eitel

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