Tanz der Hexen
entzückt. »Ah – ja und nein. Er muß aus einem ganz einfachen Grunde Gestalt annehmen, um zu mir zu kommen: Ich umgebe mich Tag und Nacht mit Musik. Er kann nicht hindurchdringen, wenn er nicht all seine Kraft zusa m mennimmt und sich mit größter Heftigkeit darauf konzentriert, sich in menschlicher Gestalt und mit menschlicher Stimme zu manifestieren. Er muß den Rhythmus überdecken, der ihn in jedem Augenblick bezaubert und ablenkt.
Wohlgemerkt, natürlich liebt er Musik, aber Musik ist etwas, das ihn in seinen Bann schlägt, wie sie es auch manchmal mit wilden Tieren oder mit mythischen Figuren in den Sagen tut. Solange ich mein kleines Orchester spielen lasse, kann er nicht allein meinen Geist heimsuchen, sondern er muß ko m men und mir auf die Schulter klopfen.«
Ich weiß noch, daß es jetzt an mir war, entzückt zu lachen. In gewisser Weise war der Geist nicht schlimmer als ich. Ich ha t te auch lernen müssen, mich auf die Erzählungen meiner Großmutter zu konzentrieren, wenn die Musik es mir schier unmöglich machen wollte. Aber für Lasher bedeutete Konze n tration Dasein. Wenn Geister träumen, wissen sie nichts von sich.
Ich könnte hier weiter abschweifen, aber ich habe zuviel zu erzählen, und ich bin jetzt zu… müde.
Lassen Sie mich fortfahren. Wo war ich? Ah ja – sie erzählte mir, welche Macht die Musik über das Wesen hat, und wie sie ständig Musik in ihrer Nähe hatte und es auf diese Weise zwang, zu ihr zu kommen und sie zu umwerben; sonst hätte es sich diese Mühe nicht gemacht.
»Weiß er das?« fragte ich.
»Ja und nein«, antwortete sie. »Er fleht mich an, dem Lärm ein Ende zu machen, aber dann weine ich und sage, ich kann es nicht, und er kommt und küßt mir die Hand, und ich schaue ihn an. Du hast recht; er ist eitel. Er möchte sich immer wieder zeigen, nur um sich davon zu überzeugen, daß ich noch in seiner Reichweite bin, aber er liebt und braucht mich nicht mehr. Er hat einen Platz für mich in seinem Herzen, aber das ist alles, und das ist gar nichts.«
»Du meinst, er hat ein Herz?« fragte ich.
»O ja, er liebt uns alle, und uns große Hexen mehr als alles andere, denn wir haben ihn dazu gebracht, von sich selbst zu wissen, und ihm sehr geholfen, seine Macht zu vergrößern.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Aber was wäre, wenn du ihn nicht mehr um dich haben wolltest? Wenn du…«
»Psst! Nie darfst du so etwas sagen!« warnte sie. »Nicht einmal, wenn du von Trompeten und Glockengeläut umgeben bist.«
»Schon gut. Aber kannst du mir sagen, was er ist?« fragte ich.
»Ein Teufel«, sagte sie. »Ein großer Teufel.«
»Das glaube ich nicht«, sagte ich.
Sie war erstaunt. »Warum sagst du das? Wer sonst als der Teufel würde einer Hexe dienen?«
Ich erzählte ihr alles, was ich über den Teufel wußte, aus Gebeten und Kirchenliedern, aus der Messe und von den blitzgescheiten Sklaven in meiner Umgebung. »Der Teufel ist ganz einfach nur böse«, sagte ich. »Und die ihm vertrauen, behandelt er alle nur schlecht. Aber verdammt, dieses Wesen ist zu gut zu uns.«
Da stimmte sie mir zu; aber es sei doch wie der Teufel, meinte sie, insofern, als es sich Gottes Gesetz nicht unterordnen, sondern ins Fleisch hervordringen und ein Mensch sein möchte.
»Warum denn?« fragte ich. »Ist es nicht so viel stärker? Warum will es Gelbfieber oder Maulsperre kriegen?«
Sie lachte und wollte gar nicht mehr aufhören. »Es will Fleisch sein, um all das zu fühlen, was Fleisch fühlen kann; es will sehen, was Menschen sehen, hören, was sie hören können. Es will sich nicht in Ewigkeit aus einem Traum sammeln müssen, in ständiger Furcht, sich selbst zu verlieren. Es will Fleisch werden, um Wirklichkeit zu sein, um in der Welt und von der Welt zu sein und um Gott zu trotzen, der ihm keinen Körper gab.«
»Hmmm, mir scheint, es überschätzt diese Erfahrung«, sagte ich.
Wieder lachte sie und meinte, was er wolle, das wolle er eben, und uns überhäufe er mit allem, weil wir seinen Zwecken dienten.
»Er will Kraft; und in jeder Stunde, an jedem Tag, den er in unserer Gesellschaft verbringt, geben wir ihm von unserer Kraft. Und dabei strebt er immer nur nach einem: nach der Geburt einer Hexe, die so stark ist, daß sie ihm ein für allemal stoffliche Gestalt geben kann.«
»Na, aber meine kleine Schwester Katherine wird das nicht sein«, bemerkte ich.
Sie lächelte und nickte. »Ich fürchte, da hast du recht, aber Stärke kommt und geht. Du hast sie, dein
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