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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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eine Kette von Flüchen gegen Lasher losließ.
    Denn – was war geschehen? Lasher hatte sie satt bekommen! Er war weitergegangen; er diente jetzt Marguerite und umlu n gerte Katherine, das Baby. Und für Marie Claudette hatte er nur noch gelegentlich einen Kuß oder ein paar Verse übrig.
    Alle paar Tage kam er vielleicht noch einmal und bat Marie Claudette um Verzeihung, weil er alle seine Aufmerksamkeit jetzt Marguerite schenkte, und er sagte mit seiner sehr reinen und schönen Stimme – ich konnte sie hören -, daß Marguerite nichts anderes duldete. Manchmal, wenn er kam, um Marie Claudette zu umwerben, war er ein Mann in Frack und Hose, was damals eine modische Neuheit war, wie Sie bedenken müssen, denn die Zeiten von Dreispitz und Kniehose waren erst seit wenigen Jahrzehnten vorüber. Manchmal bot er auch eine eher ländliche Erscheinung in Wildlederkleidung von sehr grobem Zuschnitt. Immer aber hatte er braunes Haar und braune Augen, und er war sehr schön.
    Und raten Sie, wer dann angehüpft kam, lächelnd und mit ta n zenden Ringellocken, und ihr auf den Schoß sprang? »Grandmère, erzähl mir, warum du so traurig bist. Erzähl mir alles.«
    »Siehst du den Mann, der zu mir kommt?« fragte sie.
    »Natürlich«, sagte ich. »Aber alle meinen, ich sollte dich de s halb belügen, obwohl ich nicht weiß, warum, denn mir scheint, er hat es gern, wenn man ihn sieht, und er erschreckt sogar die Sklaven, indem er sich ihnen zeigt – aus keinem vernünft i gen Grunde, denke ich mir, außer seiner Eitelkeit.«
    In diesem Augenblick verliebte sie sich in mich. Sie lächelte beifällig zu meinen Bemerkungen. Sie sagte auch, sie habe noch nie ein so aufgewecktes zweijähriges Kind gekannt. Ich war zweieinhalb, aber ich machte mir nicht die Mühe, darauf hinzuweisen. Ein oder zwei Tage nach unserem ersten wirklichen Gespräch über »den Mann« fing sie an, mir alles zu erzählen.
    Sie erzählte mir von der alten Heimat in Saint-Domingue und von ihrem Heimweh danach, von Voodoo-Zauber und Te u felsanbetung auf den Inseln, und wie sie jeden Sklaventrick für ihre eigenen Zwecke gemeistert habe.
    »Ich bin eine große Hexe«, sagte sie. »Sehr viel größer, als deine Mutter je sein wird, denn deine Mutter ist ein bißchen verrückt und lacht über alles. Was die kleine Katherine angeht – wer weiß? Etwas sagt mir, daß du sie besser im Auge b e hältst. Ich selbst kann über sehr wenig lachen.«
    Jeden Tag sprang ich ihr auf den Schoß und fing an, ihr Fr a gen zu stellen. Das schreckliche kleine Orchester spielte und spielte – sie befahl ihnen nie, aufzuhören -, aber schon bald erwartete sie, daß ich kam, und wenn ich es nicht tat, schickte sie Octavius los, der mich suchen, waschen und bei ihr abli e fern sollte. Ich war glücklich; nur die Musik gellte mir manc h mal wie Katzengeheul in den Ohren. Ich fragte sie einmal, ob sie statt dessen nicht lieber den Gesang der Vögel hören wü r de; aber sie schüttelte nur den Kopf und sagte, diese G e räuschkulisse helfe ihr beim Denken.
    Unterdessen aber wurden ihre Geschichten inmitten all des Getöses immer verschlungener und füllten sich mit bunten Bildern und Gewalt.
    Bis zum Ende ihres Lebens sprach sie mit mir. In ihren letzten Tagen ließ sie das Orchester in ihr Schlafzimmer kommen, und während die Musik spielte, tuschelten wir beide auf ihrem Kopfkissen miteinander.
    Sie erzählte mir, wie Suzanne, die weise Frau, in Donnelaith »aus Versehen« den Geist Lasher heraufbeschworen habe und dann verbrannt worden sei; wie ihre Tochter Deborah von Zauberern aus Amsterdam geraubt worden sei; wie Lasher der schönen Deborah gefolgt sei, sie umworben und sie reich und mächtig gemacht habe, und wie sie dann in einer französ i schen Stadt ein grauenvolles Ende genommen habe, als man sie verbrennen wollte, wie man ihre Mutter verbrannt hatte. Dann kam Charlotte ins Bild, Deborahs Tochter von einem der Zauberer aus Amsterdam und die stärkste der drei ersten, die sich des Geistes Lasher bedienten wie niemand zuvor, um großen Reichtum, Einfluß und grenzenlose Macht zu gewi n nen.
    Und Charlotte gebar Jeanne Louise und ihren Zwillingsbruder Peter – und der Vater war ihr eigener Vater, Petyr van Abel, einer jener wagemutigen und geheimnisvollen Zauberer aus Amsterdam, der ihr um ihretwillen in die Neue Welt gefolgt war, um sie vor den bösen Gefahren des Verkehrs mit Ge i stern zu warnen. Jeanne Louise und ihr Bruder zeugten Ang e lique, und sie war Marie

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