Tanz der Hexen
ließ ihr Spielraum, aber nicht so viel, daß sie sich hätte befreien können. Er deckte sie sorgfältig zu, damit sie sich nicht erkä l tete, schaltete die Lüftung im Bad ein und stellte den Ferns e her laut, aber nicht zu laut, und dann ging er aus.
Es dauerte volle vierundzwanzig Stunden, bis er zurückkam. Sie hatte den Urin nicht halten können. Sie haßte ihn. Sie wünschte, er möge sterben. Sie wünschte, sie wüßte einen Zauber, mit dem sie ihn töten könnte.
Er saß neben ihr, als sie die Arrangements für Houston traf - ja, drei Etagen in einem fünfzigstöckigen Gebäude, in denen sie völlig ungestört sein würden. Ein Komplex wie dieser war klein für Houstoner Verhältnisse, aber er lag mitten in der Stadt, und in Houston standen einige davon leer. Hier war die Leitung eines Krebsforschungsprogramms untergebracht g e wesen, bis das Geld ausgegangen war. Andere Mieter gab es zur Zeit nicht.
In den drei Stockwerken standen immer noch alle möglichen Apparate herum; sie mietete die gesamte Fläche mit Wohnungen, Büros, Empfangs- und Untersuchungsräumen und Labors. Sie sorgte für die nötigen Anschlüsse, Mietwagen und alles andere, was sie brauchen würden, um mit ernsthafter Forschung zu beginnen.
Sein Blick war sehr kalt, als er sie beobachtete. Er beobacht e te ihre Finger, wenn sie auf die Telefontasten drückte. Er lauschte jeder Silbe, die über ihre Lippen kam.
Als sie in Houston angekommen waren, erkannte sie, daß sie sich ein Gefängnis eingerichtet hatte. Das Gebäude war ve r lassen, und sie hatte drei sehr hoch gelegene Stockwerke gemietet. Zwei Tage lang ließ er sie gewähren; sie kauften verschiedene Dinge, die ihnen das Dasein in diesem hohen Märchenturm inmitten von Neon und funkelnden Lichtern ko m fortabel gestalten sollten. Sie beobachtete ihn, sie wartete, war stets bereit, die winzigste Gelegenheit zu ergreifen – aber er war zu wachsam, zu schnell.
Und dann band er sie wieder fest. Es würde keine Forschung, kein Projekt geben. »Ich weiß, was ich wissen muß.«
Beim ersten Mal war er einen ganzen Tag weggeblieben. Beim zweiten Mal die ganze Nacht und den halben Vormittag. Und dies war das dritte Mal gewesen – vier Tage vielleicht.
Und was hatte er jetzt aus diesem kalten, modernen Schlafzimmer mit den weißen Wänden und großen Fenstern und laminierten Möbeln gemacht…
Ihre Beine taten so weh. Sie humpelte aus dem Bad ins Schlafzimmer. Er hatte das Bett saubergemacht; es war mit rosaroter Wäsche bezogen, und er hatte es mit Blumen u m geben. Das rief ihr ein seltsames Bild in Erinnerung. Eine Frau in Kalifornien, die Selbstmord begangen hatte, hatte sich U n mengen von Blumen bestellt, sie alle ums Bett drapiert und dann Gift genommen.
Dies hier sah aus wie ein Ort zum Sterben. Riesige Blumensträuße, Vasen, wohin sie schaute. Wenn sie stürbe, würde er vielleicht anfangen, Fehler zu begehen. Er war so töricht. Sie mußte Ruhe bewahren. Sie mußte nachdenken, am Leben bleiben und raffiniert sein.
»Solche Lilien. Und die Rosen. Hast du sie selbst heraufgebracht?« fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Sie wurden alle geliefert und standen vor der Tür, bevor ich den Schlüssel ins Schloß steckte.«
»Du dachtest, du würdest mich tot finden, nicht wahr?«
»So sentimental bin ich nicht, außer wenn es um Musik geht«, sagte er und lächelte strahlend. »Nebenan ist etwas zu essen. Ich bringe es dir. Was kann ich tun, damit du mich liebst? Gibt es etwas, das ich dir sagen kann? Gibt es irgendeine Neui g keit, die dich zur Vernunft bringen könnte?«
»Ich hasse dich absolut und vollständig«, sagte sie. Sie setzte sich auf das Bett, weil keine Stühle da waren und sie nicht mehr stehen konnte. Ihre Fußknöchel schmerzten. Die Arme taten ihr weh. Sie hatte einen mörderischen Hunger. »Warum hältst du mich am Leben?«
Er ging hinaus und kam mit einem großen Tablett zurück. Es war voller Salate aus dem Delikatessenladen und Fleischko n serven – verpackter, industriell verarbeiteter Müll.
Sie schlang alles gierig hinunter. Dann schob sie das Tablett weg. Ein Liter Orangensaft war da, und sie trank ihn ganz. Dann stand sie auf und taumelte zur Toilette. Beinahe wäre sie gefallen. Lange blieb sie in dem kleinen Raum; zusa m mengekrümmt hockte sie auf dem Klo, den Kopf an die Wand gelehnt. Sie fürchtete, sie müsse sich übergeben.
Müde öffnete sie die Tür. Er stand draußen mit verschränkten Armen; er hob sie auf und trug sie
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