Tanz der Hexen
erinnerte.
Jemand mußte es erfahren.
Lark versuchte ihr alle möglichen Fragen zu stellen. Er konnte sie nicht verstehen; sprechen Sie lauter, sagte er. Sie sagte ihm, daß sie in Gefahr sei und jeden Augenblick unterbrochen werden könne. Sie wollte den Namen des Hotels herausspr u deln, aber sie war unsicher. Ihr Verstand war überdreht. Sie konnte nicht mehr vernünftig denken. Sie plapperte Lark etwas von den Fehlgeburten vor. Da blickte Lasher auf, riß ihr das Telefon aus der Hand, fetzte den ganzen Apparat aus der Wand und fing an, sie zu schlagen.
Er hörte wieder auf, als sie ihn daran erinnerte, daß man die Spuren sehen würde. Sie mußten nach Amerika. Sie würden morgen abreisen. Als er sie fesselte, bat sie ihn, alles ein bi ß chen lockerer zu machen. Wenn er sie weiter so stramm ve r schnürte, würde sie ihre Glieder nicht mehr benutzen können.
Er weinte tränenlos und still. »Ich liebe dich«, sagte er. »Wenn ich dir nur vertrauen könnte. Wenn du nur meine Gehilfin sein, wenn du mir deine Liebe und dein Vertrauen schenken kön n test. Aber ich habe dich zu dem gemacht, was du bist: eine berechnende Hexe. Du schaust mich an und versuchst, mich zu töten.«
»Du hast recht«, sagte sie. »Aber wir sollten jetzt nach Amerika fliegen, wenn du nicht willst, daß sie uns finden.«
Wenn sie nicht aus diesem Zimmer hinauskäme, dachte sie, würde sie völlig wahnsinnig werden und nutzlos sein. Sie versuchte, einen Plan zu machen. Den Atlantik überqueren, dem Zuhause näher sein. Näher. Houston ist näher.
Eine dumpfe Hoffnungslosigkeit überlagerte alles. Sie wußte jetzt, was sie zu tun hatte. Sie mußte sterben, ehe sie von di e sem Wesen erneut geschwängert wurde. Sie konnte nicht noch einen Fötus gebären, sie konnte es nicht. Aber er wollte sich mit ihr fortpflanzen; er hatte sie schon zweimal befruchtet. Ihr Kopf war leer vor lauter Angst. Zum erstenmal im Leben begriff sie, warum manche Menschen nicht handeln konnten, wenn sie Angst hatten, warum sie einfach erstarrten.
Was war aus ihren Aufzeichnungen geworden?
Am Morgen packten sie zusammen ihre Koffer. Alles Medizinische kam in eine Tasche für sich, und dazu legte sie Kopien der diversen Etiketten und Formulare, mit denen sie die einzelnen Untersuchungen in den Kliniken in Auftrag gegeben hatte. Zuoberst lagen die schriftlichen Anweisungen für den Concierge und Larks Adresse. Er schien es nicht zu bemerken.
Sie hatte beträchtliche Mengen von Verpackungsmaterial aus dem Labor mitgebracht, aber jetzt stopfte sie noch Handtücher um das Material. Und ihre alten, blutigen Kleidungsstücke zwängte sie auch noch mit dazu.
»Warum wirfst du das nicht weg?« wollte er wissen. »Dieser grausige Gestank.«
»Ich rieche nichts«, erwiderte sie eisig. »Und ich brauche all das Verpackungsmaterial; das habe ich dir schon gesagt. Aber ich kann meine Notizbücher nicht finden. Ich hatte doch so viele Notizbücher.«
»Ja. Ich habe sie gelesen«, sagte er ruhig, »und ich habe sie weggeworfen.«
Sie starrte ihn an.
Keine Unterlagen mehr; nur diese Proben. Keine Nachricht an irgend jemanden, daß dieses Ding lebte und atmete und sich vermehren wollte.
Während er in der Eingangshalle dafür sorgte, daß ein Wagen kam, der sie zum Flughafen brachte, gab sie dem Türpagen die Tasche mit dem medizinischen Untersuchungsmaterial und ein Bündel Schweizer Franken, und sie erklärte hastig auf deutsch, daß diese Tasche schleunigst an Dr. Samuel Larkin geschickt werden müsse. Dann wandte sie dem Mann sofort den Rücken zu und ging auf das wartende Auto zu. Lasher drehte sich lächelnd um und streckte ihr die Hand entgegen.
»Meine Frau – wie müde sie aussieht«, sagte er leise und mit schmalem Lächeln. »Wie krank sie war.«
»Ja, sehr«, sagte sie, und sie fragte sich, was der Page wohl sah, wenn er ihr in das schmale, blaugeprügelte Gesicht blic k te.
»Laß dich umarmen, mein Liebling.« Er schlang ihr auf dem Rücksitz den Arm um die Schultern und küßte sie, als sie d a vonfuhren. Sie machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen und nachzusehen, ob der Page mit der Tasche ins Hotel g e gangen war. Sie wagte es auch gar nicht. Der Concierge wü r de die Adresse darin finden. Er mußte.
Als sie in New York waren, merkte er, daß die Tasche mit dem medizinischen Material und allen Untersuchungsbefunden fehlte. Er drohte sie zu töten. Sie lag auf dem Bett und weige r te sich, mit ihm zu sprechen. Er fesselte sie behutsam und
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