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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und ins Kloster ging, um dort Schwester Bridget Marie zu werden, und von jenem Mädchen dann kamen drei Knaben und ein Mädchen, und das Mädchen heiratete Alaister Curry und g e bar Tim Curry, der…«
    »Moment mal – was schreibst du da?«
    »Laß mich in Ruhe.« Plötzlich starrte er das Geschriebene an. Er riß das Papier in kleine Fetzen. »Wo sind deine Notizb ü cher, was hast du hineingeschrieben?« wollte er wissen.
    Sie entfernten sich nie weit von ihrem Zimmer. Sie war zu schwach, zu müde. Und wenn ihre Brüste sich mit Milch gefüllt hatten, so daß sie unter ihrer Bluse hervorzuquellen begann, kam er auch schon zum Trinken herbei. Dann wiegte er sie in seinen Armen. Die schwindelerregende Lust, die ihr sein Saugen bereitete, war so groß, daß nichts anderes mehr zählte, wenn es geschah. Alle Angst verging.
    Das war seine Trumpfkarte, dachte sie: das Behagen, die Lust, der grelle Glanz und die Freude, einfach nur mit ihm z u sammen zu sein, seinen schnellen, oft zusammenhanglosen Reden zu lauschen und zu beobachten, wie er auf Dinge reagierte.
    Aber was war er? Diese Kreatur war hoch organisiert – kein Frankenstein-Monster aus einzelnen Teilen, keine groteske Kulmination von Hexenkünsten. Und er kannte seine Fähigkeiten – er konnte sehr schnell laufen, er konnte Gerüche wittern, die sie nicht wahrnahm, er verströmte einen Duft, den andere spürten, ohne es zu merken. Das alles stimmte.
    Nach und nach ging sie dazu über, ihr Journal in erzähler i scher Form zu führen; sollte ihr etwas zustoßen, so sollte de r jenige, der es vielleicht fände, es auch verstehen können.
    »Wir sind jetzt lange genug in Paris geblieben«, sagte sie. »Vielleicht kommen sie uns suchen.« Zwei telegrafische Überweisungen waren eingegangen. Sie hatten ein Vermögen zur Verfügung, und sie brauchte den ganzen Nachmittag – mit ihm an ihrer Seite -, um das Geld auf verschiedene Konten zu ve r teilen, damit sie es besser verstecken konnte. Sie wollte fort, vielleicht nur, um es wärmer zu haben.
    In der Nacht stand er am Fenster und schaute hinaus auf die Lichter von Paris. Immer wieder schlief er mit ihr, ob sie wach war oder nicht. Sein Schnurrbart war dicht und jetzt ganz weich, und sein Unterkiefer war vollständig zugewachsen.
    Aber die weiche Stelle in seiner Schädeldecke war noch da.
    Überhaupt schien sein Wachstumsplan insgesamt anders pr o grammiert zu sein. Sie fing an, Vergleiche mit anderen Spezies herzustellen, und stellte Listen seiner verschiedenen Merkmale auf. Zum Beispiel hatte er die Kraft eines niederen Primaten in den Armen, aber seine Finger und Daumen zei g ten eine erhöhte Geschicklichkeit. Gern hätte sie gesehen, was passierte, wenn er vor einem Klavier säße. Sein Bedarf an Luft war seine Achillesferse. Es war durchaus vorstellbar, daß man ihn ersticken könnte. Aber er war so stark, so ung e heuer stark. Was würde passieren, wenn er ins Wasser fiele?
    Sie reisten von Paris nach Berlin. Der Klang der deutschen Sprache gefiel ihm nicht; sie sei nicht häßlich, sagte er, aber »spitz«, und er könne ihre scharfen, durchdringenden Laute nicht von sich abhalten. Er wollte Deutschland wieder verlassen. In dieser Woche hatte sie eine Fehlgeburt. Anfallartige Krämpfe und Blut im ganzen Bad, bevor ihr klar wurde, was passiert war. Er starrte das Blut völlig verwirrt an.
    Ich muß mich ausruhen, sagte sie wieder. Wenn sie nur Ruhe finden könnte – irgendeinen stillen Ort ohne Gesang und Gedichte und dergleichen. Nur Frieden. Aber sie schabte die winzige gallertige Masse inmitten des Blutes auf. Ein Embryo in diesem Stadium der Schwangerschaft wäre mikroskopisch klein gewesen. Aber da war etwas, und es hatte Glieder! Es war abstoßend und faszinierend zugleich. Sie bestand darauf, in ein Labor zu gehen, wo sie es weiter studieren könnte.
    Drei Stunden konnte sie arbeiten, bevor die Leute anfingen, Fragen zu stellen. Sie machte umfangreiche Notizen.
    »Es gibt zwei Arten von Mutationen«, sagte sie. »Solche die vererbt werden können, und solche, die es nicht können. Es ist kein singuläres Ereignis, deine Geburt; es ist vorstellbar, daß du… eine Spezies bist. Aber wie könnte das sein? Wie könnte das geschehen? Wie könnte eine Kombination aus Telekinese…?« Sie brach ab, denn sie griff wieder zu wissenschaftlicher Terminologie. Aus der Klinik hatte sie Instrumente zur Blutuntersuchung gestohlen, und jetzt nahm sie sich selbst Blut ab und versiegelte die Ampullen

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